5 Tipps zum erfolgreichen Vorgehen bei Verdacht auf einen Arztfehler

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Bei der Vertretung von Patienten, die Schmerzensgeld für einen ärztlichen Behandlungsfehler geltend machen wollen, treten anfangs immer wieder die gleichen Fehler und Probleme auf. Einige dieser Fehler lassen sich im Nachhinein nur noch schwer korrigieren, denn je länger das Verfahren andauert, desto schwerer wird es, sich im Einzelnen an den Ablauf zu erinnern und den Ärztepfusch nachzuweisen. Die nachfolgenden Tipps sollen helfen, derartige Fehler zu vermeiden:

1. Gedächtnisprotokoll schreiben

Sobald Sie das Gefühl haben, dass ein ärztlicher Kunstfehler vorliegen könnte, sollten Sie den Ablauf stichpunktartig unter Angabe des jeweiligen Datums aufschreiben. Denn später lässt sich oft nur noch schwer rekonstruieren, welcher Arzt wann was zu Ihnen gesagt hat oder wie die weitere Behandlung durchgeführt werden sollte und welche Probleme wann aufgetreten sind.

Genauere Angaben zum Namen des Arztes sind bei einer Klinik besonders wichtig, weil man bei mehreren für die Behandlung gleichzeitig zuständigen Ärzten schnell den Überblick verliert. In solchen Verdachtsfällen sollten auch Handlungsanweisungen von Ärzten oder spontane Äußerungen, was verkehrt gelaufen sein könnte möglichst exakt aufgelistet werden, da die Wortwahl wichtig ist und gerade bei medizinischen Ausdrücken die eigene Erinnerung später möglicherweise nicht das wiedergibt, was der Arzt gesagt hat.

Bitten Sie auch Ihre Besucher im Krankenhaus oder nach der Entlassung Ihre Familienangehörigen, soweit sie Angaben zu Ihrem jeweiligen Zustand machen können, ein entsprechendes Gedächtnisprotokoll als schriftliche Zeugenaussage zu fertigen. Damit es als Zeugenaussage verwendbar ist, gehören Name, Vorname, Adresse und Datum der Erstellung auf das jeweilige Schriftstück. In diesen Gedächtnisprotokollen sollten auch Angaben zu Ihren Schmerzäußerungen im jeweiligen Zeitraum enthalten sein, denn Schmerzensgeld gibt es nur für erlittene Schmerzen und Beeinträchtigungen und diese müssen vom Anspruchsteller (also dem Patienten) nachgewiesen werden.

Lassen Sie auch die für den Heilungsverlauf erforderlichen Krankenhausfahrten für Besuche von nahen Angehörigen (Fahrtage, gefahrene Kilometer) dokumentieren.

2. Beweise sichern

Es empfiehlt sich, Fotokopien der Krankenakte zu verlangen, die auch die Pflegeprotokolle und Laboraufzeichnungen sowie die Patienten-Kurven umfassen sollte. Auch Kopien von OP-Berichten, Abschlussbefunden nachbehandelnder Ärzte und Kliniken oder Reha-Berichten sollten nicht vergessen werden. Es ist außerdem sehr sinnvoll, von Arztbriefen, die man für einen nachbehandelnden Arzt ausgehändigt bekommt, zu Dokumentationszwecken eine eigene Kopie zu ziehen.

Zur Dokumentation des Verlaufs einer Wundheilung ist es sehr hilfreich, immer wieder Handy-Fotos anzufertigen - beispielsweise beim Verbandswechsel - um eine fortschreitende Entzündung oder Infektion mit einem Krankenhauskeim zu dokumentieren. Dies dient als Nachweis, sofern darauf seitens der Ärzte nicht sachgerecht reagiert wurde.

Darüber hinaus sollte man bei Verdacht auf Ärztepfusch auch die Zimmergenossen aus dem Krankenhaus nach Name, Vorname und Adresse fragen, damit man sie später notfalls als Zeugen benennen kann.

3. Unabhängige Meinung einholen

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob eine vorgeschlagene Operation für Sie sinnvoll ist oder wenn Sie denken, dass eine Weiterbehandlung mit der bisherigen Methode nichts bringt, dann sollten Sie von einem anderen Arzt eine Zweitmeinung einholen. Lassen Sie sich die dort gefertigten Befunde schriftlich mitgeben.

Möglicherweise werden von diesem weiteren Arzt dann auch andere diagnostische Verfahren angewendet, die bessere Erkenntnisse bringen. Auf diese Weise kann auch mit Röntgenbildern oder anderen bildgebenden Verfahren die Ursache fortbestehender Schmerzen bei einer Fehlheilung nachgewiesen werden.

4. Geeigneten Anwalt suchen

Wenn Sie nach einem Arztfehler zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadenersatz einen Anwalt suchen, werden Sie schnell merken, dass es Anwälte für Arzthaftungsrecht und Anwälte für Medizinrecht gibt. Außerdem werden Sie feststellen, dass bei der Internetsuche unter beiden Suchbegriffen die gleichen Anwälte auftauchen.

Dies liegt daran, dass das Arzthaftungsrecht ein Teilbereich des Medizinrechtes ist. Daher ist es wichtig, sich die Internetseite des Anwalts genau anzuschauen, um festzustellen inwieweit sich der Anwalt tatsächlich mit dem Fachgebiet beschäftigt und ob er Patienten vertritt oder Ärzte. Viele Mandanten legen Wert darauf, dass der Anwalt sich eindeutig diesbezüglich positioniert, weil sie Sorge haben, an einen Interessenvertreter der Kliniken zu geraten.

Zudem ist es gerade bei diesem sehr speziellen Fachgebiet äußerst ungünstig, wenn Arzthaftungsfälle normalerweise nicht zum Tätigkeitsbereich der Kanzlei gehören.

5. Unterlagen für den Anwalt zusammenstellen

In Vorbereitung des Erstberatungsgesprächs beim Anwalt ist es sinnvoll, spätestens jetzt eine schriftliche Ablaufschilderung der Ereignisse zu fertigen (stichpunktartig unter Angabe der Kalenderdaten), um diese dem Anwalt vorlegen zu können.

Sie sollten folgende Unterlagen zum Anwalt mitnehmen:

  • eigenes Gedächtnisprotokoll in Stichpunkten mit Angabe der Fakten und zugehörigen Kalenderdaten
  • Fotokopie der Krankenakte, soweit vorhanden
  • Fotokopien der Befunde nachbehandelnder Ärzte
  • Gedächtnisprotokolle der Familienangehörigen
  • vorhandene Fotos der Wunde
  • Rechnungen für zusätzlich erforderliche Aufwendungen

Wenn keine wichtigen Nachweise vergessen wurden und ein aussagekräftiges Gedächtnisprotokoll vorliegt, können Sie Ihren Fall zusammengefasst und in der richtigen Reihenfolge vortragen. Dies trägt sehr zu einem gut strukturierten Beratungsgespräch und zur erfolgreichen Geltendmachung Ihrer Ansprüche bei.

Herzliche Grüße

Rechtsanwältin Dr. Cornelia Grüner, Patientenanwältin für Arzthaftungsrecht


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