Abgasskandal – Brisante Bosch-Dokumente setzen Autobauer unter Druck

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Brisante interne Dokumente des Automobilzulieferers Bosch bringen die Autohersteller im Abgasskandal weiter unter Druck. Sie zeigen u.a., dass die unzulässigen Abschalteinrichtungen von den Autobauern zum Teil selbst in Auftrag gegeben wurden und sie über die Unzulässigkeit der Funktionen im Bilde waren.

Immer wieder hatten Autohersteller im Dieselskandal betont, dass ihnen die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtungen nicht bekannt war. „Mit diesem Gerede dürfte nun Schluss sein. Nach der Veröffentlichung der internen-Bosch-Dokumente können sich die Autobauer nicht länger hinter Unwissenheit verstecken. Die unzulässigen Abschalteinrichtungen wurden mit Vorsatz eingesetzt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel.

Interne Bosch-Untersuchungen decken 44 „sensible“ Funktionen auf

Bei den Dokumenten handelt es sich um Ergebnisse von internen Untersuchungen, die Bosch 2015 angestellt hatte, nachdem der Dieselskandal aufgeflogen war. Bosch wollte klären, inwieweit der Konzern in die Abgasmanipulationen verwickelt ist. Die Unterlagen wurden dann vor einigen Wochen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zugespielt, die diese nun am 17. November 2022 vorlegte.

Dabei haben es die Dokumente in sich, wie schon aus der Überschrift „Zusammenstellung der Funktionen, die ein besonderes Potenzial für nicht behördenkonforme Applikationen bieten“ hervorgeht. Im Folgenden listet Bosch nicht weniger als 44 „sensible“ Funktionen auf, die unzulässig sein könnten. Aus den Aufzeichnungen geht auch hervor, dass u.a. VW, Audi, Porsche, Mercedes, BMW, Toyota, Fiat zu den Kunden zählten.

Weiter wird deutlich, dass der Abgasskandal nicht erst 2015 seinen Anfang nahm, sondern schon 2006 Abgasmanipulationen ein Thema waren. So führte die DUH aus, dass in einem Protokoll eines Arbeitskreises aus Audi, VW, BMW, Daimler und Bosch vom 14. September 2006 ausdrücklich vermerkt ist, dass die Funktionen „Auswirkungen auf die Einhaltung behördlicher Vorschriften“ haben könnten. Weiter heißt es: „Applikationsverantwortung sowie Rechtfertigung der Funktion selbst liegt beim Kunden.“ Um die Brisanz solcher Funktionen deutlich zu machen, wurde ausgeführt, dass Toyota wegen einer Umschaltfunktion bei Benzinmotoren zwischen Labor und Fahrbetrieb in den USA schon 2002 zu eine Millionenstrafe verurteilt wurde.

Temperaturabhängige Umschalteinrichtung gefordert

Die Autohersteller gingen jedoch unbeeindruckt ihren Weg. So wird in den Unterlagen explizit eine temperaturabhängige Umschaltung vom Prüfmodus in den realen Straßenmodus genannt. Eine Funktion, die der EuGH zuletzt erst mit Urteil vom 8. November 2022 als illegal eingestuft hat. Weiter wird dargelegt, dass es insgesamt 44 Funktionen für nahezu alle größeren Autohersteller entwickelt wurden. Dabei ging es auch um die Reduzierung der AdBlue-Einspritzung. Durch die Reduzierung der erforderlichen Zufuhr des Harnstoffs stoßen die Fahrzeuge mehr Emissionen aus. „Ein Beleg dafür, dass auch Fahrzeuge mit vermeintlich sauberen AdBlue-Motoren in den Abgasskandal verwickelt sind“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser. Bei vielen der Applikationen habe Bosch zudem vermerkt, dass sie gegen behördliche Vorschriften verstoßen können, führte die DUH weiter aus. So gebe es Anmerkungen wie „Reduzierung über Bauteileschutz hinaus“.

Wie die Dokumente zeigen, ist der Abgasskandal nach wie vor nicht zu Ende und Millionen Autokäufer wurden vorsätzlich durch die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geschädigt. „Die Chancen Schadenersatzansprüche durchzusetzen, dürften nun noch weiter gestiegen sein“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/abgasskandal/




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