Kündigung und Austritt aus einer GmbH

  • 6 Minuten Lesezeit

Kündigung des (Minderheits-)Gesellschafters bei fehlender Satzungsregelung

Zwar stellt die GmbH nach wie vor einer der beliebtesten deutschen Gesellschaftsformen dar, jedoch kann sich diese für einen austrittswilligen Gesellschafter bei fehlender Regelung in der GmbH-Satzung zu einer Falle entwickeln, aus der er nur sehr schwer herauskommt. Unter Fachkreisen spricht man auch des Öfteren von einer „Einmauerung“ des Gesellschafters. Grund hierfür ist, dass das GmbHG für den Gesellschafter keine Kündigungsmöglichkeit vorsieht. 

Gerade bei kleineren Gesellschaften mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis bei der die persönliche Mitarbeit von ausschlaggebender Bedeutung ist, besteht ein hohes Konfliktpotential, da der Minderheitsgesellschafter bei Beschlüssen oft überstimmt und/oder unterdrückt wird, was ihm das weitere Verbleiben in der Gesellschaft sehr erschwert.

Auslöser für den Ausscheidungswunsch des Gesellschafters sind hierbei vielfältig und können in der Sphäre der Gesellschaft (z.B. keine Rentabilität, Geschäftsgegenstand wird abgeändert oder ergänzt, neuer Geschäftsführer tritt ein), des Gesellschafters selbst (z.B. Alter, Krankheit oder berufliche Neuorientierung) oder aber auch in der Sphäre der Mitgesellschafter (z.B. Unterschiedliche Ansichten über die Gewinnverwendung, Ausrichtung der Gesellschaft oder Wechsel des Mehrheitsgesellschafters) liegen.

Unabhängig davon, aus welchen Gründen der betroffene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden möchte, verbleiben ihm im Falle fehlender Regelungen in der GmbH-Satzung nur wenige Möglichkeiten, seine Gesellschafterstellung loszuwerden und seinen Abfindungsanspruch geltend zu machen. Grund für das Fehlen einer gesetzlich geregelten Kündigungsmöglichkeit ist zum einen der Schutz der Gesellschaft vor Liquiditätsabflüssen durch Abfindungsauszahlungen an ausscheidende Gesellschafter und zum anderen der Schutz des Gesellschafterbestands. Man möchte absichtlich die Fungibilität, d.h. die Verkehrsfähigkeit von Geschäftsanteilen beschränken und verweist die Gesellschafter zum einen auf Ihre Möglichkeit, ihre Austrittsmöglichkeit autonom in der GmbH-Satzung zu regeln (was jedem Gesellschafter wärmstens zu empfehlen ist), zum anderen auf die gesetzlich gegebene Möglichkeit, ihren Geschäftsanteil zu veräußern (§ 15 GmbHG).

Beide Möglichkeiten werden aber nur begrenzt genutzt bzw. lassen sich auch nur begrenzt umsetzen. Zum einen machen sich die Gesellschafter in der Euphorie der Gründungsphase über ihre Kündigungsmöglichkeit wenig Gedanken bzw. wollen sich hierüber noch keine Gedanken machen (zumal vielen nicht bewusst ist, dass gar keine gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten bestehen), zum andern ist die Weiterveräußerung der Geschäftsanteile (sofern überhaupt ein Käufer gefunden werden kann) in den meisten Satzungen von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig (Vinkulierung), welche oftmals verweigert wird. 

Folglich verbleibt dem austrittswilligen Gesellschafter nur noch (1) die Kündigung aus sogenanntem „wichtigem Grund“, (2) die Auflösungsklage oder (3) die Provokation zum Zwangsausschluss durch die Mitgesellschafter.

1.     Kündigung der Gesellschafterstellung aus „wichtigem Grund“

Da die Gesetzgebung bis dato die wichtigen Gründe für den Austritt des Gesellschafters nicht normiert hat, ist man diesbezüglich auf die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze angewiesen, allerdings wurden diese immer im Rahmen des dort zu beurteilenden Einzelfasses entwickelt und geben daher keine Garantie dafür, dass sie auf den jeweilig zu entscheidenden Fall übertragen werden können.

Der Leitgedanke, der eine Kündigung aus „wichtigem Grund“ erlaubt, besteht in der Annahme, dass jedes auf Dauer angelegte Rechtsverhältnis unter bestimmten Umständen, sozusagen als „Notrecht“ auch wieder kündbar sein müsse. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt ein sogenannter „wichtiger Grund“ dann vor, „...wenn Umstände vorliegen, die dem austrittswilligen Gesellschafter den weiteren Verbleib in der Gesellschaft unzumutbar machen.“ Ob dieser gegeben ist, wird durch eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles sowie der Interessen der hieran beteiligten Parteien getroffen. Folglich wird im Rahmen der Abwägung überprüft, ob die Kündigungsgründe des betroffenen Gesellschafters, aus welcher Spähe sie auch immer stammen mögen, derart schwer sind, so dass sie gegenüber den Interessen der Gesellschaft und den anderen Mitgesellschaftern überwiegen und deswegen vorzugswürdig sind. Das die Abwägung an sich, mögen sie auch anhand von objektiven Kriterien bestimmt werden, letzend auf subjektiver Ebene erfolgt und entscheiden wird, stellt für den austrittswilligen Gesellschafter eine große Unsicherheit dar und erschwert deren Praxistauglichkeit.

2.     Die Auflösungsklage nach § 60 GmbHG

Sofern der austrittswillige Gesellschafter mit seiner Auflösungsklage Erfolg haben sollte, zahlt er hierfür einen hohen Preis, da er statt den wahren (Verkaufs-)Wert seines Geschäftsanteils, der sich in der Regel nach dem Fortführungswert orientiert, hier leidglich den Liquidationserlös, d.h. den Zerschlagungswert erhält. Zwar kann die Einreichung einer Auflösungsklage bei den übrigen Gesellschaftern den Druck zum Abkauf des Geschäftsanteils des austrittswilligen Gesellschafters zur Verhinderung der Zerschlagung deutlich erhöhen, allerdings ist auch dieses Vorgehen auf „wackligen Füßen“ aufgebaut, da man auf die „richtige“ Reaktion der Mitgesellschafter baut und auf den Verkauf der Anteile spekuliert.

Ohnehin stellt die Auflösungsklage aufgrund ihrer begrenzten Anwendungsmöglichkeit keine große Praxisrelevanz dar, da sie nur dann in Betracht kommt, wenn alle anderen Ausscheidungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind (Ultima Ratio-Prinzip). Ferner setzt sie voraus, dass die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich wurde oder wenn andere Gründe vorliegen, die nur in der Sphäre der Gesellschaft liegen. Damit kommt die Auflösungsklage bei Gründen, die bei dem austrittswilligen Gesellschafter selbst oder bei seinen Mitgesellschaftern liegen, schon gar nicht in Betracht.

3.     Provozierung des eigenen Gesellschafterausschlusses durch die Mitgesellschafter

Diese Handlungsoption kommt nur dann in Betracht, wenn ebenfalls alle anderen ausgeschöpft sind, d.h. wenn weder die von der Rechtsprechung anerkannten „wichtigen Gründe“ für eine Kündigung, noch die Voraussetzungen für die Auflösungsklage vorliegen. Sie stellt vielmehr eine Verzweiflungshandlung des austrittswilligen Gesellschafters dar, weil er sonst nicht mehr weiterweiß, wie er sich von seiner „Einmauerung“ befreien soll.

Trotz dieser nahezu ausweglosen Lage, sollte der provozierte Ausschluss genau bedacht werden, da sie mit sehr hohen Gefahren und Unsicherheiten verbunden ist. Zunächst muss der Gesellschafter erstmal einen derart „wichtigen Grund“liefern, der den weiteren Verbleib in der Gesellschaft für die Mitgesellschafter unzumutbar macht und somit zu dessen zwangsweisen Ausschluss rechtfertigt. Sind solche in der Satzung nicht aufgezählt, so ist man hier wiederum auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze angewiesen. Diese liegen grundsätzlich nur bei sehr schwerwiegenden Gründen vor, so z.B. bei treuwidrigen Handlungen, die Mitgesellschafter und/oder die Gesellschaft akut gefährden oder schädigen (wie z.B. strafrechtliche Handlungen, Verletzung von Wettbewerbsverboten oder Weitergabe von wichtigen Geschäftsgeheimnissen). Ferner müssen die Provokationshandlungen dazu führen, dass sich die Mitgesellschafter dazu veranlasst sehen, den provozierenden Gesellschafter aus der Gesellschaft (meistens durch die Einziehung seines Geschäftsanteils) auszuschließen, d.h., es bedarf einer Aktivität der Mitgesellschafter. Unterbleibt diese oder reichen die wichtigen Gründe für den Zwangsausschluss des Provokateurs nicht aus, so fühlt sich der austrittswillige Gesellschafter dazu genötigt, schwerwiegendere Gründe vorzulegen, um damit seine „Lästigkeit“ zu erhöhen. Gerade hierdurch riskiert er neben der Beschränkung seines Abfindungsanspruchs (meistens satzungsrechtlich geregelt) eine hohe Strafe oder er wird mit hohen Schadensersatzforderungen konfrontiert, die die Höhe seines vermeintlichen Abfindungsanspruches bei weitem übersteigen können. Schließlich kommt der erwartete Zwangsausschluss auch dann nicht zustande bzw. ist dann als unwirksam anzusehen, wenn die Gesellschaft die Abfindungssumme des ausgeschlossenen Gesellschafters nicht aus ihrem ungebundenen Vermögen zahlen kann (sofern sie nicht einen Dritten oder einen Mitgesellschafter findet, der die Anteile des ausgeschlossenen übernimmt).

Diese hohen Anforderungen, gepaart mit der Gefahr von hohen Schadensersatzforderungen macht den provozierten Ausschluss als Handlungsoption für den Austritt des Gesellschafters von wenigen Ausnahmen abgesehen, nahezu praxisuntauglich.

Wie oben aufgezeigt wurde, sind die Austritts- bzw. Kündigungsmöglichkeiten bei fehlender Satzungsregelungen nur sehr eingeschränkt gegeben und bedürfen einer gründlichen rechtlichen Überprüfung, bevor der Austritt erklärt, geschweige denn eine Auflösungsklage eingereicht wird.

Die Anwaltskanzlei Hermann & Partner übernimmt die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung von Gesellschaften und Gesellschaftern beim Streit über die Ausschließung, Entschädigung und Abberufung von (Gesellschafter-) Geschäftsführern sowie alle anderen Fragen im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsrecht. Anwaltskanzlei Hermann & Partner berät Sie bereits im Vorfeld des freiwilligen oder erzwungenen Ausscheidens und entwickelt Strategien für den Fall des Ausschlusses. Des Weiteren trifft die Kanzlei Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz und erwirkt beispielsweise einstweilige Verfügungen im Zusammenhang mit dem Ausschluss.

Wenn Sie mehr über Ihre Rechte erfahren möchten, so senden Sie uns bitte eine E-Mail mit der Angabe Ihres Namens, Ihrer Anschrift, Ihrer E-Mail-Adresse und Ihrer Telefonnummer und teilen uns den entsprechenden Sachverhalt mit. Wir werden dann unmittelbar zu Ihnen Kontakt aufnehmen und können die weitere Vorgehensweise gemeinsam abstimmen.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt (zertifizierter Compliance-Officer) Daniel Hermann

Beiträge zum Thema