Geschäftsführerpflichten in der Krise- Anforderungen an den Finanzplan
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Von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht und Steuerberaterin Elisa Roggendorff (roggendorff@lfr-law.de)
Geschäftsleiter haben stets die Pflicht die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu überwachen, um eine mögliche Insolvenzgefahr erkennen zu können. Bei Anzeichen einer wirtschaftlichen Krise, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium wie der Liquiditätskrise, kann sich der Geschäftsleiter nicht mehr auf eine Ressort Aufteilung berufen.
Um Zahlungsunfähigkeit von Zahlungsstockung abzugrenzen ist ein Finanzplan zu erstellen. Die Rechtsprechung stellt insbesondere nachfolgende Anforderungen an einen Finanzplan:
Struktur und Gliederung eines Finanzplanes richtet sich nach betriebswirtschaftlich anerkannten Methoden. Bei kurzfristigen, mithin wenige Wochen umfassenden Finanzplänen, reicht eine unmittelbare auf dem Finanzstatus aufbauende Liquiditätsplanung aus. Anderenfalls ist ein umfassender Finanzplan auf Basis einer integrierten Planung (Erfolgs-, Vermögens- und Liquiditätsplanung) zu erstellen.
- Ausgehend von dem gewöhnlichen Geschäftsverlauf sind alle Positionen einzustellen, die unter Berücksichtigung der Fälligkeiten zu Zahlungsmittel Zu- und Abflüssen führen.
- Bei den Zuflüssen sind Umsatzgeschäfte im selben Maße zu berücksichtigen wie einzahlungswirksame Vorgänge. Hierzu zählen Maßnahmen der Kapitalbeschaffung durch Fremdkapitalaufnahme oder Zuführungen der Gesellschafter durch Darlehen, Kapitalerhöhungen Zuzahlungen in das Eigenkapital oder Ertragszuschüsse.
- Sobald bereits bestehende und entstehende Verbindlichkeiten im Laufe des Prognosezeitraums fällig werden, sind sie bei den Mittelabflüssen zu berücksichtigen.
- Zunächst ist ein Finanzplan für eine Zeitspanne von bis zu drei Wochen zu erstellen, um eine Zahlungsstockung von einer Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen. Zeigt sich, dass sich die erstmalige Liquiditätslücke schließt, so besteht eine bloße Zahlungsstockung und keine Zahlungsunfähigkeit. Der Finanzplan ist in diesem Fall nicht auszudehnen, zukünftige Liquiditätslücken werden aus Perspektive des Beurteilungszeitpunkts als drohende, statt als nicht eingetretene Zahlungsunfähigkeit eingestuft.
- Ein Fortschreiben des Finanzplans ist erforderlich, wenn die Finanzprognose des Drei-Wochen-Zeitraums zeigt, dass die anfängliche Lücke nicht geschlossen wird oder sich erweitert.
- Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich nur dann um eine Zahlungsstockung, wenn davon auszugehen ist, dass nach drei Wochen das verbleibende Liquiditätsdefizit von mindestens 10 Prozent in angemessener Zeit behoben werden kann, BGH 24.05.2005 IX ZR 123/04. Eine Verlängerung über drei Wochen hinaus kommt jedoch nur in Betracht, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass das Liquiditätsdefizit in diesem Zeitraum vollständig verschwindet und den Gläubiger nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ein Zuwarten zumutbar ist.
- Je kleiner die Liquiditätslücke, desto eher ist den Gläubigern dieses Zuwarten zumutbar. In diesen Fällen ist die Erwartung berechtigt, dass der Schuldner die Liquiditätslücke in absehbarer Zeit schließen kann. In Ausnahmesituationen beträgt der Zeitraum, in dem die Liquiditätslücke planmäßig geschlossen werden muss, 3 bzw. maximal 6 Monate.
- Ergibt sich nach dem Finanzplan, dass trotz der bestehenden Liquiditätslücke keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, hat der Schuldner fortlaufend zu prüfen, ob die der Planung zugrunde gelegten Annahmen eingetreten sind oder ob sich wegen Nichterreichens der Planziele die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens verschlechtert hat und möglicherweise dadurch eine Insolvenzantragspflicht ausgelöst wird.
- Der für die Finanzplanung erforderliche Detaillierungsgrad (vierteljährliche, monatliche oder wöchentliche Zahlungen) richtet sich der Länge des Prognosezeitraums, den Spezifikationen des Einzelfalls (Branche, Geschäftstätigkeit etc.) und dem Umfang der bestehenden Liquiditätslücke.
- Die dreiwöchige Frist zur Wiederherstellung der Zahlungsunfähigkeit verkürzt sich entsprechend, wenn sich durch Untersuchungen ergibt, dass bereits eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Dies kann dazu führen, dass unverzüglich ein Insolvenzvertrag erstellt werden muss.
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