Auskunftsverweigerungsrecht - § 55 StPO - Wann darf ich als Zeuge schweigen?

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Mit der Zeugenpflicht geht die Pflicht einher, als Zeuge die Wahrheit zu sagen. Das bedeutet, dass man alles erzählen muss, woran man sich erinnern kann. Man darf nichts weglassen oder sich etwas einbilden, was sich nicht zugetragen hat.

In § 55 StPO heißt es:
"Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden."

Wenn man sich also durch eine wahrheitsgemäße Aussage selbst oder einen der in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr aussetzt, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, darf man schweigen. Man beruft sich dann auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO.


Es reicht aus, dass durch eine wahrheitsgemäße Aussage die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens droht. Eine sichere Erwartung der Strafverfolgung ist nicht erforderlich.

Über das Bestehen eines Auskunftsverweigerungsrechts entscheidet der Richter in der Hauptverhandlung.


Über die Reichweite des Auskunftsverweigerungsrechts wird unter uns Juristen oft gestritten. Manchmal gibt es bereits ein rechtskräftiges Urteil gegen den Zeugen zu dem Tatkomplex, der befragt werden soll. Dann ist fraglich, ob er sich noch auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen kann. "Ausnahmsweise ist aber auch in solchen Fällen eine Verfolgungsgefahr dann nicht auszuschließen, wenn zwischen der abgeurteilten Tat und anderen Straftaten, deretwegen der Zeuge noch verfolgt werden könnte, ein so enger Zusammenhang besteht, dass die Beantwortung von Fragen zu der abgeurteilten Tat die Gefahr der Verfolgung wegen dieser anderen Taten mit sich bringt." (BGH, Urt. v. 6.4.2017 − 3 StR 5/17 (LG Verden)). 


Daneben gibt es noch die so genannte "Mosaiktheorie". Danach dürfen auch zunächst unverfängliche Fragen vom Zeugen nicht beantwortet werden, weil sich aus der Gesamtschau doch eine Strafbarkeit des Zeugen ergeben kann.


Wann und ob man sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen kann, kann verschiedenen rechtlichen Hürden unterliegen. Besondere Fallkonstellationen können sich etwa dann ergeben, wenn das eigene Strafverfahren gegen den aussagenden Zeugen nur vorläufig eingestellt worden ist. In solchen Fällen rate ich dringend dazu, einen Zeugenbeistand hinzuzuziehen. Mit diesem kann auch geklärt werden, wie weit das Auskunftsverweigerungsrecht reicht.

Sie haben eine Vernehmung zur Zeugenaussage erhalten und sind unschlüssig, ob Sie aussagen müssen? 

Kontaktieren Sie mich gerne unter 042124444200 oder ms@kanzleiw.de 

Ihre Fachanwältin für Strafrecht

Marielle Schmöe

www.kanzleiw.de

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