Ablenkung bei 200 km/h ist grob fahrlässig

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Das OLG Nürnberg (Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 2. Mai 2019, AZ.: 13 U 1296/17) hat in der Berufungsinstanz geurteilt, dass die Bedienung des Infotainments eines Autos bei 200 km/h grob fahrlässig ist. Die Revision ist nicht zugelassen. Das OLG hob mit seiner Entscheidung das Urteil der ersten Instanz auf (Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. Juni 2017, AZ.: 8 O 1980/16).

Wer schneller als 130 km/h fährt (Richtgeschwindigkeit) haftet in der Regel mit.

Der Fahrer hatte sich einen Mercedes Benz CLS 63 AMG ohne Selbstbeteiligung im Haftungsfalle gemietet. Er war aufgrund der Bedienung des Infotainmentsystems bei 200 km/h auf der Überholspur von der Fahrbahn abgekommen. Die Autovermietung hatte den Fahrer daraufhin auf Schadensersatz verklagt (Hälfte der Schadenssumme). 

Ein Verkehrsteilnehmer, welcher sein Fahrzeug mit höherer Geschwindigkeit als 130 km/h führe, müsse in besonderer Weise seine volle Konzentration auf das Führen des Fahrzeuges richten. Je stärker die Richtgeschwindigkeit überschritten werde, desto höher seien die Anforderungen an die Konzentration des Fahrzeugführers. Der Anhalteweg und die kinetische Energie bei einer Kollision seien gegenüber einer Geschwindigkeit von 130 km/h mehr als verdoppelt.

Eine Haftungsbeschränkung greift nicht bei grober Fahrlässigkeit.

Das OLG Nürnberg entspricht damit ständiger Rechtsprechung. Bereits nach einem Urteil des OLG Nürnberg vom 09.09.2010, AZ.: 13 U 712/10, kann ein Autofahrer sich nicht auf die Unabwendbarkeit eines Unfalls berufen, wenn er die auf der Autobahn geltende Richtgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich (hier um 30 km/h) überschritten hat und dabei in einen Unfall verwickelt wird. 

Nach einem BGH-Urteil vom 17.03.1992, AZ.: VI ZR 62/91 kann sich ein Autofahrer, der die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten hat, auf die Unabwendbarkeit eines Unfalls regelmäßig nicht berufen, es sei denn, er weist nach, dass der Unfall für ihn auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h nicht zu vermeiden war. 

Das OLG Nürnberg betonte in seiner Entscheidung, dass schon minimale Fahrfehler typischerweise zu schweren Unfällen führen könnten. In nahezu allen anderen Staaten der Welt seien derartige Geschwindigkeiten auf öffentlichen Straßen daher verboten. In Deutschland fehle zwar ein derartiges klares Verbot, es gelte aber die Autobahnrichtgeschwindigkeits-Verordnung, die verdeutliche, dass bei höheren Geschwindigkeiten die Unfallgefahren selbst unter Idealbedingungen erheblich zunehmen.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg, Wolfratshausen, München

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.



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