AKTUELL zur NUTZUNG eines EU-Führerscheins in Deutschland - ZWEIFEL am EU-Auslandswohnsitz der deutschen Behörde reichen nicht aus, um den EU-Auslandsführerschein in Deutschland nicht anzuerkennen

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Sie haben einen EU-Führerschein, leben in Deutschland und ihre deutsche Heimatbehörde zweifelt die Gültigkeit Ihres ausländischen EU-Führerscheins an? Dies passiert häufig mit dem Argument, Sie hätten zum Zeitpunkt des Erwerbs des  Führerscheins im Ausland keinen Wohnsitz im Ausland gehabt. Beispiel Tschechien: Die deutsche Behörde stützt dies häufig auf eine Mitteilung der tschechischen Behörde, es sei nicht möglich zu sagen, ob sich der Führerscheininhaber tatsächlich am Wohnsitz in Tschechien aufgehalten habe. Viele deutsche Führerscheinstellen nutzen diese wage Auskunft aus dem Ausland (nicht nur aus Tschechien) dazu festzustellen, dass das Wohnsitzerfordernis damit nicht erfüllt sei und in Folge, auch der ausländische EU-Führerschein nicht anzuerkennen sei. 


Dem hat das Bundesverwaltungsgericht klar widersprochen.


In seiner Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht - BVerwG BVerwG 3 B 26.19 - aus: Hat die Behörde Zweifel am Wohnsitz, oder wird die Frage nicht beantwortet, so reicht dies nicht aus, einen EU-Auslandsführerschein in Deutschland nicht anzuerkennen - liegen also keine Beweise vor, dass der Führerscheinhalter KEINEN Wohnsitz im EU-Ausland hatte, in dem er den Führerschein erworben hat, so muss die deutsche Behörde den ausländischen Führerschein anerkennen… und kann dies auch nicht an weitere Bedingungen knüpfen, wie etwa die Nichterfüllung einer MPU. Allein zu vermuten, es handele sich um einen Führerschein, der im Rahmen des „Führerschein -  Tourismus“ erworben worden sei, ist rechtswidrig und verstößt gegen die im EU-Recht verankerte Verpflichtung, gegenseitig Führerscheine in der EU im jeweils anderen Mitgliedsstaat anzuerkennen. 


In der Praxis bedeutet das: Es ist also grundsätzlich davon auszugehen, dass die ausländische EU-Fahrerlaubnis gültig ist, solange und sofern die deutsche Behörde nicht nachweisen kann, dass tatsächlich ein Vorstoß gegen das Wohnsitzerfordernis vorlag oder vorliegt. 

Nur wenn es eine entsprechende Rückmeldung aus dem Ausstellerstaat gibt, die auf einen Wohnsitzverstoß hinweist, können auch Umstände aus dem deutschen Inland herangezogen werden.


Wie sieht es tatsächlich aus? Welche Information erhält die deutsche Behörde von der ausländischen, ausstellenden Behörde bei Anfrage, ob im Zeitpunkt des Erwerbs der Wohnsitz tatsächlich bestand?  


In Tschechien könnte der Betroffene einen Auszug aus dem Melderegister vorlegen - dieser ist gebührenpflichtig und wird der deutschen ersuchenden Behörde meist nicht vorgelegt. Damit wäre ein Indiz gegeben, dass Sie über einen ordnungsgemäßen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erwerbs des Führerscheins verfügten. Allerdings kann diese Auskunft problematisch sein, wenn der Wohnsitz nur für sehr (zu) kurze Zeit bestanden hat (unter 185 Tage).

Andere ausländische Führerscheinstellen, nicht nur in Tschechien, antworten auf Direktanfrage der deutschen Behörde häufig, dass keine Informationen zum tatsächlichen Aufenthalt gemacht werden können. 

Allerdings kam es nach den Problemen, die die deutschen Führerscheinstellen insbesondere mit in Tschechien erworbenen Führerscheinen hatten, auf tschechischer Seite und auf Anfrage der tschechischen Führerscheinstellen zu Überprüfungen der Wohnsitze, vornehmlich deutscher Führerscheinerwerber. Dabei kam es vor Ort zu Besuchen der Polizei an der bekannten tschechischen Meldeadresse, Befragung der Nachbarschaft usw.  Diese Aussagen wurden dann zusammen mit der Beschreibung der Wohnsituation vor Ort  an die deutsche Behörde geschickt. Aussagen, dass es sich bei der Adresse um eine kleine Wohnung handele, an der aber mehr als 50 Personen gemeldet seien und man den Führerscheinerwerber dort niemals gesehen habe, bieten der deutschen Behörde genug Argumente, um die Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses bei Erwerb zu verneinen. 


Kann die Behörde aber keine Auskunft geben, so reicht dies nicht aus, dass die Führerscheinbehörde in Deutschland einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis annimmt (so auch mehrfach höchster Gerichtsinstanz bestätigt, etwa OVG NRW, 16 B1403/17, VG Oldenburg 6 B 21/14  mit weiteren Nachweisen). 


Gerne können wir für Sie Ihre Meldebescheinigung auch in Zeiten von Corona besorgen. 

Sprechen Sie uns an.



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