Ärger mit der Polizei – Was Sie bei einem Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte tun sollten

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In Berlin werden derzeit zahlreiche Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet, auch wegen Ausschreitungen am Rande von verbotenen Pro-Palästina-Demonstrationen. Aber nicht nur bei Demonstrationen kann es zu Anzeigen kommen, sondern auch beim Alltagsgeschäft der Polizei, wie Festnahmen oder anderen Maßnahmen, stellen Polizeibeamte immer wieder Strafanzeigen.

Solche Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte sind aus vielen Gründen problematisch: 

  1. Die Strafandrohungen sind hoch, weshalb bei einer Verurteilung auch eine Eintragung im Führungszeugnis droht.
  2. Es fallen unzählige Handlungen unter den Tatbestand, der von der Rechtsprechung weit ausgelegt wird.
  3. Die Beweislage ist oft schlecht, weil die Aussagen der anzeigenden Polizeibeamten fast immer von Kollegen bestätigt werden. 

Man sollte daher nicht versuchen, sich gegen Vorwürfe dieser Art ohne anwaltliche Hilfe zu verteidigen. 

Welche Strafe droht bei einem Widerstand?

Wer eines Widerstandes gegen Polizeibeamte beschuldigt wird, muss nach § 113 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe rechnen.

In besonders schweren Fällen droht eine Gefängnisstrafe

In besonders schweren Fällen sieht § 113 Abs. 2 StGB sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Eine Geldstrafe ist dann in der Regel nicht mehr möglich. Ein besonders schwerer Fall liegt unter anderem vor, wenn die Tat gemeinschaftlich begangen wird oder eine Waffe bzw. ein gefährliches Werkzeug mitgeführt wird. Einem spitzen Gegenstand, wie eine kleine Schere, in der Tasche zu haben reicht aus.

Bei tätlichem Angriff drohen drei Monate Freiheitsstrafe

Wer Gewalt gegen Polizeibeamte einsetzt, macht sich wegen eines sogenannten tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte strafbar. Für diesen droht das Gesetz in § 114 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren an.

Wie hoch die Strafe konkret ausfällt, ist von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Hier spielen Vorstrafen, die Art und Weise Tatbegehung, Verletzungsfolgen und Nachtatverhalten eine große Rolle. Eine Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn beispielsweise keine einschlägigen Vorstrafen bestehen, man berufstätig ist und über feste soziale Kontakte verfügt.

Gefahr der Eintragung im Führungszeugnis 

Eines der Probleme bei Strafverfahren mit Polizeibeamten ist, dass eine Verurteilung in aller Regel mit einem Eintrag im Führungszeugnis einhergeht. In das Führungszeugnis werden Geldstrafen über 90 Tagessätze oder Freiheitsstrafen über drei Monate eingetragen. In besonders schweren Fällen des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und bei einem tätlichen Angriff drohen mindestens drei bzw. sechs Monate Freiheitsstrafe.

Was wird als Widerstand gewertet?

Das Leisten von Widerstand wird von der Rechtsprechung sehr weit gefasst. Widerstand liegt in jedem aktiven Verhalten gegen Vollstreckungsbeamte, das die Vollstreckungshandlung erschweren oder verhindern soll. Dazu gehört schon das Festhalten an Gegenständen bei einer Festnahme oder das Wegziehen des Armes bei einer Blutentnahme. Auch wer sich wehrt, dass ihm Handschellen angelegt werden, begeht einen Widerstand.

Nur das rein passive Verhalten reicht nicht aus. Wer also lediglich die Mitwirkung an einer Festnahme verweigert, begeht keinen Widerstand.

Was ist ein tätlicher Angriff?

Tätlicher Angriff bedeutet eine unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkung von einigem Gewicht. Dazu zählt unproblematisch Gewalt durch Schläge oder Tritte. Aber auch das Anspucken eines Polizeibeamten kann einen tätlichen Angriff darstellen.

Keine Strafbarkeit, wenn Beamte sich rechtswidrig verhalten

Strafbar sind Widerstandsleistungen und tätliche Angriffe nur, wenn die Beamten rechtmäßig gehandelt hat. Wer sich gegen eine rechtswidrige Diensthandlung von Polizisten zur Wehr setzt, handelt gerechtfertigt. Was Polizeibeamte dürfen und was nicht, ist für Betroffene aber nur schwer überprüfbar. Sie fühlen sich in der Situation ungerecht behandelt, was aber nicht heißt, dass die Beamten rechtswidrig gehandelt haben müssen. Um zu schauen, ob die Polizei rechtswidrig gehandelt hat, braucht man Einsicht in die Ermittlungsakte und anwaltliche Hilfe von einem Strafverteidiger.

Schwierige Beweissituation in Fällen mit der Polizei

Als Beschuldigter in einem Strafverfahren mit Polizisten muss man sich klar machen, dass die Beweissituation nicht gut sein wird. Polizeibeamte sind nicht allein unterwegs. In den allermeisten Fällen werden die Aussagen mehrerer Beamter in der Akte sein, die sich decken und den Vorwurf gegen den Beschuldigten bestärken werden.

Zudem neigen Gerichte dazu, Vollstreckungsbeamten mehr zu glauben als Angeklagten. In einer Hauptverhandlung hat man also oft schlechte Karten, ein rechtswidriges Verhalten von Polizeibeamten zu beweisen.

Verfahrenseinstellung oft vorzugswürdig

Aus den gerade erwähnten Gründen kämpfe ich für eine Verfahrenseinstellung, wenn es der Fall hergibt. Eine Einstellung, selbst wenn sie gegen die Zahlung einer Geldauflage erfolgt, stellt kein Schuldeingeständnis dar. Sie wird nicht im Führungszeugnis oder im Bundeszentralregister eingetragen und eine Hauptverhandlung findet nicht statt. Eine Einstellung des Verfahrens wird aber selten von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht vorgeschlagen. Ein Grund mehr, sich anwaltliche Hilfe zu suchen und sich an eine Rechtsanwältin für Strafrecht zu wenden, die sich für Ihre Rechte einsetzt.

Post von der Polizei? Zögern Sie nicht.

Wenn Sie Post von der Polizei erhalten haben und Ihnen ein Widerstand gegen oder ein tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen wird, berate ich Sie gerne. Zögern Sie nicht, denn Verfahren in diesem Deliktsbereich sind mit einem hohen Verurteilungsrisiko verbunden. Insbesondere wenn Sie beruflich auf ein einwandfreies Führungszeugnis angewiesen sind, sollten Sie sich unbedingt anwaltlich vertreten lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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