Arbeitgeber kündigt wegen Corona – was tun?

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Schließungen von Betrieben wegen der Covid-19-Krise oder zumindest Kündigungen von einigen Arbeitnehmern im Betrieb greifen allenthalben um sich.

Stehen viele Unternehmer vor dem wirtschaftlichen Chaos und der Frage, ob sie ihren Betrieb fortführen oder ganz schließen können oder müssen, so sind auch die Arbeitnehmer einer besonderen Situation ausgeliefert, wenn Sie das, meist als betriebsbedingte Kündigung begründete Schreiben zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten.

Selbst Krankenhäuser, wie das der KMG Kliniken in Havelberg, sollen aktuell geschlossen werden und die gesamte Belegschaft wird gekündigt. Unabhängig davon, ob es angesichts der Bedrohung durch „Corona“ schlau ist, ausgerechnet ein Krankenhaus ganz zu schließen und damit ein wichtiges stationäres Angebot der Grundversorgung als Basis für umfassende ambulante Angebote und eine wichtige Stütze des Notfall- beziehungsweise Rettungsdienstes zu nehmen, kann es sich immer lohnen, die Wirksamkeit einer Kündigung gerichtlich klären zu lassen.

Gleichwohl sind Sie als Arbeitnehmer nicht schutzlos.

Was tun also, wenn Sie die Kündigung erhalten haben?

Zunächst ist es wichtig, den Termin des Zugangs der Kündigung zu beachten, denn daraus folgt die gesetzliche Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage, die 3 Wochen ab Erhalt der Kündigung beträgt (§ 4 KSchG). Wird gegen die Kündigung nicht fristgemäß Klage erhoben, so gilt sie als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG). Angeordnete Quarantäne oder etwaige Ausgangssperren ändert nichts an der Geltung dieser gesetzlichen Frist.

Grundsätzlich kann man die Klage vor dem Arbeitsgericht auch allein erheben. Allerdings haben in der aktuellen Situation der Corona-Krise viele Rechtsantragstellen der Arbeitsgerichte, die dabei sonst Hilfestellung leisten, vorübergehend geschlossen. Auch damit die Antragstellung und der Inhalt der Klageschrift vollständig und korrekt sind, empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. 

Denn auch wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, kann es sich lohnen, gegen eine Kündigung zu klagen, weil der Arbeitgeber eventuell schon formelle Fehler bei der Kündigung gemacht hat. Zwar benötigt der Arbeitgeber in diesem Fall keinen Kündigungsgrund, allerdings kann die Kündigung auch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder nach dem AGG unwirksam sein.

Wie läuft das Verfahren ab?

Nachdem Klage erhoben ist, findet recht kurzfristig vor dem Arbeitsgericht ein so genannter Gütetermin statt. An diesem kann der klagende Arbeitnehmer teilnehmen, muss es aber nicht zwingend, wenn er (oder sie) durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

In dem Termin wird zunächst versucht, eine gütliche Lösung zu finden. Dies ist oft der Punkt, an dem es um Verhandlungen über eine Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes geht. Auch Überstundenansprüche und Urlaubsabgeltung sowie sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wie z.B. betriebliche Versicherungen zur Altersvorsorge sind an dieser Stelle Thema, wenn man eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren will.

Können sich die Parteien in der Güteverhandlung nicht einigen, setzt das Gericht in der Regel den Parteien abgestufte Fristen, bei denen der Arbeitgeber seine Kündigung rechtfertigen muss und der Arbeitnehmer hierauf durch seinen Rechtsanwalt erwidern kann.

Danach findet der Kammertermin statt, in dem neben dem Berufsrichter noch zwei ehrenamtliche Richter zum Gericht gehören, die dann, gegebenfalls nach einer Beweisaufnahme, das Urteil fällen. Auch im Kammertermin kann man sich noch auf einen Vergleich und z.B. eine Abfindung einigen.

Die Höhe der Abfindung ist frei verhandelbar und hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, also insbesondere davon, auf welcher Seite das höhere Risiko besteht; eine Zahlungsmöglichkeit des Arbeitgebers selbstverständlich vorausgesetzt.

Sind in dem Arbeitgeber sämtliche finanziellen Mittel ausgegangen und muss er komplett schließen, dann sieht es selbstverständlich auch mit einer Abfindung schlecht aus.

Was wird zur Wirksamkeit der Kündigung geprüft?

Ansonsten muss der Arbeitgeber zunächst das Gericht überzeugen, dass die Kündigung wirksam ist. Er muss alles dafür darlegen und beweisen, dass die Kündigung zwingend notwendig war und für ihn das einzige Mittel zu reagieren.

Gerade in der aktuellen Situation mit den vielen staatlichen Finanzierungsbeihilfen und Neuregelungen zur Kurzarbeit kann es durchaus andere Möglichkeiten für den Arbeitgeber geben, die Kündigung zu vermeiden. Dabei kann auch die Frage einer Versetzung in andere Betriebsstandorte des Arbeitgebers oder eine Änderungskündigung oder Ähnliches diskutiert werden. Die Kündigung muss immer so genannte „ultima ratio“, also das letzte Mittel sein.

Auch hat der Arbeitgeber in gewissen Fällen ab einer bestimmten Betriebsgröße und Mitarbeiteranzahl sowie bei Bestehen eines solchen zum Beispiel die ordnungsgemäße Betriebsratsbeteiligung durchzuführen und nachzuweisen sowie die Massenentlassungsanzeige (§§ 17, 18 KSchG).

Wenn nicht gerade wie im Fall der Gesamtschließung des Havelberger Krankenhauses, wo die gesamte Belegschaft gehen muss, nur einzelne Arbeitnehmer gekündigt werden, stellt sich sodann die Frage, ob der Arbeitgeber die Sozialauswahl durchgeführt hat und diese mit korrekten Kriterien erfolgte.

Was ist, wenn der Arbeitnehmer gewonnen hat und die Kündigung unwirksam ist?

Spricht das Arbeitsgericht durch Urteil aus, dass die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht, weil zum Beispiel die Kündigung bereits aufgrund formaler Fehler (fehlende Vollmacht oder Unterschrift) oder aus materiellen Gründen (s.o. kein Kündigungsgrund, fehlende Massenentlassungsanzeige usw.) unwirksam ist, so muss der Arbeitnehmer aber dennoch nicht zwingend wieder seinen Arbeitsplatz antreten, wenn er dies nicht will, z.B. weil er Repressalien des Arbeitgebers befürchtet oder bereits einen anderen Arbeitsplatz gefunden hat.

Der Arbeitnehmer kann dann gestützt auf § 12 KSchG dem Arbeitgeber innerhalb von einer Woche nach Rechtskraft des Urteils schreiben, dass er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verweigert. Mit dem Zugang dieser Erklärung erlischt das Arbeitsverhältnis.

Bei konkreten Fragen zu Ihrem persönlichen Fall stehen wir Ihnen mit unserer Kanzlei gern zur Verfügung. Wir arbeiten vollkommen digital und stehen daher trotz aller Widrigkeiten der aktuellen Situation wie bisher unseren Mandanten mit allen Leistungen vollumfänglich zur Verfügung.

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Für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf & Collegen

Rechtsanwalt Jan Steinmetz


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