Bedeutung der Regierungsklagen gegen US-Institute für Lehman-Anleger

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Bei Vergleichen stellt sich für die Lehman-Geschädigten die Frage nach weiteren Schuldnern. Nach der folgenden Auflistung sind weitere Ansprüche gegen Institute möglich, aber nicht gegen die Deutsche Bank AG.

I. Überblick über die Klagen

Die Federal Housing Finance Agency, in ihrer Funktion als „Conservator for the Federal National Mortgage Association and the Federal Home Loan Mortgage Corporation", hat im Zusammenhang mit dem Erwerb hypothekengesicherter Wertpapiere im Zeitraum von September 2005 bis November 2007 gegen insgesamt 17 Kreditinstitute Schadensersatzklagen erhoben.

Anspruchsgrundlagen sind jeweils prospekthaftungsrechtliche Tatbestände aus dem US-Wertpapierrecht (§§ 11, 12(a(2, 15 des Securities Act 1933, ferner in einigen Fällen einzelstaatliches Recht sowie das Common-Law-Rechtsinstitut der „fahrlässigen Falschdarstellung" (negligent misrepresentation); in einigen Fällen werden auch Ansprüche im Zusammenhang mit vorsätzlicher, betrügerischer Falschdarstellung geltend gemacht.

II. Anspruchsgegner

Wie oben gesagt, werden Ansprüche im Zusammenhang mit Prospekthaftung bzw. Falschdarstellung nach Common Law geltend gemacht.

Prospektverantwortlich (und damit haftbar nach dem US-Wertpapierrecht) sind:

1. gemäß § 11 des Securities Act 1933,

-       jede Person, die die Registrierungsunterlagen (registration statement) für das betreffende Wertpapier unterzeichnet;

-       jede Person, die beim Emittenten zur Zeit der Einreichung der Registrierungsunterlagen die Funktion des Geschäftsführers erfüllte oder deren Geschäftsführer (oder persönlich haftender Gesellschafter war);

-       jede Person, die in den Registrierungsunterlagen mit ihrer Einwilligung als Geschäftsführer, persönlich haftender Gesellschafter oder als Person mit ähnlicher Funktion genannt wird (dies gilt auch, wenn die Bestellung zeitnah erfolgen soll);

-       jeder Buchhalter, Ingenieur oder Gutachter oder sonstiger Berufsträger, der mit seinem Einverständnis namentlich in den Registrierungsunterlagen erwähnt wird (u. U.; vgl. Gesetzestext);

-       jeder Underwriter.

2. gemäß § 12 (a(2 des Securities Act 1933,

-       jede Person, die unter Nutzung eines Prospekts, der falsche Darstellungen enthält, ein Wertpapier zum Verkauf anbietet oder verkauft (u. U.;  vgl. Gesetzestext).

3. gemäß § 15 des Securities Act 1933,

-       jede Person, die auf eine nach den §§ 11, 12 des Securities Act 1933 einen beherrschenden Einfluss ausübt („Person" im Sinne des Securities Act umfasst natürliche und juristische Personen).

Eine Haftung anderer Banken könnte sich also dann ergeben, wenn sie Lehman Brothers Papiere unter Nutzung eines falschen, von Lehman Brothers erstellten Prospekts zum Verkauf anbieten oder verkaufen, oder wenn sie - etwa als Underwriter - an der Erstellung eines Lehman Brother Registration Statement (inkl. Prospekts) mitgewirkt haben, oder wenn sie - was wohl nicht einschlägig ist - beherrschenden Einfluss ausüben konnten.

III. Die Rolle von Lehman Brothers in den einzelnen Klagen

1. Klage gegen Ally Financial Inc. u. a.: Lehman Brothers (LB war Underwriter für zwei der streitgegenständlichen Wertpapiere), namentlich RALI 2006-Q08 und RALI 2006-Q09 (S. 22 der Klageschrift); LB hat diese Wertpapiere auch an die Geschädigte verkauft (S. 60 der Klageschrift).

2. Klage gegen Bank of America u. a.: LB spielt keine Rolle.

3. Klage gegen Barclys Bank plc u. a.: LB spielt keine Rolle.

4. Klage gegen Citigroup, Inc. u.a.: LB spielt keine Rolle.

5. Klage gegen Countrywide Financial Corporation u. a.: LB war Selling Underwriter für zehn der streitgegenständlichen Wertpapiere, namentlich CWALT 2005-67 CB; CWALT 2005-85 CB; CWL 2005-8; CWL 2006-12; CWL 2006-13; CWL 2006-17; CWL 2006-4; CWL 2006-5; CWL 2007-8; CWL 2007-9 (S. 24ff. der Klageschrift).

6. Klage gegen Credit Suisse Holdings USA u. a.: LB war Lead Underwriter (zusammen mit Credit Suisse Securities) für zwei der streitgegenständlichen Wertpapiere, namentlich INABS 2006-B und INABS 2006-E (S. 19 der Klageschrift), und haben diese auch an die Geschädigte verkauft (S. 85 der Klageschrift).

7. Klage gegen Deutsche Bank AG u. a.: LB spielt keine Rolle.

8. Klage gegen First Horizon National Corporation: LB war Underwriter (mit anderen) für eines der streitgegenständlichen Wertpapiere, namentlich FHAMS 2005-AA11 (S. 17 der Klageschrift.

9. Klage gegen General Electric Company u. a.: LB spielt keine Rolle.

10. Klage gegen Goldman Sachs & Co.: LB spielt keine Rolle.

11. Klage gegen HSBC u. a.: LB spielt keine Rolle.

12. Klage gegen JP Morgan u. a.: LB war Lead Underwriter (in zwei Fällen mit WaMuCapital) für vier der streitgegenständlichen Wertpapiere, namentlich LBMLT 2005-3; LBMLT 2006-4; LBMLT 2006-WL2; LBMLT 2006-WL3 (S. 42f. der Klageschrift. Für drei dieser Wertpapiere übernahm LB auch den Verkauf an die Geschädigten, vgl. S. 194-197 der Klageschrift.

13. Klage gegen Merril Lynch u. a.: LB verkaufte an die Geschädigten eines der streitgegenständlichen Wertpapiere, namentlich OOMLT 2007-1 (S. 102f.).

14. Klage gegen Morgan Stanley: LB spielt keine Rolle.

15. Klage gegen Nomura Holding America, Inc. u. a.: LB war Lead Underwriter für eines der streitgegenständlichen Wertpapiere, namentlich NHELI 2007-3 (S. 16 der Klageschrift. LB verkaufte dieses auch an die Geschädigte (S. 51).

16. Klage gegen Royal Bank of Scotland: LB spielt keine Rolle.

17. Klage gegen Societe General u. a.: LB spielt keine Rolle.

Die Betroffenen sollten ihre Schadensersatzansprüche im Einzelnen anwaltlich prüfen lassen.


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