Änderung der Rundfunklizenzierung in Sicht?

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Erst in der letzten Woche haben SevenOneMedia und das Forschungsinstitut mindline media eine Studie zu den neuen TV-Technologien veröffentlicht, in der sie vor allem das Nutzerverhalten in Bezug auf internetbasiertes TV untersuchten.

Doch nicht nur die TV-Nutzung differenziert sich fortlaufend, auch das Angebot der klassischen Sendemedien Fernsehen und Rundfunk vermischt sich zunehmend mit dem Internet. Aufgrund dieser Entwicklung sollte man über eine Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags nachdenken, so immer mehr Stimmen in der Branche. Wenn dies passieren sollte, könnte künftig die Lizenzpflicht wegfallen. Darüber denkt auch Hans Hege, Direktor der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), nach.

„Dass Medien grundsätzlich zulassungsfrei sind, ist im Pressebereich erkämpft worden, und sollte nun für alle Medien des Internetzeitalters gelten. So wenig besonders wertvolle Kapazitäten notwendig mit dem Rundfunk verbunden sind, ist es heute ein besonderer Einfluss auf die Meinung", so Hege in einem Interview mit dem Branchenmagazin Promedia, wie der Online-Dienst Sat+Kabel berichtet.

Nach aktueller Gesetzeslage haben nicht nur Rundfunk- und Fernsehsender eine Genehmigungspflicht, dies gilt für auch Online-TV-Streaming. Zudem gibt es eine Meldepflicht für ein Rundfunkangebot, das ausschließlich im Internet verbreitet wird.

„Rechtlich fragwürdig und überholt"

2008 hatte der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) eine Lizenzpflicht für Live-Streaming beschlossen. Eine grundsätzliche Genehmigungspflichtigkeit besteht seither ab einem Volumen von 500 potentiell möglichen, gleichzeitigen Zugriffen auf das Internet-TV-Angebot (was nicht der tatsächlichen Zuschauerzahl entsprechen muss) - eine Lizenz wird aber bei bis zu 10.000 Zugriffen und programminhaltlicher Bedenkenlosigkeit ohne weitere Voraussetzungen erteilt. Bei darüber hinausgehenden Zugriffsmöglichkeiten sieht die geänderte Fernsehsatzung ein Organisationsverfahren wie bei normalen Kabelprogrammen vor.

Gerade die 500-Zuschauer-Grenze wird von Hege als „rechtlich fragwürdig und überholt" angesehen, so das Interview weiter. Die Regelung stammt aus Zeiten des Kabelfernsehens und wurde damals einfach auf das Internet übertragen. Mittlerweile könne er sich statt einer Lizenzpflicht andere Regulierungsmechanismen vorstellen. „Außerhalb von UKW wird mit der Rundfunklizenz nicht mehr die Zuweisung einer knappen Kapazität verbunden. Eine Lizenzpflicht kann und muss dort bestehen, wo die Aufnahme einer Tätigkeit wegen der damit verbundenen Gefährdungen einer besonderen Kontrolle bedarf, wie sicherlich im Gesundheits- und Finanzsektor", so Hege.

Vereinfachung des Verfahrens vorstellbar

Thomas Fuchs, Direktor der Landesmedienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein und oberster Sendelizenzwächter der 14 deutschen Medienanstalten, sieht das ähnlich und sagte gegenüber dem ZDF-Blog Hyperland: „Wir können uns eine Vereinfachung des Verfahrens vorstellen." Nach Angaben von Hyperland hat Fuchs eine Arbeitsgruppe mit dem Thema betraut, die bereits im Oktober erste Ergebnisse vorstellen soll. Dazu gehört u. a. eine Checkliste für sendeinteressierte Bürger. „Eine solche Liste kann dem Anbieter helfen zu entscheiden, ob er unter die Rundfunkregelung fällt oder nicht", erklärt Fuchs gegenüber Hyperland.

Denn momentan liegt die Problematik in der schwammigen Formulierung im RStV, so dass mittlerweile auch Verlage wie Burda (Focus Online) oder Spiegel (Spiegel Online) intern prüfen, ob sie unter die Lizenzierungspflicht fallen, so der Bericht von Hyperland.

Kriterien für Lizenzpflicht

Kriterien für eine Lizenzpflicht sind dabei eine lineare Ausstrahlung, ein Sendeplan sowie eine journalistisch-redaktionelle Betreuung des Inhalts. Fuchs dazu: „Da diese Punkte nicht genau festzulegen sind, bedarf es immer einer Einzelfallentscheidung." In puncto Linearität geht er mit der EU-Richtlinie konfrom: „Wer Videos live verbreitet, d.h. ein Angebot ins Netz stellt, beim dem der Nutzer nicht bestimmen kann, wann es anfängt oder endet, bietet linear an", verdeutlicht Fuchs gegenüber Hyperland.

Im Zuge des Streits um die Tagesschau-App hat die ARD-Vorsitzende Monika Piel einen klaren Kommentar zum Web-TV diverser Verlage abgegeben: „Ich kenne nicht wenige Zeitungen, die jeden Tag in ihren Blättern anpreisen, dass es "XY-TV" jetzt unter '.de' gebe. Sehr viele Zeitungen machen also Fernsehen oder sie bezeichnen es so, ohne aber alle sehr umfangreichen rundfunkpolitischen Reglementierungen auch nur irgendwie einzuhalten oder dafür eine Lizenz zu haben", so Piel gegenüber tagesschau.de.

Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs beim Verlag Axel Springer, sagte dazu zu Sat+Media: „Ein Rundfunkprogramm ist eine nach einem Sendeplan zeitlich geordnete Folge von Inhalten. Ein solches Programm veranstalten wir derzeit nicht. Es gibt weder einen Sendeplan noch eine zeitlich geordnete Folge von Inhalten. Dass Bild.de hin und wieder eine SKL-Show, eine Hochzeit im englischen Königshaus und einige Fußballspiele live überträgt, macht es nach unserer Rechtsauffassung noch nicht zum Rundfunkprogramm im Sinne des Gesetzes."

Gerade bei Streaming von Live-Events gibt es oft Unstimmigkeiten zwischen Gesetzgeber an Betreibern, da oft im Detail nicht klar ist, ab wann eine Lizenz beantragt werden muss. Auch das Angebot YouTube Live verzögerte sich deshalb in Deutschland.

Generell steht Keese dem Fakt, dass das Rundfunkrecht auf das Internet übertragen werde, skeptisch gegenüber: „In der analogen Welt, in der es weniger Sendeplätze als Bewerber gab und teilweise noch gibt, muss der Staat eine Auswahlentscheidung treffen und kann so eine Lizenzpflicht rechtfertigen. Ob eine Lizenzpflicht allein mit dem Schutz gegen publizistischen Missbrauch zu rechtfertigen ist, darf bezweifelt werden", so Keese gegenüber Sat+Kabel.

Die Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE berät seit mehr als 20 Jahren klassische und neue Medien rund um die Fragen Zulassung und Lizenzen. Für weitere Informationen zur Lizenzierung von Web-TV-Angeboten wenden Sie sich unter 0221 951 563 0 an die Kanzlei Wilde & Beuger.

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