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„Anwälte müssen auch von kleineren Verfahren leben können” – Rechtsanwalt Huff im Interview

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein haben sich zwar mit den Länderjustizministerien auf  eine Anpassung der Anwaltsgebühren verständigt, die im Wesentlichen eine zehnprozentige Erhöhung ab Mitte 2021 vorsieht. Jetzt bleibt abzuwarten, wie der Bundestag diese Einigung sieht. Ideal sei diese Lösung jedoch bei Weitem nicht, so Rechtsanwalt Martin W. Huff, Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. anwalt.de hat ausführlich mit ihm über das Thema gesprochen.


anwalt.de: Wie bewerten Sie die zehnprozentige Erhöhung der Anwaltsgebühren, auf die man sich jetzt geeinigt hat?

Rechtsanwalt Martin W. Huff: Die lineare Erhöhung von 10 Prozent ist bei Weitem nicht ausreichend. Denn seit der letzten Erhöhung im Jahr 2013 sind alleine die Löhne um 13 Prozent gestiegen, auch die allgemeinen Kosten haben sich deutlich erhöht, etwa was Büromieten etc. betrifft. Daher wäre eine Erhöhung um ca. 15–20 Prozent angebracht, wenn die Änderung Mitte bzw. Ende 2021 in Kraft tritt. 

Welche Anwälte profitieren Ihrer Meinung nach am ehesten von der geplanten Gebührenanpassung, die Mitte 2021 erwartet wird?

Wenn man überhaupt von „profitieren“ sprechen kann, werden die Erhöhung ab 2021 die Kollegen spüren, die forensisch tätig sind und die außergerichtlich nach dem RVG abrechnen. Es werden wohl auch immer mehr Rechtsanwälte die Möglichkeiten des § 34 RVG und auch des § 3a RVG  ausschöpfen und Honorarvereinbarungen treffen, um nicht nach dem RVG abrechnen zu müssen.

Halten Sie eine kontinuierliche Anpassung der Anwaltsgebühren für sinnvoll und, wenn ja, warum?

Es wird, z. B. bei Abgeordneten etc., immer mehr üblich, die Einkommen an einen Lebenshaltungsindex oder aber die Richtergehälter zu koppeln. Dies wäre auch für die Anwaltsgebühren sinnvoll, denn es ist eigentlich unwürdig, immer wieder in die zermürbenden Verhandlungen mit den Ländern und dem Bund eintreten zu müssen. Hier wäre die von der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Anwaltverein geforderte automatische Anpassung sehr sinnvoll.

Welche Forderungen sollten Ihrer Meinung nach noch durchgesetzt werden?

Eine Vielzahl der gemeinsam von BRAK und DAV vorgeschlagenen Änderungen wären gut gewesen, gerade was die Vorschläge im Bereich des Sozialgerichts oder für Terminsgebühren etc. betrifft. Der gemeinsame Forderungskatalog der Verbände ist leider weitgehend bei den Ländern auf Ablehnung gestoßen. Die Finanzminister haben sich hier leider weitgehend gegenüber den Justizministern durchgesetzt. 

Wie sähe die ideale Lösung zur Anpassung der Anwaltsgebühren für Sie aus?

Gerade im Bereich der „kleinen Verfahren“, Verfahren im sozialen Bereich und bei niedrigen Streitwerten müssen die Honorare endlich auskömmlich sein. Die vom Staat immer wieder verlangte Quersubventionierung funktioniert leider nicht mehr, sodass auch Kollegen, die eher kleine Verfahren betreuen, davon leben können müssen. Es ist schon erstaunlich, dass der Gesetzgeber hier z. B. bei Rechtsdienstleistern viel mehr Freiheit bei Honoraren zulässt, als dies Anwälten erlaubt ist. 

Halten Sie eine parallele Anpassung der Gerichtskosten für sinnvoll?

Die Gerichtskosten haben mit den Anwaltsgebühren nichts zu tun. Der Staat ist im Rahmen der Daseinsvorsorge verpflichtet, die Leistungen der Justiz den Bürgern anzubieten und vorzuhalten. Das Denken, dass sich Justiz „rechnen muss“, ist völlig falsch.

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Martin W. Huff ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er ist seit Februar 1986 als Rechtsanwalt zugelassen und übt seine anwaltliche Tätigkeit seit 2014 in der Kölner Sozietät LLR aus.


(TZE/CBR; ZGRA)

Foto(s): ©Martin W. Huff

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