Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung abgelehnt – Gesamt-GdB falsch berechnet

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Wie berechnet sich der Gesamt-GdB?

Der „Grad der Behinderung“ (kurz: GdB) gibt die Schwere einer Behinderung an. Er soll bewerten, welche Auswirkungen eine bestimmte Behinderung auf die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben hat. 

Maßgeblich ist also nicht das Bestehen einer Krankheit oder die Diagnose als solche, sondern stets, ob und wie man durch die Krankheit in seinem täglichen Leben im Vergleich zu einem gesunden Menschen geistig, seelisch, körperlich und/oder sozial eingeschränkt ist. 

Der GdB wird in Zehnerschritten festgelegt und kann von 20 bis 100 variieren. Ab einem GdB von 50 gelten Menschen als „schwerbehindert“, vgl. § 2 Abs. 1 und 2 SGB IX.

Wie wird der Gesamt-GdB festgelegt?

Festgelegt wird der Grad der Behinderung vom Kreis/der Stadt. Dort muss auch – je nachdem ob in der Vergangenheit bereits ein GdB festgelegt wurde – ein Erst- oder Neufeststellungsantrag gestellt werden. Anschließend fordert der Kreis/die Stadt sämtliche Befunde und Berichte der behandelnden Ärzte an und leitet diese an den hauseigenen ärztlichen Dienst weiter. 

Dieser gibt unter Bezugnahme auf die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung eine Stellungnahme ab, anhand derer der Kreis / Ihre Stadt schließlich einen Feststellungsbescheid erlässt.

Warum wurde mein Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung abgelehnt

Als Orientierungshilfe bei der Festlegung des GdB dient dem Kreis / der Stadt die bereits angesprochene Versorgungsmedizinverordnung. Die dort genannten GdB sind jedoch lediglich Anhaltswerte, was ausdrücklich betont wird. 

Es sei unerlässlich, alle die Teilhabe beeinträchtigenden körperlichen, geistigen und seelischen Störungen im Einzelfall zu berücksichtigen. Dementsprechend sind die Werte auch mit Beurteilungsspannen angegeben, die den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen sollen.

Berechnung des Gesamt-GdB

Liegen nicht nur einzelne, sondern mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so ist ein Gesamt-GdB zu bilden. § 152 Abs. 3 SGB IX bestimmt, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt wird. 

Die einzelnen Werte dürfen also keinesfalls miteinander addiert oder sonst verrechnet werden. Dreh- und Angelpunkt ist im Einzelfall immer, wie sich die Einschränkungen zueinander verhalten. Um die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander beurteilen zu können, muss aus der ärztlichen Gesamtschau heraus beachtet werden, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können:

  • Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen.
  • Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken. Dies ist vor allem der Fall, wenn Funktionsbeeinträchtigungen an paarigen Gliedmaßen oder Organen (an beiden Armen oder beiden Beinen oder beiden Nieren oder beiden Augen) vorliegen.
  • Die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden.
  • Die Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung werden durch eine hinzutretende Gesundheitsstörung nicht verstärkt.

Besonderheiten gelten dabei für leichte Funktionsbeeinträchtigungen. Zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung – auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann anerkannt, wenn sich die Beeinträchtigungen negativ aufeinander auswirken (Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26.04.2016, L 13 SB 228/14).

Vorgehen gegen den ablehnenden Bescheid auf Anerkennung der Schwerbehinderung

Wird der Erstfeststellungs- oder Neufeststellungsantrag abgelehnt bzw. entspricht der GdB aus Sicht des Betroffenen nicht der Realität, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, den begehrten Wert doch noch festgestellt zu bekommen.

In erster Linie kann gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Wird dieser vom Kreis/der Stadt als unbegründet abgewiesen, was in Form eines sog. Widerspruchsbescheids geschieht, kann Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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