Auch nach langer Ehe kann eine Scheidung sich lohnen

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Statistisch gesehen werden immer häufiger Ehen geschieden, die 25 oder 30 Jahre bestanden. 

Aus wirtschaftlichen Gründen halten geringer verdienende Ehepartner häufig an einer unglücklichen Ehe fest, in dem Irrglauben, auf den besser oder allein Verdienenden angewiesen zu sein. 

Ehegatten, die zugunsten des Ehepartners, der Betreuung und Erziehung der Kinder und Führung des Haushaltes auf eigenes berufliches Fortkommen verzichtet haben, scheuen aus Angst vor Kosten eine Scheidung oder meinen, der andere vermögendere Teil solle die Scheidung beantragen. 

Dabei wird verkannt, dass sich gerade für den geringer verdienenden Ehepartner die Scheidung erheblich lohnen kann, auch wenn entstehende Gerichts- und Anwaltskosten nicht unerheblich sind. Zudem kann bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit mangels ausreichenden eigenen Einkommens auch Beratung- und Verfahrenskostenhilfe in Anspruch genommen werden. Verdient der getrennte Ehepartner ein Vielfaches, muss er sogar die Gerichts- und Anwaltskosten des anderen als Prozesskostenvorschuss übernehmen. 

Wichtig ist zunächst, eine räumliche Trennung durchzuführen, die auch in der gemeinsamen Wohnung bzw. im ehelichen Haus durch getrennte Zimmer und getrennter Nutzung von Küche und Bad stattfinden kann, wenn der eigene finanzielle Spielraum in eigene Wohnung zu ziehen, nicht vorhanden ist. Bereits in diesem Stadium sollte unbedingt Trennungsunterhalt geltend gemacht werden. Dazu ist der andere Ehepartner verpflichtet, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen. Anhand der Einkünfte beider Ehegatten kann dann nach dem Halbteilungsgrundsatz und unter Anrechnung eigenen Verdienstes die Unterhaltsforderung berechnet werden.

Erteilt der Ehepartner die Auskunft nicht freiwillig, kann mit einem Stufenantrag auf Auskunftserteilung in der ersten Stufe und auf Zahlung eines noch zu errechnenden Betrages in der 2. Stufe der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden. 

Sieht sich der besser verdienende Ehepartner einer Forderung auf Trennungsunterhalt ausgesetzt, hat er es meist eilig, die Ehescheidung zu beantragen, in dem falschen Glauben, nach der Scheidung keinen Unterhalt mehr leisten zu müssen. 

Nach sehr langen Ehen gebietet es allerdings der Grundsatz der ehelichen Solidarität, dass auch nach der Scheidung für eine bestimmte Dauer, unter Umständen sogar bis zum Renteneintritt nachehelicher Unterhalt gezahlt werden muss. Ein weiterer erheblicher Aspekt ist, dass sich für den geringer verdienenden Ehepartner der Versorgungausgleich erheblich auszahlt. Im Scheidungsfall sollen beide Eheleute mit den gleichen Rentenansprüchen aus der Ehe herausgehen. Bei einer sehr langen Ehe mit einem erheblichen Einkommensunterschied lohnt sich das für den geringer Verdienenden also durchaus, denn alle während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften werden hälftig ausgeglichen. 

Bei dem heutigen geringen Rentenniveau haben gering verdienende Ehepartner keine Rente zu erwarten, von der sie ihren Lebensunterhalt im Alter allein decken könnten. Nach geschiedener Ehe und Durchführung des Versorgungsausgleichs sieht das allerdings ganz anders aus. 

Der erheblich besser verdienende Ehegatte hat zudem häufig bei langen Ehen mehr Vermögen gebildet, auch dieser Zuwachs ist durch den Zugewinnausgleich hälftig auszugleichen.  

Daher ist es bei sehr langen gescheiterten Ehen für den erheblich geringer Verdienenden oder unter Umständen erwerbsunfähig erkrankten Ehegatten wichtig und lohnend, anwaltliche Hilfe zur Durchsetzung der nicht unerheblichen Rechte in Anspruch zu nehmen und nicht an einer gescheiterten Ehe festzuhalten, weil man meint, mit den eigenen Mitteln kein selbständiges Leben führen zu können. 

Der erheblich besser Verdienende sollte wiederum bei gescheiterter Ehe die Ehescheidung nicht vor sich her schieben, denn um so höher werden die Ansprüche des anderen.


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