Abfindung – steht mir doch zu, oder?

  • 3 Minuten Lesezeit

Das ist oft der erste Gedanke, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt. Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es zwar nicht. Tatsächlich wird jedoch häufig vom Arbeitgeber eine Abfindung gezahlt, weil die Kündigung nicht rechtsmäßig ist oder man zumindest darüber streiten kann.

Zunächst kommt es darauf an, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Dies ist der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind. Letzteres bedarf einer genauen Prüfung, insbesondere wenn Teilzeitkräfte, Aushilfen oder Arbeitnehmer/innen in Elternzeit beschäftigt sind.

Denn es wird nicht nach Köpfen gezählt sondern es kommt darauf an, mit welcher Stundenzahl jeder einzelne beschäftigt ist. So wird ein Arbeitnehmer mit bis zu 20 Wochenstunden als 0,5 Arbeitnehmer gezählt.

Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, ist eine fristgemäße Kündigung ohne weitere Begründung möglich. Wenn das Kündigungsschutzgesetz jedoch Anwendung findet, ist die Kündigung nur rechtmäßig, wenn betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe vorliegen.

Eine betriebsbedingte Kündigung erfordert, dass der Arbeitsplatz wegfällt und kein anderer vergleichbarer freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden ist. Die Ursache für den Wegfall des Arbeitsplatzes kann entweder in außerbetrieblichen Gründen (z. B. Umsatzrückgang) oder innerbetrieblichen Gründen bestehen (z. B. Umstrukturierung) bestehen. Außerdem ist im zweiten Schritt noch eine Sozialauswahl durchzuführen. Der Arbeitgeber kann hierbei die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten selbst gewichten. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung muss das gleiche Verhalten mindestens einmal abgemahnt worden sein, damit der Arbeitnehmer eine Chance hatte, sein Verhalten zu ändern. Erforderlich ist, dass in der Abmahnung der Sachverhalt genau beschrieben wird und die Kündigung beim nächsten Verstoß angedroht wird. Eine personenbedingte Kündigung ist meistens eine Kündigung aufgrund einer Erkrankung. Hier ist zu entscheiden zwischen einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen oder wegen einer Langzeiterkrankung. Voraussetzung ist in jedem Fall eine negative Gesundheitsprognose. D. h., dass der Arbeitnehmer entweder dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine Tätigkeit auszuüben oder mit Fehlzeiten in gleicher Höhe auch zukünftig zu rechnen ist.

Die Anforderungen der Rechtsprechung für das Vorliegen dieser Gründe sind sehr hoch und oft nicht erfüllt. Wenn der Arbeitgeber den Rechtsstreit verliert, muss er das Gehalt nach Ablauf der Kündigungsfrist nachzahlen und den Arbeitnehmer wieder einstellen. Um dieses Risiko abzuwenden, ist ein Arbeitgeber oft bereit, eine Abfindung zu zahlen.

Als Daumenregel für die Höhe der Abfindung hat sich bei den Arbeitsgerichten ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr etabliert. Gemäß § 1a KSchG kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung in dieser Höhe für den Fall anbieten, dass dieser nicht gerichtlich gegen die Kündigung vorgeht. Wenn aber die Kündigung eindeutig gegen das Kündigungsschutzgesetz verstößt, kann die Abfindung auch schon einmal höher ausfallen. Dies ist am Ende Verhandlungssache. Eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ähnelt daher manchmal einem Basar.

Schwieriger ist die Verhandlungsposition bei einer außerordentlichen also fristlosen Kündigung. Hier ist das Vorliegen eines Verstoßes, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht, streitig. Häufig schlägt das Gericht hier eine ordentliche Kündigung vor. Es kommt aber wie immer auf den Einzelfall an.

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, sollten Sie die Rechtmäßigkeit der Kündigung von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen. Auch wenn die Höhe der Abfindung Verhandlungssache ist, kann der Rechtsanwalt die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage und somit die Verhandlungsposition über eine Abfindung einschätzen. Eile ist hier geboten, da gegen eine Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Erhalt Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden muss. Bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens trägt jede Partei ihre Kosten selbst. Daher kann der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht sinnvoll sein.

Redaktioneller Beitrag von

Rechtsanwältin Antje Pfingsten

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Fachanwältin für Familienrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Dr. Fritz & Partner – Fachanwälte – Rechtsanwälte mbB

Beiträge zum Thema