Behandlungsfehler - Hilfe von der Krankenkasse?

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Wenn Sie vermuten, dass es während Ihrer Behandlung zu einem Fehler gekommen ist, dann haben Sie die Möglichkeit, sich an Ihre gesetzliche Krankenkasse zu wenden. Gemäß § 66 SGB V. Krankenkassen sind angehalten, ihre Mitglieder bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen, die sich aus Behandlungsfehlern ergeben. Diese Unterstützung kann insbesondere die Überprüfung der vom medizinischen Unterlagen auf Vollständigkeit und Stimmigkeit, das Einholen weiterer Unterlagen von den Behandlern, und der Anforderung einer sozialmedizinischen Begutachtung durch den Medizinischen Dienst gemäß § 275 Abs. 3 Nr. 4 SGB V sowie eine umfassende Bewertung aller vorhandenen Dokumente, beinhalten. 

Die Krankenkasse holt also ein medizinisches Gutachten ein und beurteilt, ob ihrer Ansicht nach ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht. Für Sie als gesetzlich Versichertem ist diese Information sehr wertvoll, denn Sie können anhand dieses Ergebnisses entscheiden, ob und wie Sie weiter vorgehen. 

Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass Ihre gesetzliche Krankenkasse dieses Gutachten kostenlos einholt. Hier finden Sie die entsprechenden Links der 5 größten Krankenkassen:

Techniker

Barmer 

AOK 

DAK

IKK

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte in diesem Zusammenhang einen Fall zu entscheiden, indem der Versicherte mit der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst nicht einverstanden war und eine weitere Begutachtung begehrte.


LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.05. 2023 – L 16 KR 432/22



Der Kläger, geboren 1956 und Versicherter der beklagten Krankenversicherung, fordert Unterstützungsleistungen aufgrund mutmaßlicher Behandlungsfehler nach einer Zirkumzision (Beschneidung) im Jahr 2019, die er als medizinisch unnötig erachtet. Die Beschneidung führte zu Gesundheitsproblemen wie Impotenz, Schmerzen im Operationsbereich und Depressionen, was den Kläger dazu veranlasste, ein schmerzfreies Genital anzustreben und rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen.

Am 25. Januar 2019 wurde die Beschneidung im Kreiskrankenhaus F. aufgrund der Diagnose Phimose durchgeführt. Der Kläger bezweifelte die Notwendigkeit des Eingriffs, da seiner Ansicht nach keine Phimose vorlag und er über die Operation unzureichend aufgeklärt wurde. Nach der Operation litt der Kläger unter schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen und strebte die Wiederherstellung seines Genitals an, notfalls durch Vorhauttransplantation

Der Kläger wandte sich am 12. Februar 2019 an seine Krankenversicherung und bat um Unterstützung bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen und einer Strafanzeige.- Die Krankenversicherung ließ den Sachverhalt durch den Medizinischen Dienst (MD) begutachten. Der MD konnte keinen Behandlungsfehler feststellten. Daraufhin legte der Kläger Widerspruch ein und legte zusätzliche medizinische Berichte vor, die an dem negativen Ergebnis jedoch nichts änderten. Der Widerspruch wurde zurückgewiese4n.

Der Kläger war damit nicht einverstanden und erhob Klage vor dem Sozialgericht Lüneburg. Er wollte weiterhin eine neue Begutachtung erreichen. Das Gericht befand, dass die Krankenversicherung ihren Verpflichtungen nachgekommen sei und lehnte die Klage ab.

Der Kläger legte Berufung zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ein, wiederholte dabei jedoch im Wesentlichen seine bisherigen Argumente. Aber auch das Landessozialgericht Niedersachse-Bremen stellte fest, dass die Krankenversicherung ihrer gesetzlichen Pflicht zur Unterstützung des Versicherten bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen nach einem möglichen Behandlungsfehler nachgekommen ist. Der Umstand, dass der Kl. mit dem Ergebnis des Gutachtens des MD nicht einverstanden ist, verpflichtet die Krankenkasse nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens. Trotz des Unbehagens und der Unzufriedenheit des Klägers mit dem medizinischen und juristischen Ausgang wurde seine Berufung als unbegründet bewertet, da keine neuen Beweise vorgelegt wurden und die gesetzlichen Anforderungen als erfüllt angesehen wurden. Die Berufung wurde zurückgewiesen.

Foto(s): stock.adobe.com Gpoint Studio


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