Begrenzung des nachehelichen Ehegattenunterhalts durch die Neuregelung ab 01.01.2008

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Begrenzung des nachehelichen Ehegattenunterhalts durch die Neuregelung ab 01.01.2008

1. Grundsatz der Eigenverantwortung

Dieser in § 1569 BGB Grundsatz, der bisher durch die Ausnahmen ins Gegenteil verkehrt wurde, ist nunmehr schärfer gefasst: "Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Sofern er dazu außerstande ist, hat er gegen den anderen einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften." Im Gesetzestext ist neu eingefügt das Wort "nur". Damit soll zum Ausdruck kommen, dass ein Unterhaltsanspruch gemessen am Grundsatz der Eigenverantwortung die Ausnahme, aber nicht die Regel ist, und nur in Betracht kommt, wenn einer der folgenden Unterhaltstatbestände vorliegt.

Durch die Neuformulierung des § 1569 BGB hat der Grundsatz der Eigenverantwortung eine neue "Rechtsqualität" erhalten und ist "im weit stärkerem Maße als bisher als Auslegungsgrundsatz für die einzelnen Unterhaltstatbestände heranzuziehen", wie es in der amtlichen Begründung des Gesetzesentwurfs heißt. Ob und inwieweit dieser Auslegungsgrundsatz bei den einzelnen Tatbeständen zum Zuge kommt, wird die Rechtsprechung in den nächsten Jahren erweisen. Dies bedeutet, dass für die Auslegung der folgenden unterhaltsrechtlichen Vorschriften insgesamt strengere Maßstäbe gelten.

2. Betreuungsunterhalt § 1570 BGB, § 1615 l BGB

Die Vorschriften über den Betreuungsunterhalt für den Elternteil (ehelich oder nicht ehelich), der gemeinsame Kinder betreut, sind wesentlich geändert worden. Im einzelnen siehe dazu den gesonderten Beitrag. Bisher dauerte der Betreuungsunterhalt normalerweise bis zum 15. Geburtstag. Ehezeit und Betreuungsdauer wurden zusammengerechnet mit dem Ergebnis, dass eine lange Ehedauer vorlag und häufig lebenslangen Unterhalt zu zahlen war. Damit ist es jetzt vorbei.

3. Angemessene Erwerbstätigkeit, § 1574 BGB

Der geschiedene Ehegatte muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben. Dies kann insbesondere auch eine frühere Erwerbstätigkeit sein mit niedrigerem Einkommen, soweit dies nicht ausnahmsweise unbillig ist.

4. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit gem. § 1578 b BGB.

Diese Vorschrift dürfte in Zukunft in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen über den nachehelichen Unterhalt rücken.

a) Wenn die Voraussetzungen vorliegen, muss der Unterhaltsanspruch gem. Abs. 1 dieses Paragraphen "auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (= ehelicher Lebensstandard) auch unter Wahrung der Belange des Kindes unbillig wäre."

 

b) Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist der Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

 

c) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.

 

Wann wird diese Unbilligkeit angenommen? Wörtlich heißt es im Gesetz: "Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen." Solche Nachteile können sich ergeben aus der

- Dauer der Kindesbetreuung;

- Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit;

- Dauer der Ehe.

In den Mittelpunkt der Prüfung rückt also der Begriff "ehebedingte Nachteile". Es ist zu prüfen, wie der unterhaltsberechtigte Ehegatte stehen würde, wenn er die Ehe nicht eingegangen wäre und wie er jetzt am Ende der Ehe steht. Gerichtsentscheidungen hierzu gibt es bisher noch wenige. In einer Entscheidung vom 16.04.2008, XII, ZR 107/06, hat der Bundesgerichtshof einen Rechtstreit an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen mit der Begründung: "Weil die zum Zeitpunkt der Ehescheidung 49-jährige Ehefrau in der Lage ist vollschichtig in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester zu arbeiten, liegen ehebedingte Nachteile nicht mehr auf der Hand und müssten deshalb gegebenenfalls konkret von der Ehefrau vorgetragen werden. Ein solcher Nachteil ist nicht darin zu erblicken, dass die Ehefrau in der Ehezeit nur sehr geringe eigene Rentenanwartschaften erworben hat, weil zu dieser Zeit der Versorgungsausgleich durchgeführt wird. Das Berufungsgericht soll prüfen und entscheiden, ob und ab wann "der nacheheliche Unterhaltsanspruch entfällt und die Ehefrau darauf verwiesen wird, von ihren eigenen Einkünfte zu leben."

Von Bedeutung ist, dass diese zeitliche Begrenzung für alle Unterhaltstatbestände gilt, soweit die Begrenzung nicht in dem Tatbestand selbst geregelt ist wie beim Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB. Je mehr Nachteile der bedürftige Ehegatte aufgrund der Gestaltung der Ehe hat hinnehmen müssen, desto weniger kommt eine Begrenzung in Betracht. Umgekehrt: Je geringer die Nachteile sind, desto eher kann eine Beschränkung insbesondere des Aufstockungsunterhalts geboten sein. Es wird sich zeigen, inwieweit sich die Rechtsprechung beim Unterhalt wegen Krankheit und beim Unterhalt wegen Alters auf eine Begrenzung einlässt. Beim Aufstockungsunterhalt wird auf jeden Fall die lange Ehedauer als solche nicht mehr maßgeblich sein, sondern man wird prüfen, was die Ehefrau jetzt verdient, und dies mit dem Einkommen vergleichen, das sie verdienen würde, wenn sie nicht geheiratet hätte. War sie bereits bei der Eheschließung Krankenschwester und ist es bei der Scheidung immer noch, wird es einen nennenswerten ehebedingten Nachteil überhaupt nicht geben.

Dies gilt für eine Reihe anderer Berufe auch. War sie dagegen Lehrerin und hat ihren Beamtenstatus wegen der Ehe aufgegeben und arbeitet als Büroangestellte, verdient sie eben mehrere 100,00 € weniger. Dann wird wohl der Unterhaltsanspruch nicht begrenzt werden können. Der Unterhaltspflichtige muss also alle Tatsachen, um darzulegen, dass es unbillig ist, wenn er den vollen Unterhalt weiter zahlt, darlegen. Er muss insbesondere darlegen, dass der Ehefrau keine ehebedingten Nachteile entstanden sind. Dann obliegt es der Unterhaltsberechtigten, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbeschränkung oder für eine längere Zeit der Unterhaltszahlung sprechen.

Steht Unbilligkeit fest, hat das Gericht keinen Ermessenspielraum! Es muss dann herabsetzen oder/und zeitlich begrenzen. Der Unterhaltspflichtige muss darauf hinwirken, dass über die höhenmäßige Begrenzung und/oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts aus Billigkeitsgründen bereits im Rahmen der gerichtlichen Regelung des Unterhalts bei der Scheidung bzw. einer Scheidungsvereinbarung zu befinden ist, falls die betreffenden Tatsachen bereits vorliegen oder die Gründe zuverlässig vorauszusehen sind. Andernfalls kann es sich nach einigen Jahren nicht mehr darauf berufen und eine Abänderungsklage ist ausgeschlossen. Dies bedeutet: Falls der Richter über den nachehelichen Unterhalt durch Urteil entscheidet, sollte der Unterhaltspflichtige im einzelnen beantragen, ab wann eine Begrenzung der Höhe und ab wann eine zeitliche Begrenzung stattfinden soll z.B. ein Jahr 100%, zwei Jahre 50 % Unterhaltszahlung und dann Ende der Zahlung. In gleicher Weise ist bei einer Scheidungsvereinbarung zu berücksichtigen, dass der Unterhalt nicht "unbefristet" festgeschrieben wird, sondern dass z.B. eine der folgenden Regelungen getroffen wird:

"Die Ehegattenunterhaltsregelung wird zunächst befristet bis zum 31.12.2011. Danach wird der Unterhalt unter Berücksichtigung der dann gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ohne Präjudiz der jetzigen Regelung neu geregelt."

Oder

"Der Ehegattenunterhalt beträgt bis zum 31.12.2009 monatlich € 1.000,00 bis zum 31.12.2011 monatlich € 500,00. Ab dem 1.01.2012 verzichten beide Ehegatten wechselseitig auf weiteren Unterhalt und nehmen diesen Verzicht beiderseits an."

Harro Graf von Luxburg, Rechtsanwalt


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