Arbeitsrecht im E-Sport: Arbeitnehmerschutz gilt auch für Gaming-Profis

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E-Sportler sind Arbeitnehmer im rechtlichen Sinn

Der E-Sport-Markt boomt unaufhaltsam. Unzählige junge Gamer und Streamer streben eine Karriere als E-Sport-Profi an. Vereine und Organisationen, sog. Clans, sollen dabei helfen. Doch die Verträge mit den E-Sportlern sind meist einseitig und räumen den Clans enorme Rechte ein. Die rechtliche Prüfung offenbart aber: E-Sportler sind nicht schutzlos. Meist gelten E-Sportler als Arbeitnehmer und können sich im Streitfall auf den umfassenden Arbeitnehmerschutz in Deutschland berufen.


Arbeitsverträge im E-Sport: So sind die Akteure rechtlich verbunden

Der Begriff des E-Sports (oft auch eSport) bezeichnet das wettkampfmäßige Spielen von Videospielen wie League of Legends, Overwatch oder Dota 2. Die professionellen Wettbewerbe sind weltweit in den letzten Jahren stark gewachsen und locken nicht selten mit Preisgeldern in zweistelliger Millionenhöhe.

Da einzelne Gamer kaum eigenständig Zugang zum professionellen E-Sport-Bereich erhalten, haben sich schon frühzeitig sog. Clans etabliert. Ähnlich wie klassische Sportvereine beschäftigen die Clans zahlreiche E-Sportler, von etablierten Profis über aufstrebende Gamer bis hin zu Newcomern.

Die Verträge mit den E-Sportlern sehen regelmäßig vor, bei welchen Spielen die E-Sportler eingesetzt werden sollen, dass sie für Werbemaßnahmen zur Verfügung stehen und wie sie zu trainieren haben. Nicht selten finden sich auch Klauseln, die es dem Clan ermöglichen sollen, die Gehälter einseitig nach einer bestimmten Zeit anzupassen.

Arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen wie Urlaubsansprüche, Überstundenvergütung und Kündigungsschutz werden vielfach damit verweigert, dass die E-Sportler auf Basis von Freelancer- oder Dienstverträgen angestellt werden. Das spielt aus rechtlicher Sicht allerdings keine Rolle: Entscheidend für die Frage, ob E-Sportler als Arbeitnehmer (mit allen Rechten) einzuordnen sind, ist § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach kommt es allein auf die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit an. Voraussetzung für die Arbeitnehmereigenschaft von E-Sportlern ist, dass (1) Videospielen als Arbeit im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann und (2) nach den Gesamtumständen eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer vorliegt.

E-Sport als Arbeit im Rechtssinne

Grundvoraussetzung des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist es, dass der Arbeitnehmer zur Leistung von „Arbeit“ verpflichtet ist. Arbeit ist der planmäßige Einsatz körperlicher und geistiger Kräfte zur Erreichung eines wirtschaftlich messbaren Zwecks. Mit anderen Worten: Mit der eigenen Leistungsfähigkeit werden eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt (der Lebensunterhalt soll verdient werden) und zugleich die wirtschaftlichen Interessen des Dienstgebers verfolgt.

Gaming kann Arbeit im rechtlichen Sinn sein

E-Sportler setzen ihre eigenen Fähigkeiten im Rahmen von Videospielen und Wettkämpfen ein. Solange dies nur der Freizeitgestaltung dient (Gaming als Hobby), liegt noch keine Arbeit im rechtlichen Sinne vor. Wird es professioneller, sieht die Sachlage anders aus: Dann wird das Gaming mit einer Gewinnerzielungsabsicht betrieben und soll Geld einbringen. Der E-Sportler will so seinen Lebensunterhalt finanzieren und gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen des Clans fördern, der durch Werbeeinnahmen und der Beteiligung an Preisgeldern profitiert. In diesem Fall ist eindeutig von Arbeit in diesem Sinne zu sprechen.

Professionelle E-Sportler sind Arbeitnehmer

Bei der Beurteilung, ob E-Sportler als Arbeitnehmer oder Freelancer (Freiberufler) einzuordnen sind, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob der E-Sportler dem Weisungsrecht des Clans unterliegt und in dessen betriebliche Organisation eingegliedert ist. Dann liegt eine Arbeitnehmereigenschaft vor. Freelancer hingegen sind selbständige Dienstleister, die ein eigenes unternehmerisches Risiko tragen und weder in den Clan eingegliedert noch von diesem persönlich abhängig sind.

Für eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer spricht es, wenn dem E-Sportler ein bestimmtes Tätigkeitsprofil vorgegeben wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Clan bestimmt, auf welches Videospiel sich der E-Sportler beschränken soll und ihn in feste Trainings- und Spielpläne einteilt. Auch ein fester Trainingsort (in einem Gaming-Haus oder in einer Online-Lobby) spricht für eine Weisungsgebundenheit.

In die betriebliche Organisation ist der E-Sportler insbesondere eingegliedert, wenn ihm Arbeitsmittel (Hardware) und Personal (Trainer, Betreuer, Teammitglied) gestellt werden und das Management nach außen übernommen wird. Häufig sehen die Verträge auch ein umfassendes Wettbewerbsverbot vor, so dass die E-Sportler wirtschaftlich vom Clan abhängig sind.

Im Ergebnis lässt sich daher festhalten: Professionelle und semiprofessionelle E-Sportler sind in der Regel als Arbeitnehmer des Clans einzuordnen. Nur in Ausnahmefällen sind sie als Selbständige anzusehen, wenn sie ihre Tätigkeit hinsichtlich Spieleauswahl, Trainingszeiten, Marketing und/oder Management im Wesentlichen weisungsfrei bestimmen können. Aufgrund der vielen Besonderheiten im Einzelfall empfiehlt es sich, einen erfahrenen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht mit Kenntnissen im E-Sport-Recht hinzuzuziehen.


Folgen der Einordnung als Arbeitnehmer für E-Sportler

Mit der Einordnung als Arbeitnehmer gelten für E-Sportler zahlreiche gesetzliche Mindestrechte. So haben professionellen E-Sportlern einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Zudem darf das Gehalt des Gamers den Mindestlohn nicht unterschreiten. 

E-Sportler genießen Kündigungsschutz und weitere Arbeitnehmerrechte.

Für Wettbewerbsverbote gelten strenge Regeln, ebenso für Klauseln zur einseitigen Anpassung der Vergütung.

Und am wichtigsten: Will sich der Clan von dem Spieler trennen, ist der gesetzliche Kündigungsschutz zu beachten. Bei der Befristung von Spielerverträgen gelten ebenfalls strenge Regeln. Will der Clan den E-Sportler loswerden, wird er damit faktisch um die Zahlung einer (hohe) Abfindung kaum herumkommen.

Als erfahrener Rechtsanwalt im Arbeitsrecht, der im E-Sport- und Gaming-Recht promoviert, stehe ich Ihnen als E-Sportler an dieser Stelle zur Seite, um die beste Strategie für Ihren Fall zu ermitteln und die bestmögliche Abfindung für Sie auszuhandeln. Sie erreichen mich über das Kontaktformular auf dieser Seite oder über die Kanzlei Kupka und Stillfried.

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