Aktuelles Urteil des BAG: Private Chats zwischen Kollegen als Beweismittel?

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1. Einführung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 24.08.2023 ein Urteil gefällt, das für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen relevant ist. Es betrifft die Nutzung von privaten Chats zwischen Kollegen, die während der Arbeitszeit über dienstliche Kommunikationskanäle geführt werden.

Das Urteil wirft wichtige Fragen auf: 

  • Können diese Chats als Beweismittel verwendet werden? 
  • Wie wirkt sich das Urteil auf die Privatsphäre der Arbeitnehmer aus? 

In diesem Blogartikel gehe ich auf das Urteil ein und gebe einen Überblick über die wichtigsten Aspekte.


Der Schutz der Privatsphäre vs. das berechtigte Interesse des Arbeitgebers

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das bedeutet, sie können selbst entscheiden, welche persönlichen Informationen sie teilen möchten. Dieses Recht erstreckt sich auch auf private Chats. Allerdings gibt es Ausnahmen, wenn es um dienstliche Angelegenheiten geht. Hierbei geht es darum, das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Aufdeckung möglicher Verstöße gegen arbeitsrechtliche Pflichten zu berücksichtigen.


2. Das BAG-Urteil im Detail

In dem vorliegenden Fall ging es um die Verwertbarkeit von privaten Chats als Beweismittel in einem Disziplinarverfahren.

Der Hintergrund des Falls: Ein Arbeitgeber führte ein Disziplinarverfahren gegen einen Arbeitnehmer, der angeblich eine arbeitsrechtliche Pflicht verletzt hatte. Im Rahmen der Untersuchungen legte der Arbeitgeber private Chats zwischen dem betreffenden Arbeitnehmer und einem Kollegen vor, die während der Arbeitszeit über dienstliche Kommunikationskanäle geführt wurden. Diese Chats sollten als Beweismittel dienen.

Das BAG hat entschieden, dass private Chats zwischen Kollegen, die über dienstliche Kommunikationskanäle geführt werden, unter bestimmten Voraussetzungen als Beweismittel genutzt werden können. Die Chats müssen einen konkreten Bezug zur dienstlichen Tätigkeit aufweisen und somit gewichtige Indizien für Pflichtverletzungen liefern können.


3. Die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsprinzips

Eine entscheidende Rolle spielt die Verhältnismäßigkeit. Es muss eine sachliche Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers und dem Schutz der Privatsphäre der Arbeitnehmer stattfinden. Die Verwendung der Chats als Beweismittel darf nur erfolgen, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte für mögliche Pflichtverletzungen gibt.

4. Praktische Implikationen für Arbeitnehmer

Das aktuelle Urteil verdeutlicht, dass Arbeitnehmer bei der Nutzung dienstlicher Kommunikationskanäle vorsichtig sein sollten. Private Chats können möglicherweise als Beweismittel verwendet werden. Es ist ratsam, sich bewusst zu sein, dass eine gewisse Verbindung zur beruflichen Tätigkeit besteht und darauf zu achten, welche Informationen man teilt. Gleichzeitig bleibt der Schutz der Privatsphäre und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung von großer Bedeutung.


5. Fazit

Das Urteil des BAG zu privaten Chats zwischen Kollegen stellt klar, dass solche Chats unter bestimmten Voraussetzungen als Beweismittel verwendet werden können. Es ist jedoch wichtig, dass dabei der Schutz der Privatsphäre und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung angemessen gewährleistet wird. Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass private Chats über dienstliche Kommunikationskanäle potenziell als Beweismittel genutzt werden können und entsprechende Vorsicht walten lassen. Die Verhältnismäßigkeit spielt hierbei eine zentrale Rolle und sollte bei der Verwendung der Chats als Beweise sorgfältig abgewogen werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. August 2023 - 2 AZR 17/23 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 19. Dezember 2022 - 15 Sa 284/22 -




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