Augen auf beim Pferdekauf

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Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, sagt ein altes Sprichwort. Wer Pferde hat(te) und weiß, welche Probleme Mängel und Krankheiten später mit sich bringen, weiß, dass der Spruch keine Weisheit, sondern blanker Unsinn ist. Umso mehr gilt es, die Augen zu öffnen, wenn es um einen mehr oder weniger teuren Kauf geht. Denn sowohl Käufer als auch Verkäufer haben Rechte.

Der (Pferde)Kaufvertrag kommt dann zustande, wenn sich Käufer und Verkäufer über ein Pferd zu einem Kaufpreis einigen. Auch braucht man keinen Handschlag oder einen schriftlichen Vertrag – wenn es auch in vielen Fällen besser ist, einen abzuschließen. Nun haben aber Käufer und Verkäufer bestimmte Pflichten, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), § 433, näher umschrieben sind.

So muss der Verkäufer dem Käufer gem. § 433 Abs. 1 S.1 BGB das Pferd übergeben und „das Eigentum an der Sache verschaffen“, die, das ist nachvollziehbar, nach Satz 2 auch frei von Sach- und Rechtsmängeln sein muss. Der Käufer muss umgekehrt bezahlen und das Pferd abnehmen.

Das klingt zunächst einmal klar und einfach. Aber wie das Leben schon ist: Oft genug ergeben sich Probleme und zwar aus jedem der einzelnen genannten Punkte.

Wer ist eigentlich Vertragspartner?

Verkaufen können entweder Händler oder Privatpersonen. Tritt aber ein Händler (in Stellvertretung) für eine Privatperson auf, ist letztere der Vertragspartner. Der Käufer hat dann keine Rechte aus dem sog. Verbrauchsgüterkaufrecht (s. weiter unten im Text), was weitgehende Folgen für ihn haben kann. 

Daher muss vor dem Kauf genau geklärt werden, wer tatsächlich Verkäufer ist. Oft genug versuchen nämlich Händler, die strenge Haftung des Verbrauchsgüterkaufs zu unterlaufen, indem sie eine Privatperson als Verkäufer quasi vorschieben.

Krank, bösartig oder nur schlecht geritten: Was heißt „frei von Sachmängeln“?

Gem. § 434 Abs. 1 S.1 BGB ist das Pferd frei von Sachmängeln, wenn es bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. 

Einfache Beispiele sind Wallache oder Deckhengste: Erweist sich der Wallach später als Klopphengst (Kryptorchide) oder ist der Deckhengst unfruchtbar, liegen Mängel vor. 

Aber so einfach ist es eben oft nicht. Denn es gibt auch weitaus dehnbarere Beschaffenheitsmerkmale. So werden häufig Reitpferde, Kinderponys, Turnierpferde etc. verkauft. Die spannende Frage ist dann: Wann ist ein Pferd als Reitpferd, Kinderpony etc. geeignet bzw. ungeeignet? 

Beispiele sind:

  • Das Reitpferd steigt oder geht durch.
  • Das Kinderreitpony schlägt nach Menschen, beißt und bockt.
  • Das Springpferd verweigert alle Hindernisse. 

Kann der Käufer beweisen, dass derartige Eigenschaften oder Unarten bei Gefahrübergang vorgelegen haben, dann liegt ein Mangel vor.

Hat man dagegen keine Beschaffenheit vereinbart oder kann man diese nicht beweisen, liegt Mangelfreiheit nach § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 BGB vor, wenn sich das Pferd für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. 

Wurde also ein Schlachtpferd verkauft, muss es nur für die Schlachtung freigegeben sein. Eine Zuchtstute muss nicht belastbar sein. 

Haben die Parteien auch keinen Verwendungszweck vereinbart, muss sich das Pferd gem. § 434 Abs. 1 Ziff. 2) BGB für die „gewöhnliche Verwendung“ eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Pferden gleicher Art üblich ist.

Was aber ist bei anderen Pferden üblich? So urteilte zum Beispiel das OLG Celle, dass etwa bei 50 Prozent der Pferde Kissing Spines röntgenologisch nachweisbar sind und dies deshalb keine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit ist. Das OLG Frankfurt befand, dass die Röntgenklasse III ohne klinische Auffälligkeiten keinen Mangel darstellt.

Aber auch wenn das Pferd Mängel aufweist, kann der Käufer es nicht immer einfach zurückgeben. In diesem Fall gibt es eine Art Stufenregelung.

Ist Nacherfüllung möglich?

So muss der Käufer dem Verkäufer die Möglichkeit zur Nacherfüllung und dafür eine Frist geben, bevor er ein Recht auf Schadensersatz, Minderung oder Rückabwicklung hat. Ein Beispiel dafür ist das Auskurieren eines Hustens. 

Das Verlangen auf Nacherfüllung ist dann entbehrlich, wenn der Mangel seitens des Verkäufers bestritten wird oder besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Dies wird bei unheilbaren Erkrankungen wie fortgeschrittener Arthrose der Fall sein. Jedes längere Verbleiben des Pferdes beim Verkäufer verursacht hier nur unnötige Kosten.

Preisnachlass oder Rücktritt

Erst wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist oder der Verkäufer sämtliche Ansprüche zurückgewiesen hat, kann der Käufer 

  • den Kaufpreis mindern oder
  • vom Kaufvertrag zurücktreten.

Wann gibt es Schadensersatz?

Außerdem kann der Käufer Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer vorsätzlich oder fahrlässig (= schuldhaft) gehandelt hat. Schuldhaft bedeutet, dass der Verkäufer Eigenschaften zugesichert hat, obwohl sie nicht vorhanden waren, oder er den Mangel verschwiegen hat. Ein Beispiel für Fahrlässigkeit ist etwa, einen leichten Husten zu ignorieren. 

Zwei Jahre Verjährung

Die Ansprüche des Käufers verjähren nach dem Gesetz in zwei Jahren, d. h. der Verkäufer ist nach zwei Jahren allein deshalb „aus dem Schneider“, weil die Zeit abgelaufen ist.

Vertragsgestaltung und ihre Grenzen

In Deutschland kann und darf jeder innerhalb der gesetzlichen Grenzen alles selbst vertraglich regeln: Verkäufer können zum Beispiel ihre Haftung vollständig ausschließen und die Verjährung auf ein Minimum reduzieren. 

Allerdings findet diese Freiheit ihre Grenzen in Gesetzen, wie zum Beispiel in den Verbraucherschutzregelungen. Die wichtigsten Normen sind die des Verbrauchsgüterkaufs und die Regelungen über die allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Der Verbrauchsgüterkauf

Ein Verbrauchsgüterkauf liegt nach § 474 Abs. 1 BGB vor, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft.

Die Einordnung eines Vertragspartners als Verbraucher hängt vom Zweck des Geschäfts ab. Entscheidend für die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB ist die gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit.

Was regelt der Verbrauchsgüterkauf?

Die Beweislastumkehr ist eine der wichtigsten Regeln des Verbrauchsgüterkaufs: Zeigt sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang (also Abnahme des Pferdes), so wird vermutet, dass es bereits bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen ist. 

Eine weitere Vorschrift ist § 475 S. 1 BGB, nach der sich der Verkäufer/Unternehmer nicht auf Vereinbarungen berufen kann, welche die gesetzlichen Vorschriften (s.o.) zum Nachteil des Verbrauchers ändern. So kann die Haftung grundsätzlich nicht ausgeschlossen und die Verjährung nicht auf über ein Jahr verkürzt werden. 

Ausnahmen sind öffentliche Versteigerungen, die Verkürzung der Verjährung auf ein Jahr bei gebrauchten Sachen und der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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