Aktivlegitimation und Passivlegitimation nach Verkehrsunfall, insbesondere bei Finanzierung und Leasing

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1. Passivlegitimation

In der Regel haften nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall der gegnerische Fahrer (§ 18 I StVG), der gegnerische Halter (§ 7 I StVG) und die gegnerische Haftpflichtversicherung nebeneinander, sofern keine Identität besteht.

Der Prozess wird in der Regel von den Prozessbevollmächtigten der gegnerischen Haftpflichtversicherung geführt, welche auch das Mandat für mitverklagte Personen oder Unternehmen übernimmt.

„Gefährlich“ wird es für die Versicherungsnehmer nur dann, wenn nur diese verklagt werden, jedoch dann eine Weiterleitung an die eigene Haftpflichtversicherung unterbleibt. In diesen Fällen wird der Versicherung durch den eigenen Versicherungsnehmer vertragswidrig die Möglichkeit der Abwehr genommen, sodass Regressansprüche gegen den eigenen Versicherungsnehmer in Betracht kommen.


2. Eigentum

Es ist zu beachten, dass sich das Eigentum an einem Kraftfahrzeug nicht aus der Eintragung im Kraftfahrzeugbrief ergibt (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 29.10.2007, Az.: 12 U 83/07; Hentschel / König / Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 12 FZV, Randnummer 15; Reinking / Eggert, „Der Autokauf", 10. Aufl., Randnummer 2247). Denn die Eintragung im KFZ-Brief (vgl. § 12 Abs. 6 Satz 1 FZV) dokumentiert als verwaltungsrechtliche Urkunde ohne öffentlichen Glauben, lediglich, auf welche Person ein KFZ bei der Zulassungsstelle zugelassen ist (vgl. LG Essen, Urteil vom 25.07.2012, Az.: 20 0 8/12).

Soweit der Geschädigte den Kaufvertrag zum Eigentumsnachweis vorlegt, ist zu beachten, dass die Vorlage eines Kaufvertrags nicht den notwendigen Sachvortrag zum Besitz- bzw. Eigentumserwerb ersetzen kann (vgl. LG Hagen, Beschluss vom 28.01.2014, Az: 9 0 366/13; LG Krefeld, Beschluss vom 04.08.2011, Az: 3 O 108/11; LG Dortmund, Beschluss der Berufungskammer v. 13.10.2014, Az. 21 T 2/14; LG Duisburg, Urteil v. 24.06.2014, Az. 1 0 319/11). Nach dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip sind der schuldrechtliche Vertrag und der sachenrechtliche Eigentumsbegriff getrennt voneinander zu betrachten.

Nach § 1006 BGB besteht jedoch eine Vermutungswirkung für bestehendes Eigentum bei Besitz (tatsächliche Herrschaft über eine Sache).

Diese Eigentumsvermutung gilt nach der Rechtsprechung des BGH hierbei nur, wenn der Besitzer Eigenbesitzer (§ 872 BGB) ist und die Sache von Anfang an in Eigenbesitz gehabt hat (BGH, Urteil vom 16.10.2003 – IX ZR 55/02).

Aus dem bloßen Gewahrsam an einem Pkw folgt hingegen nicht notwendigerweise auch der sachenrechtliche Besitz (vgl. LG Dortmund, Beschluss V. 13.10.2014, Az.: 21 T 2/14).


3. Leasing

Bei einem geleasten Fahrzeug ist Eigentümer der Leasinggeber. Bei einem Verkehrsunfall ist in jedem Falle der Leasinggeber zu informieren.

Aufgrund des Auseinanderfallens beim Leasing von Eigentum und Besitz, sind Leasingnehmer und Leasinggeber hinsichtlich des Fahrzeugschadens nebeneinander anspruchsberechtigt.

Der Leasinggeber kann als Eigentümer den Fahrzeugschaden als Substanzschaden geltend machen. Ebenso steht nur dem Eigentümer grundsätzlich die merkantile Wertminderung nach einem Verkehrsunfall zu. Eigene Schadenspositionen des Leasingnehmers sind diejenigen, die durch den Eingriff in sein Besitzrecht entstehen, so z.B. Mietwagenkosten, Nutzungsausfall, Sachverständigen- und Rechtsverfolgungskosten.

Vorgerichtlich erteilt der Leasinggeber auf Anfrage des Leasingnehmers oder dessen Prozessbevollmächtigten eine sogenannte Freigabeerklärung, sodass alle Schadenspositionen aus einer Hand bei der gegnerischen Versicherung geltend gemacht werden können.

Üblicherweise ist von dieser nur die konkrete Abrechnung des Leasingnehmers mit der Gegenseite nach Vorlage einer Reparaturrechnung bewilligt, die fiktive Abrechnung und Auszahlung des Fahrzeugschadens soll nur an den Leasinggeber erfolgen. So wahrt der Leasinggeber seine Eigentumsrechte.

Soweit der Leasingnehmer durch die Leasingbedingungen ermächtigt und verpflichtet ist, den fahrzeugbezogenen Schaden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen, kann er diese Schadenspositionen auch gerichtlich im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft einklagen. Wird eine solche nicht erteilt, fehlt es dem Leasingnehmer an der Aktivlegitimation.

Macht der Leasingnehmer einen Anspruch geltend, der sowohl einen des Leasinggebers im Rahmen der gewillkürten Prozessstandschaft als auch einen eigenen darstellen kann, handelt es sich dabei um unterschiedliche Streitgegenstände (BGH, Beschluss vom 03.03.2016, NJW 2016, 1818), die aufgrund des § 253 II 2 ZPO einer Individualisierung der Streitgegenstände und somit der Klarstellung bedürfen, welcher Anspruch in welcher Reihenfolge konkret verfolgt wird (BGH, Urteil vom 29.01.2019, Az.: VI ZR 481/17).

Der Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer dürfte stets als eigener Anspruch des (nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten) Leasingnehmers zu bewerten sein (da, wenn Leasinggeber zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, diese dann auch nur beim Leasingnehmer angefallen ist).


4. Finanzierung

Bei einem finanzierten Fahrzeug ist Eigentümerin die finanzierende Bank. Bei einem Verkehrsunfall ist dann in jedem Falle die finanzierende Bank zu informieren. 

Auch hier findet eine Sicherungsübereignung statt und es ergeben sich dieselben Fragestellungen wie im Bereich des Leasings bei der Unfallabwicklung.


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