Wer im Ausland lebt, sollte sein Testament richtig machen

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Alle, die längere Zeit im Ausland verbringen, sollten ihr Erbe nicht dem Zufall überlassen. Denn seit etwas mehr als zwei Jahren gilt im Todesfall das Erbrecht des Landes, in dem man sich zuletzt gewöhnlich aufhielt. Auch bereits getroffene Erbregelungen kann das beeinflussen – wie insbesondere das unter Eheleuten beliebte Berliner Testament.

Über eine Million Deutsche leben im europäischen Ausland

Viele Deutsche zieht das milde Klima dauerhaft in den Süden. Vor allem Spanien führt als beliebtestes Aufenthaltsziel. Daneben verlocken auch Frankreich, Italien und Portugal zum längeren Verbleib. Auch Österreich und die Schweiz sind aufgrund der bekannten Sprache und der Nähe beliebt. Nicht immer muss es ein Auslandsaufenthalt zum Ruheabend sein. Auch das Arbeitsleben zieht viele längerfristig in andere EU-Länder, schließlich macht die in der EU geltende Freizügigkeit EU-Bürgern das Arbeiten im Ausland sehr leicht.

Bereits seit August 2015 gilt die Erbrechtsverordnung

Ganz egal, weshalb man sich im Ausland aufhält, es gilt: Wer nach dem 17. August 2015 im Ausland verstorben ist bzw. verstirbt, muss damit rechnen, dass sich sein Erbe nicht nach deutschem Erbrecht richtet. Stattdessen vollzieht es sich nach dem vor Ort geltenden Erbrecht. Grundlage dafür ist die sogenannte Europäische Erbrechtsverordnung – kurz EU-ErbVO. Sie hat eine einheitliche Behandlung des Erbfalls zum Ziel. Alle EU-Länder außer dem Vereinigten Königreich mit Großbritannien und Nordirland, Irland und Dänemark haben sich der Verordnung angeschlossen. Anwendung findet sie dafür auch im Nicht-EU-Land Schweiz, wo viele Deutsche leben. Denn sofern keine speziellen Staatsverträge bestehen, wie etwa mit der Türkei, regelt die Verordnung generell, welches Erbrecht auf einen Erbfall mit Auslandsberührung anzuwenden ist (Artikel 20 EU-ErbVO).

Statt nach dem Erbrecht verschiedener Länder, wie es zuvor der Fall sein konnte, soll sich das Erbe möglichst nur nach dem Recht eines Landes vollziehen. Die Erbrechtsverordnung zieht dabei das Land des gewöhnlichen Aufenthalts der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Verstorbenen vor. Entscheidend ist, dass dieser eine besonders enge und feste Bindung zu dem jeweiligen Land hatte. Von dieser ist insbesondere auszugehen, wenn sich jemand übers Jahr gerechnet dort länger als in Deutschland aufhielt. Dabei kommt es jedoch immer auf die gesamten Lebensumstände an. Der Wohnsitz allein ist daher kein entscheidendes Kriterium. Im Zweifelsfall bestimmen die Gerichte den gewöhnlichen Aufenthalt.

Berliner Testament möglicherweise ohne Wirkung

Spanisches, französisches, italienisches oder ein anderes Erbrecht statt deutschen Erbrechts ist jedoch nicht jedermanns Sache. So kennen die soeben genannten Länder beispielsweise kein gemeinschaftliches Testament wie das in Deutschland beliebte Berliner Testament. Bei diesem setzen sich die Eheleute in einem Testament gegenseitig zu Alleinerben ein. Kennt das ausländische Erbrecht diese Gestaltungsmöglichkeit nicht, weil danach ein Testament nur von einer Person und nicht von mehreren Personen errichtet werden kann, entfaltet das Berliner Testament keine oder eine andere als die ursprünglich gewünschte Wirkung.

Auch das Pflichtteilsrecht kann sich nach anderen Regeln vollziehen. Nach deutschem Erbrecht haben potenzielle Erben danach für den Fall ihrer Enterbung einen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem bzw. den tatsächlichen Erben. Der Pflichtteil ist nach deutschem Erbrecht in Geld zu leisten. Nach portugiesischem Erbrecht beschränkt der Pflichtteil dagegen den Erblasser in seinen Möglichkeiten, über sein Erbe zu verfügen. Einen Teil davon erben also die Pflichtteilsberechtigten. Ähnlich regelt es das spanische Erbrecht. Bestimmte Erben darf der Erblasser nicht außen vor lassen.

Das Erbe nicht dem Zufall überlassen durch die Wahl des Erbrechts

Diese Folge der Erbrechtsverordnung ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Jeder kann mittels letztwilliger Verfügung durch Testament oder Erbvertrag Vorkehrungen treffen und das im Todesfall geltende Erbrecht bestimmen. Voraussetzung ist nur, dass man die entsprechende Staatsangehörigkeit des gewählten Erbrechts besitzt. Jeder, der längere Zeit im Ausland verbringt oder verbringen möchte, sollte sich daher erbrechtlich beraten lassen. Insbesondere bei einer bereits getroffenen Regelung des Erbes gilt: Jetzt überprüfen, damit sich der eigene letzte Wille auch verwirklicht.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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