Ansprüche auf Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung gegen TUIfly wegen „wilder Streiks“

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Ausgangslage:

Ende September 2016 führte das Management der TUIfly Gespräche mit Air Berlin über eine zukünftige Zusammenarbeit. 

Diese Ankündigung führte zu einem Aufruf der Mitarbeiter von TUIfly, den Flugbetrieb durch Krankmeldungen zu sabotieren. 

Nach dem Vortrag der TUIfly in den Klageverfahren lagen die Krankmeldungen zwischen dem 01.10.2016 und dem 10.10.2016 bei 89 % des Cockpit-Personals und bei 62 % des Kabinenpersonals. 

Aufgrund dieses sogenannten „wilden Streiks“ verspäteten sich zahlreiche Flüge der TUIFly oder wurden insgesamt annulliert. 

TUIfly berief sich in allen Klageverfahren auf außergewöhnliche Umstände. 

Der Streik, auch wenn es sich um einen „wilden Streik“ gehandelt habe, sei für TUIfly nicht beherrschbar gewesen.

Nachdem die deutschen Gerichte diese Frage unterschiedlich entschieden, legten das Amtsgericht Hannover und das Amtsgericht Düsseldorf diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Beantwortung vor. 

Die Entscheidung des EuGH:

Der Europäische Gerichtshof hat am 17.04.2018 durch Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-195/17, C-197/17 bis C 203/17, C-226/17, C-228/17, C-254/17, C-274/17, C-275/17, C-278/17 bis C-286/17 und C-290/17 bis C-292/17, Helga Krüsemann u. a. / TUIfly GmbH nunmehr entschieden, dass ein so genannter „wilder Streik“, also ein Streik, der nicht von Arbeitnehmervertretern ausgerufen, sondern von den Mitarbeitern spontan durch Krankmeldungen eingeleitet wird, kein außergewöhnlicher Umstand ist. 

In seiner Entscheidung führt der Europäische Gerichtshof weiterhin aus, dass ein die Fluggesellschaft entlastender außergewöhnlicher Umstand nach seiner Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft sein darf und es sich weiterhin um einen für die Fluggesellschaft nicht beherrschbaren Umstand handeln darf.

Dementsprechend würden die hier in Rede stehenden Umstrukturierungen bei TUIfly zu normalen den normalen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen eines Unternehmens gehören. 

Das es dabei zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitern kommt, sei ebenfalls nicht ungewöhnlich. 

Bereits aus diesem Grunde sind die Folgen, die sich aus den Umstrukturierungen ergeben, als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit von TUIfly zu betrachten. 

Darüber hinaus ist auch nicht anzunehmen, das TUIfly den Streik nicht beherrschen konnte. 

Schließlich endete der Streik durch eine Einigung zwischen dem Betriebsrat und TUIfly am 07.10.2016. 

Rechtstipp:

Sollten Sie in dem hier maßgeblichen Zeitraum von einer Verspätung oder eine Annullierung eines TUIfly Fluges betroffen gewesen sein sollen, können Sie Ansprüche aus der Verordnung (EG) 261/04 (Fluggastrechteverordnung) nach wie vor geltend machen.

Diese Ansprüche liegen je nach Entfernung bei € 250,00, € 400,00 oder € 600,00 pro Person.

Nachdem die Frage eines außergewöhnlichen Umstands durch den EuGH positiv für die Reisenden entschieden wurde, stehen die Chancen gut, die Ansprüche gegen TUIfly auch erfolgreich durchsetzen zu können.

Diese Ansprüche verjähren mit Ablauf des 31.12.2019.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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