Arzthaftung bei Behandlung durch anderen als vereinbarten Arzt

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Wird ein Patient an Stelle des ihm vertraglich zustehenden Chefarztes von einem Oberarzt operiert, steht ihm ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens greift nicht durch, weil dies dem Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen widerspricht. 

Was ist passiert?

Ein Patient wollte sich in einer Klinik wegen einer Erkrankung des Bindegewebes an der linken Hand operieren lassen. Hierfür schloss er eine Wahlleistungsvereinbarung mit Chefarztbehandlung. Operiert wurde er dann aber vom stellvertretenden Oberarzt und nicht vom Chefarzt. Nach der Operation hatte der Patient auch noch erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen. 

Die Entscheidung(en)

Das Landgericht (I. Instanz) und auch das Oberlandesgericht (II. Instanz) haben die Klage abgewiesen. Beide Gerichte begründeten die Entscheidung damit, der Eingriff sei zwar rechtswidrig gewesen, weil der Kläger keine rechtswirksame Einwilligung zur Operation durch den Oberarzt erteilt hat, es läge aber ein Fall des rechtmäßigen Alternativverhaltens vor, da der Eingriff genauso verlaufen wäre, wenn der Chefarzt operiert hätte.

Der Bundesgerichtshof (III. Instanz) sieht das anders: Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens sei in diesem Fall verwehrt, weil dies dem Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen gem. § 823 Abs. 1 BGB widerspricht. Das Erfordernis auf eine Einwilligung eines Patienten in einen ärztlichen Eingriff ergibt sich aus dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 GG. Geschützt wird damit die Entscheidungsfreiheit des Patienten über seine körperliche Integrität. 

Der Bundesgerichtshof hat also zu Gunsten des Patienten die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. 

Keine Behandlung ohne ausdrückliche Einwilligung

Erklärt ein Patient, er wolle sich von einem bestimmten Arzt behandeln lassen, darf ein anderer Arzt diesen Eingriff nicht ohne ausdrückliche Einwilligung vornehmen. Anders ist das Vertrauen eines Patienten in die ärztliche Zuverlässigkeit und Integrität nicht zu gewehrleisten. Ob die Operation bei Durchführung durch den Chefarzt genauso verlaufen wäre, kann im Übrigen überhaupt nicht nachgewiesen werden. 

– Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Juli 2016, Az. VI ZR 75/15

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