Antrag auf vorzeitige Tilgung eines Eintrags im Bundeszentralregister - Recht auf Neubeginn -

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Antrag auf vorzeitige Tilgung eines Eintrags im Bundeszentralregister


Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich die vorzeitige Löschung meines Eintrags im Bundeszentralregister gemäß §§ 45 ff. BZRG unter Berufung auf mein Grundrecht auf Resozialisierung (Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG).

Ich wurde am [Datum der Verurteilung] wegen [Art der Straftat] zu [Strafe] verurteilt. Die Strafe wurde vollständig verbüßt, seitdem sind mehr als [z. B. 3, 4, 5] Jahre vergangen. Seit dieser Zeit bin ich strafrechtlich nicht erneut in Erscheinung getreten, gehe einer geregelten Arbeit nach und engagiere mich ehrenamtlich in [z. B. Verein, Gemeinde, Nachbarschaftshilfe].

Ein aktuelles Führungszeugnis ist ohne Eintrag, mein soziales Umfeld ist gefestigt, und eine weitere Speicherung meiner Daten würde mich in meiner beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabe erheblich beeinträchtigen.

Ich bitte daher um wohlwollende Prüfung meines Anliegens und – falls erforderlich – um Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Vorname, Name, Anschrift, E-Mail, Tel., Geburtsdatum

Hinweis:
Dieser Antrag ist ein Muster und kann individuell angepasst werden. Eine rechtliche Prüfung durch einen Anwalt ist in jedem Fall ratsam, insbesondere wenn die Eintragung auf einer komplexeren oder mehrfachen Verurteilung beruht oder wenn die Tilgungsfristen noch nicht vollständig abgelaufen sind.



Recht auf Neubeginn: 

Die vorzeitige Löschung von Strafregistereinträgen als Ausdruck gelungener Resozialisierung

von Dr. Dr. Iranbomy, Rechtsanwalt für Strafrecht und Anti Diskriminierung


 Vom Stigma zur neuen Chance


Ein Eintrag im Bundeszentralregister (BZR) kann Menschen selbst nach Verbüßung einer milden Strafe dauerhaft vom Arbeitsmarkt, gesellschaftlicher Teilhabe oder Auslandsreisen ausschließen. Doch immer mehr Gerichte erkennen: Strafvollzug endet nicht mit Verbüßung, sondern mit Reintegration. Wer nachweislich resozialisiert ist, hat Anspruch auf eine neue Lebensperspektive – und auf die Löschung der Vergangenheit.

Rechtslage: Tilgungsfristen und gesetzliche Grundlage

Nach §§ 45–47 BZRG erfolgt die Löschung von Eintragungen automatisch, sobald bestimmte Fristen abgelaufen sind. Diese liegen je nach Strafhöhe und Vorstrafen bei 3, 5, 10, 15 oder 20 Jahren.

Beispielhafte Regelungen (§ 46 BZRG):

Geldstrafe < 90 Tagessätze: 3 Jahre

Freiheitsstrafe < 1 Jahr mit Bewährung (erstmalig): 5 Jahre

Freiheitsstrafen > 1 Jahr: 10–15 Jahre

Doch in gut begründeten Fällen ist eine vorzeitige Löschung nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit und der Resozialisierungsleistung möglich – wie folgende Urteile zeigen.


Gerichtliche Beispiele: Wenn Gerichte Einträge vorzeitig löschten


LG Berlin, Beschl. v. 12.07.2017 – 510 Qs 34/17

Ein Mann war wegen einer einmaligen Straftat (Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung) verurteilt worden. Seit 4 Jahren führte er ein beanstandungsfreies Leben, arbeitete in einem sozialen Beruf und hatte sich vollständig resozialisiert.
Ergebnis: Das Landgericht genehmigte die vorzeitige Löschung, da eine weitere Speicherung des Eintrags eine „unverhältnismäßige Benachteiligung“ darstelle und dem Resozialisierungsgrundsatz widerspreche.

AG München, Beschl. v. 22.10.2013 – 845 Ds 245 Js 194270/12

Eine junge Mutter hatte vor Jahren eine geringfügige Straftat begangen. Ihre Ausbildung, ehrenamtliches Engagement und familiäre Situation zeigten eine klare Stabilisierung.
Ergebnis: Das Amtsgericht bewilligte die Löschung des Eintrags im BZR mit Verweis auf Art. 2 Abs. 1 GG und das Resozialisierungsprinzip.

OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.02.2010 – 11 PA 327/09

Ein langjährig Beschäftigter mit Führungsverantwortung wurde wegen eines Jugenddelikts verurteilt. Er beantragte die Löschung, da ihm wegen des Eintrags die Zulassung zur Sicherheitsüberprüfung verweigert wurde.
Ergebnis: Das OVG sah im konkreten Fall die Speicherung als nicht mehr gerechtfertigt an und ordnete die Löschung an – 13 Jahre nach dem Delikt, 8 Jahre vor Fristablauf.


Positive Zeichen der Resozialisierung: Was Gerichte überzeugen kann

Gerichte orientieren sich bei der Beurteilung der Resozialisierung an verschiedenen sozialen, beruflichen und persönlichen Indikatoren, darunter:

KriteriumBeispiele
Soziale StabilitätFester Wohnsitz, stabile Partnerschaft, familiäre Bindungen
Berufliche IntegrationLangfristige Erwerbstätigkeit, Weiterbildung, Ausbildung
Keine RückfälleLückenlose Straflosigkeit seit der Verurteilung
Ehrenamtliches EngagementNachweis über gemeinnützige Tätigkeit
Therapeutische AufarbeitungTeilnahme an Entzugs- oder Sozialtrainingsprogrammen
Glaubhafte Selbsteinsicht und ReueAussagen gegenüber Gericht oder Gutachter

Tipp aus der Praxis: Ein persönliches Schreiben, Zeugnisse von Arbeitgebern, Sozialarbeitern oder Ehrenamtsorganisationen sowie ein aktuelles polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintrag erhöhen die Erfolgschancen.


Verfassungsrechtlicher Rahmen: Das Recht auf Vergessen


a) BVerfG, Beschl. v. 04.12.2001 – 2 BvR 451/01

Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass es dem Rechtsstaat nicht erlaubt ist, Menschen lebenslang zu stigmatisieren. Die Speicherung muss verhältnismäßig, zweckgebunden und befristet sein. Die Resozialisierung ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Ziel.


b) EGMR – “M. L. u. W. W. vs. Deutschland”, Urt. v. 28.06.2018 (Nr. 60798/10 und 65599/10)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügte Deutschland wegen der lebenslangen Speicherung von Sexualstraftätern – auch hier wurde das „Recht auf Vergessenwerden“ als menschenrechtliches Prinzip bestätigt.


Hoffnung durch Recht – und Recht durch Hoffnung

Die vorzeitige Löschung von Strafregistereinträgen ist kein Gnadenakt, sondern ein geregelter Rechtsanspruch unter verfassungsrechtlichen Bedingungen. Wer glaubhaft und dauerhaft seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat, darf nicht dauerhaft durch Vergangenes blockiert werden.


Die Justiz kann zeigen, 

dass sie nicht nur strafen, 

sondern auch vergeben kann.


 Vergessen ist kein Gnadenakt – es ist ein Menschenrecht

Die Justiz ist nicht nur dazu da, Schuld festzustellen – sie muss auch Wege eröffnen, Vergangenheit hinter sich zu lassen. Wer sich resozialisiert hat, wer sich wieder in die Gesellschaft eingegliedert hat, hat Anspruch auf einen zweiten Anfang – ohne ewige Stigmatisierung durch bürokratische Registereinträge.

Ich sehe es als meine Pflicht und Berufung, Menschen nicht nur vor Gericht zu verteidigen, sondern ihnen auch zurückzugeben, was ihnen zusteht: Würde, Zukunft, Gerechtigkeit.

Ich kämpfe nicht für Paragraphen, sondern für Prinzipien. Für das Menschenrecht auf Wiedergutmachung, gegen ein Unrechtssystem, das oft lieber verurteilt als vergibt. Mit juristischer Kompetenz, mit Wissen, mit Erfahrung – aber vor allem mit einem festen Glauben an das Gute im Menschen – stehe ich an der Seite derer, die vergessen werden wollen, weil sie ihr altes Leben hinter sich gelassen haben.

Vergessen bedeutet nicht Vertuschung – sondern Freiheit.

Wenn auch Sie sich von den Fesseln eines alten Eintrags im Strafregister befreien wollen, dann zögern Sie nicht, Kontakt aufzunehmen. Gemeinsam machen wir geltend, was längst verdient ist:
Ein Leben in Freiheit, ohne Stigma – im Recht und durch das Recht.

Dr. Dr. Iranbomy
Strafverteidiger der Bürgerrechte – Kämpfer gegen strukturelles Unrecht

info@iranbomy.com

Foto(s): dr. dr. iranbomy


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