Arbeitsrecht: Kündigung wegen Krankheit

  • 3 Minuten Lesezeit

Viele Arbeitnehmer befürchten bei lang andauernder Erkrankung oder häufiger Kurzerkrankungen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen könnte. Gerade in Zeiten von Corona mit einer eventuell länger andauernden Erkrankung bangen viele Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz.

Daher stellen wir nachfolgend einen kurzen Überblick vor, welche Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung gegeben sein müssen.

Kurzeiterkrankung und Langzeiterkrankung im Arbeitsverhältnis 

Kurzzeiterkrankungen liegen bei wiederkehrenden mehrfachen kurzen Erkrankungen von einigen wenigen Tagen oder wenigen Wochen vor.

Von einer Langzeiterkrankung spricht man, wenn die Erkrankung länger als 8 Monate andauert. Wenn zu diesem Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es in den nächsten 24 Monaten zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes kommt, wird von einer dauernden Arbeitsunfähigkeit auszugehen sein.

Nachweis der negativen Gesundheitsprognose

Der Arbeitgeber müsste daher zum Zeitpunkt der Kündigung eine negative Gesundheitsprognose nachweisen, das heißt, es müssen Tatsachen vorliegen, die die Annahme des Arbeitgebers rechtfertigen, dass der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers sich in der Zukunft auch nicht bessern wird. Der Arbeitgeber dagegen müsste nachweisen, dass er wieder gesund werden wird und eine negative Gesundheitsprognose daher nicht besteht.

Probleme einer Langzeiterkrankung 

Bei einer Langzeiterkrankung befürchtet der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft länger ausfallen wird und es dadurch zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen im Betriebsablauf kommen kann. Zudem hat der Arbeitgeber wirtschaftliche Nachteile zu erleiden, in dem er dem Arbeitnehmer Lohnfortzahlung zu entrichten hat. Er kann nicht einschätzen, wann der Arbeitnehmer in der Zukunft wieder seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung nachkommen wird. Der Arbeitgeber sieht sich gezwungen, für die vertraglich geschuldete Tätigkeit eine Vertretung einzusetzen. 

Allerdings hat der Arbeitgeber zusätzlich zu einer längeren Krankheitsdauer und einer negativen Gesundheitsprognose die Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen nachzuweisen und hat eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen seinen Interessen und die des Arbeitnehmers. 

Interessenabwägung des Arbeitgebers

Die Interessen auf Weiterführung der Beschäftigung und auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind im Rahmen einer Interessenabwägung gegenüberzustellen. Der Arbeitgeber muss im Rahmen dieser Interessenabwägung das mildeste Mittel heranziehen. Sollte beispielsweise im Unternehmen ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden sein, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung diesen Arbeitsplatz anzubieten.  Im Rahmen der Interessenabwägung ist die Dauer der Beschäftigung und auch die Fehlzeiten anderer Mitarbeiter, sowie das Lebensalter des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Betriebliche Eingliederungsmaßnahmen

Wichtig ist auch, dass der Arbeitgeber bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers von längere als sechs Wochen innerhalb eines Jahres dazu verpflichtet ist, ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten und einzuleiten. Hier soll gemeinsam nach Möglichkeiten geschaut werden, die dem Arbeitnehmer den Einstieg wieder erleichtern sollen und es muss für den Arbeitnehmer ein Arbeitsplatz geschaffen werden, der leidensgerecht ist. Zudem soll vermieden werden, dass der Arbeitnehmer zukünftig weiterhin erkrankt. Da er Arbeitgeber im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung die Kündigung erst als das letzte Mittel heranziehen darf, ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements vor Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung erforderlich.

Kündigung bei Krankheit möglich! 

Auch hält sich noch immer das Gerücht aufrecht, dass ein Arbeitnehmer während einer Erkrankung nicht gekündigt werden könne. Diese Annahme ist nicht richtig. Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich auch während einer Krankschreibung gekündigt werden. Die Krankschreibung an sich schützt einen Arbeitnehmer nicht vor einer Kündigung. Allerdings müssen auch die weiteren, oben aufgeführten Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung gegeben sein.

Sollten Sie eine Kündigung von Ihrem Arbeitgeber erhalten haben, lassen Sie sich rechtlich beraten. Es sollte geprüft werden, ob es Erfolgsaussichten gibt gegen die Kündigung gerichtlich vorzugehen. Hier muss allerdings beachtet werden, dass eine Kündigungsschutzklage innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung gerichtlich geltend zu machen ist.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Tülay Koçer

Beiträge zum Thema