Ablauf der Scheidung

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Rechtlich könnte die Scheidung relativ einfach sein: Sie stellen Ihren Scheidungsantrag, klären mit dem Partner, ob Sie die eheliche Lebensgemeinschaft einvernehmlich abwickeln oder ob Scheidungsfolgen geregelt werden müssen, nehmen den mündlichen Scheidungstermin wahr und sind geschieden, sobald der Scheidungsbeschluss des Familiengerichts unanfechtbar geworden ist. Dann ist Ihre Ehe aufgelöst. Aber wie es im Leben so ist, gibt es oft noch die eine oder andere emotionale oder rechtliche Hürde zu überwinden. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über den Ablauf der Scheidung von der Trennung bis zum rechtskräftigen Scheidungsbeschluss.

Trennung und Getrenntleben

Bevor Sie den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen, müssen Sie das Trennungsjahr vollzogen haben. Das Trennungsjahr ist eine Art Bedenkzeit, in der sich beide Partner klar werden sollen, ob sie die Scheidung wirklich wünschen oder ob die Ehe vielleicht doch noch eine Zukunft hat. Trennung bedeutet, dass Sie eigenständige Haushalte begründen und Ihre eheliche Lebensgemeinschaft auflösen. Kurzzeitige Versöhnungsversuche schaden nicht.

Tipp: Genau genommen müssen Sie warten, bis das Trennungsjahr abgelaufen ist. Da die Bearbeitung des Scheidungsantrags beim Familiengericht immer etwas dauert, ist es in der Praxis nicht unüblich, den Scheidungsantrag auf ausdrücklichen Wunsch des Mandanten bereits ca. sechs bis acht Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres zu stellen. Auch insoweit lässt sich die Scheidung beschleunigen. In begründeten Ausnahmefällen darf der Scheidungsantrag zudem bereits vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht werden, wenn ein Härtefall vorliegt und es Ihnen aus in der Person des Antragsgegners liegenden Gründen nicht zuzumuten ist, das Trennungsjahr abwarten zu müssen.

Scheidung vorbereiten

Möchten Sie Ihre Scheidung zügig ins Ziel führen, sollten Sie die dafür notwendigen Vorbereitungen treffen. Gute Vorbereitung spart oft nachträgliche Mühen.

Anwalt suchen

Bei den Familiengerichten besteht Anwaltszwang. Dies bedeutet, dass Sie Ihren Scheidungsantrag nur über einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beim Familiengericht einreichen können. Wichtig ist zu wissen, dass es in Scheidungsverfahren keinen gemeinsamen Rechtsanwalt gibt. Rechtsanwälte dürfen aus standesrechtlichen Gründen immer nur den Antragsteller beraten und gerichtlich vertreten, nicht aber den Ehepartner als Antragsgegner. Allenfalls kommt in Betracht, dass der Anwalt Sie mit Ihrem Ehepartner gemeinsam über den Ablauf des Scheidungsverfahrens informiert und daraufhin wirkt, dass Sie sich außergerichtlich wegen eventueller Scheidungsfolgen auf eine Scheidungsfolgenvereinbarung verständigen.

Tipp: Auch bei einer Online-Scheidung steht der vermittelte Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin jederzeit für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Ein solches Gespräch empfiehlt sich, wenn Sie über die bloßen Formalitäten hinaus persönliche Fragen haben und individuelle Antworten erwarten. Sie können die Kommunikation online per E-Mail führen oder mit Ihrem Anwalt telefonieren. Genauso gut können Sie den Anwalt nach Terminabsprache in seiner Anwaltskanzlei aufsuchen.

Scheidungsunterlagen zusammentragen

Zur Vorbereitung Ihres Scheidungsantrags sollten Sie Folgendes zur Hand haben:

  • die Heiratsurkunde aus Ihrem Familienstammbuch oder die Urkunde beim Standesamt besorgen,
  • die Geburtsurkunden Ihrer Kinder,
  • Ehevertrag oder eine außergerichtliche dokumentierte Scheidungsfolgenvereinbarung
  • Im Scheidungstermin: gültigen Personalausweis oder Reisepass

Entgegen landläufiger Vorstellungen brauchen Sie keine Scheidungspapiere zu „unterzeichnen“. Das Einzige, was Sie unterzeichnen müssen, ist die Vollmacht für den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin. In dem Vollmachtsformular bevollmächtigen Sie Ihren Anwalt, Sie im Scheidungsverfahren zu vertreten. Im Ergebnis erhalten Sie den vom Familiengericht unterschriebenen Scheidungsbeschluss.

Verfahrenskostenhilfe beantragen

Fehlt Ihnen für das Scheidungsverfahren das notwendige Geld, können Sie zusammen mit dem Scheidungsantrag staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen. Der Staat übernimmt dann die Gebühren für Ihren Rechtsanwalt und die Gerichtskasse. Sie führen das Verfahren dann vollständig gebührenfrei oder entrichten ab einer gewissen Einkommensgrenze wenigstens Teilbeträge auf die Verfahrenskosten.

Um den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu stellen, sollten Sie zum Nachweis Ihrer Einkommensverhältnisse rechtzeitig die dafür notwendigen Einkommensunterlagen (Gehaltsabrechnung, Arbeitslosenbescheid, Rentenbescheid o.ä.) zusammentragen. Der Antrag ist auf dem dafür amtlich vorgesehenen Formular zu stellen. Ihr Anwalt kann Sie darin unterstützen, das Formular korrekt auszufüllen.

Kontenklärung zum Versorgungsausgleich

Viele Scheidungsverfahren verzögern sich, wenn das Familiengericht von Amts wegen den Versorgungsausgleich durchführt und dafür notwendige Unterlagen nicht rechtzeitig vorliegen. Da dabei die Rentenanwartschaften geprüft werden, empfiehlt sich, dass Sie frühzeitig im Wege einer Kontenklärung Ihr Rentenversicherungskonto aktualisieren. Ihr Rechtsanwalt kann dann bereits gleich mit dem Scheidungsantrag die Formulare zur Durchführung des Versorgungsausgleichs beim Familiengericht vorlegen. Ansonsten übersendet das Familiengericht nach Eingang des Scheidungsantrags die Formulare zur Durchführung des Versorgungsausgleichs, die Sie und der Ehepartner mit Ihren persönlichen Daten ausfüllen und an das Gericht zurückgeben müssen.

Scheidungsantrag

Im Scheidungsantrag machen Sie Angaben über Ihre Person und die Ihres Ehepartners. Außerdem muss die Antragsschrift Namen und Geburtsdaten der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder sowie die Mitteilung ihres gewöhnlichen Aufenthalts beinhalten. Das Gesetz fordert zudem die Erklärung, ob Sie die mit Ihrer Scheidung einhergehenden Scheidungsfolgen geregelt haben. Als Scheidungsfolgen kommen in Betracht:

  • Sorgerecht
  • Umgangsrecht
  • Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern
  • Ehegattenunterhalt nach der Scheidung

Diese Angaben sollen es dem Gericht ermöglichen, von Anfang an festzustellen, ob und in welchem Ausmaß Streit besteht. Nur dann kann das Gericht auf entsprechende Beratungsmöglichkeiten hinweisen und die Ehepartner bei der Abwicklung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse unterstützen.

Zustellung des Scheidungsantrags an Antragsgegner

Ihr Scheidungsantrag muss Ihrem Ehepartner als Antragsgegner zugestellt werden. Ihr Scheidungsantrag ist dann rechtshängig. Wichtig ist, dass Sie die Anschrift Ihres Ehepartners mitteilen, damit der Scheidungsantrag zugestellt werden kann. Ist die Anschrift unbekannt, ist nachzuweisen, dass Sie die Anschrift erfolglos recherchiert haben und eventuell darauf angewiesen sind, die Antragsschrift im Wege der öffentlichen Zustellung zu übermitteln.

Begleichung des Gerichtskostenvorschusses

Ihr Scheidungsantrag wird vom Familiengericht bearbeitet und dem Ehepartner zugestellt, sobald Sie den Gerichtskostenvorschuss an die Gerichtskasse bezahlt haben. Zur Beschleunigung des Verfahrens kann Ihr Rechtsanwalt den Vorschuss vorab berechnen, so dass Sie den Betrag umgehend bezahlen können. Ansonsten zahlen Sie den Betrag, wenn die Gerichtskasse die Kostenvorschussrechnung übersendet.

Die Höhe des Gerichtskostenvorschusses hängt davon ab, ob Sie sich einvernehmlich scheiden lassen oder ob Sie die Regelung einer oder mehrerer Scheidungsfolgen beantragen. Jede zur Regelung beantragte Scheidungsfolgen verursacht einen zusätzlichen Verfahrenswert, der sich auf die Höhe der Gerichtskosten und die Gebühren Ihres Rechtsanwalts auswirkt.

Scheidungstermin vor Gericht

Hat das Familiengericht die Einschätzung, dass alles vorgetragen ist, was für die Scheidung Ihrer Ehe wichtig ist, beraumt das Gericht einen mündlichen Scheidungstermin an. Dazu werden beide Ehepartner persönlich geladen. Bei der Online-Scheidung können Sie jedoch auch per Videokonferenz dazu geschaltet werden, wenn rechtlich alles geklärt ist und das Gericht die technische Ausstattung dafür hat. Sind Sie der Antragsteller, müssen Sie gemeinsam mit Ihrem Rechtsanwalt zum Termin erscheinen. Hat Ihr Ehepartner Ihrem Scheidungsantrag vorbehaltlos zugestimmt, braucht er keinen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen, muss aber trotzdem erscheinen. Im Scheidungstermin wird das Gericht beide Ehepartner fragen, ob sie geschieden werden wollen und ob alle Scheidungsfolgen geregelt sind.

Scheidungsbeschluss des Familiengerichts

Im mündlichen Scheidungstermin verkündet das Familiengericht per Beschluss Ihre Scheidung. Dieser Scheidungsbeschluss wird unanfechtbar und damit rechtskräftig, sobald Sie und Ihr Ehepartner auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses keine Rechtsmittel (Beschwerde beim Landgericht) einlegen. Der Scheidungsbeschluss ist Ihre Scheidungsurkunde. Diese Scheidungsurkunde benötigen Sie, um im Rechtsverkehr Ihren Personenstand als „geschieden“ nachzuweisen. Es empfiehlt sich, die Scheidungsurkunde gut aufzubewahren.

Fazit

Wie Sie sehen, braucht eine Scheidung kein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Die richtige Information und kompetente anwaltliche Beratung gewährleisten, dass Sie wissen, wie Sie Ihre Scheidung möglichst gebührengünstig und zügig erreichen und idealerweise auch Ihre emotionale Belastung auf ein Minimum reduzieren. Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin wird Sie auf diesem Weg begleiten. Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie weitere Fragen haben.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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