Alleinige elterliche Sorge oder Ruhen der elterlichen Sorge

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Gemäß § 1674 Absatz 1 BGB kann das Ruhen der elterlichen Sorge eines Elternteils festgestellt werden. Die Vertretung und Verantwortung für ein minderjähriges Kind muss rechtlich klar und gesichert sein. Das ist nicht der Fall, wenn ein Elternteil tatsächlich verhindert ist, das Elternrecht auszuüben und an Entscheidungen mitzuwirken. So ist das Ruhen der elterlichen Sorge anzuordnen, wenn ein Elternteil inhaftiert ist oder sich für längere Zeit im Ausland aufhält. Auch wenn ein Elternteil nicht auffindbar ist bzw. vermisst wird, kommt nicht sogleich eine Entziehung der elterlichen Sorge für diesen Elternteil in Betracht. Auch hier ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für das Ruhen der elterlichen Sorge vorliegen.

Auch in gemischt-nationalen Ehen ergeben sich immer öfter Situationen, in denen ein Elternteil sich zeitweise oder längerfristig in seinem Heimatland aufhält und dort gerade nicht kurzfristig erreichbar ist, um in Entscheidungen einbezogen werden zu können, oder möglicherweise sogar ganz bewusst seine Erreichbarkeit verhindert. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte am 28.04.2016 über einen Fall zu entscheiden, in dem der Vater des Kindes sich an einem nicht näher bekannten Ort im Irak aufhielt und als Mitglied einer Terrororganisation fungierte. Nachdem das Amtsgericht den Antrag der Kindesmutter auf alleinige elterliche Sorge abgewiesen hatte, gab das OLG Karlsruhe dem Antrag statt.

Zur Begründung führte das OLG aus, dass die für eine gemeinsame Wahrnehmung der elterlichen Sorge unabdingbare Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft nicht mehr vorhanden sei. Es fehle insgesamt an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern, so dass eine dem Kindeswohl entsprechende Wahrnehmung der Elternverantwortung nicht stattfinden könne.

Die Eltern hatten sich bereits im Jahre 2010 dauerhaft getrennt und seit Sommer 2014 keinerlei Kontakt mehr.

Der Antragsgegner stehe der Kindesmutter nicht als Ansprechpartner zur Verfügung. Er sei telefonisch nicht erreichbar; sein genauer Aufenthaltsort sei unbekannt. Deshalb sei die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben.

Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann aus Potsdam, zugleich Fachanwältin für Familienrecht.


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