Anwaltsfehler, was nun?

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Anwaltsfehler, was nun?

Sie haben einen Prozess verloren, den Ihr Anwalt als erfolgversprechend eingeschätzt hat? Sie mussten feststellen, dass Ansprüche, die Ihr Anwalt durchsetzen sollte, verjährt sind? Sie sind nach einem Schreiben Ihres Anwalts Unterlassungsansprüchen oder einem Strafverfahren ausgesetzt? In diesen und anderen Fällen ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihnen Schadensersatzansprüche gegen Ihren Anwalt zustehen. Bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen den Anwalt sollten Sie folgende Regeln beachten:

  1. Ruhe bewahren
  2. Schaden ermitteln
  3. Beweise sichern
  4. Anwalt einschalten


1.) Ruhe bewahre

Es gibt keinen Grund zu übertriebener Eile, wenn Sie feststellen, dass Ihr Anwalt einen Fehler gemacht hat. Schadensersatzansprüche gegen Rechtsanwälte verjähren drei nach Kenntnis von Schädiger und Schaden (§ 195 BGB). Das heißt, Sie müssen zunächst wissen, dass Ihr Anwalt etwas falsch gemacht hat und dass Ihnen daraus ein Schaden entstanden ist, erst dann beginnt die Verjährung Ihres Anspruchs. Die Verjährung ist zudem eine Jahresendverjährung (§ 199 BGB), ein im August 2020 begangener Anwaltsfehler (bspw. verspätete Einreichung der Berufungsschrift) kann daher frühstens zum 31.12.2023 verjähren.

Natürlich gibt es auch von diesem Grundsatz Ausnahmen. Bspw. wenn ein Urteil ergangen und zu klären ist, ob die für Sie nachteilige Entscheidung auf einem Anwaltsfehler oder einem Gerichtsfehler beruht. Der Gerichtsfehler kann häufig durch ein Rechtsmittel korrigiert werden. Hier empfiehlt es sich zügig zu handeln, die Berufungsfrist gegen ein falsches Urteil beträgt einen Monat ab Zustellung des Urteils bei ihrem Anwalt. Sie sollten in dieser Situation Ihren Anwalt um eine schriftliche Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels gegen das Urteil bitten.

2.) Schaden ermitteln

Ein Anwalt, der einen Fehler gemacht hat, muss für ihn einstehen. Er haftet aber nur für die Vermögensschäden, die unmittelbar auf den Anwaltsfehler zurückzuführen sind (sogenannte Kausalität). Das wird häufig übersehen. Wenn bspw. der Anwalt einen Prozess falsch geführt hat, der nicht gewonnen werden konnte, besteht ein Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt allenfalls in Höhe der unnötig aufgewandten Prozesskosten, nicht aber in Höhe der mit dem Prozess verfolgten Forderung.

Um den Ihnen entstandenen Schaden zu ermitteln müssen Sie sich fragen, wie Sie theoretisch wirtschaftlich stünden, wenn der Anwalt den Fehler nicht gemacht hätte. Dann müssen Sie diese (theoretische) Situation mit Ihrer tatsächlichen Situation nach dem Anwaltsfehler vergleichen. (Beispiel.: Ihr Anwalt sollte eine Forderung von 5000,00 Euro für Sie einklagen, er hat die Klage aber zu spät eingereicht, so dass die Klage wegen Verjährung abgewiesen wurde. Ihr Schaden beträgt 5000,00 Euro und die Kosten des Verfahrens, da diese Ihnen bei rechtzeitiger Klage von Ihrem Prozessgegner erstattet worden wären).

3.) Beweise sichern

Wenn Sie Ihren Anwalt in Anspruch nehmen wollen, müssen Sie als Geschädigte/r den Fehler des Anwaltes und den Ihnen dadurch entstandenen Schaden beweisen. Das kann sehr aufwendig sein. Hier hilft es frühzeitig zu überlegen, welche Unterlagen und Beweismittel zur Verfügung stehen. Gibt es Schriftverkehr mit dem Anwalt, aus dem der Fehler deutlich zu erkennen ist? Existiert eventuell ein Urteil, dem zu entnehmen ist, dass der Anwalt falsch oder unvollständig vorgetragen hat? Gibt es Zeugen für Besprechungen mit dem Anwalt und woran konkret erinnern sich diese? Welche Unterlagen existieren, um den Schaden gegenüber dem Gericht darzulegen?

Grundsätzlich ist der Anwalt verpflichtet, Sie über das laufende Mandat unterrichtet zu halten, er muss Ihnen Abschriften des gewechselten Schriftverkehrs (mit Ihrem Gegner und mit dem Gericht) zur Verfügung stellen. Wenn Sie keine Unterlagen von Ihrem Anwalt erhalten haben, sollten Sie diese anfordern. Ihnen steht ein Recht auf Einsicht in die Akte Ihres Anwaltes zu (§ 667 BGB).

4.) Anwalt einschalten

Wenn Sie unsicher sind, ob tatsächlich ein Anwaltsfehler vorliegt oder welcher Schaden Ihnen aus dem Anwaltsfehler entstanden ist oder wenn Sie sicher sind, dass Ihnen Ansprüche gegen Ihren Anwalt zustehen, sollten Sie einen auf Anwaltshaftungsrecht spezialisierten Anwalt/Anwältin einschalten. Diesem können Sie Ihren Fall schildern und Unterlagen sowie Beweismittel vorlegen. Der Anwalt wird Ihnen mitteilen, ob er Erfolgsaussichten für die Durchsetzung möglicher Schadensersatzansprüche sieht. Mit dem Anwalt können Sie dann auch über die Finanzierung des Prozesses (Rechtsschutzversicherung, PHK o. ä.) sprechen.

Ich bin seit über 30 Jahren im Anwaltshaftungsrecht tätig und habe viele Prozesse auf Seiten der Anwälte und auf Seiten der Mandanten geführt. Gerne setzte ich mein dabei erworbenes Fachwissen ein, um Sie zu beraten und Ihnen zustehende Ansprüche - ggf. auch mit gerichtlicher Hilfe - durchzusetzen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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