Hilfe! Ich habe einen Behandlungsfehler erlitten.

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Nicht immer kann man als Laie einschätzen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt. Es gibt verschiedene Wege dies herauszufinden und gleichzeitig Beweise zu sichern, sodass man seine Ansprüche (Schmerzensgeld oder Schadenersatz) durchsetzen kann. Hier eine Übersicht über die gängigsten Möglichkeiten Gutachten über die Krankenkasse,  Gutachten der Gutachterkommission und ein Gutachten über das selbstständige Beweisverfahren. 

1. Gutachten der Krankenkassen

Zunächst kann man sich an seine Krankenkasse wenden. Dies sollte in jedem Fall der erste Schritt sein, da die Krankenkasse Behandlungsalternativen vorschlägt, einen im besten Fall Hilfestellung leistet und in dem weiteren Weg begleitet. Die Krankenkasse hat jedoch bei einem Behandlungsfehler ebenfalls eigene Interessen, diesen aufzudecken. Die Krankenkasse hat selbst Zahlungen geleistet oder wird Zahlungen leisten müssen, die aufgrund des Behandlungsfehlers entstanden sind. Der Krankenkasse steht daher ein eigener Schadenersatzanspruch zu. In den meisten Fällen leitet die Krankenkasse daher ein eigenes Gutachten ein, um einen Behandlungsfehler aufzudecken.

Über das Ergebnis des Gutachtens können Sie als Patient informiert werden. Positiv ist, dass dieses Gutachten meist verhältnismäßig schnell und ohne Zuzahlungen Ihrerseits erfolgt. Es bleibt jedoch dabei zu beachten, dass das Gutachten auf die Bedürfnisse der Krankenkasse zugeschnitten ist. Es besteht die Gefahr, dass nicht alle für Sie relevanten Aspekte in dem Gutachten behandelt werden. Sie erhalten jedoch einen ersten Eindruck, wie ein unabhängiger Arzt Ihren Fall bewertet und das kostenlos und zeitnah. Wenn Ihre Krankenkasse das anbietet, sollten Sie diese Möglichkeit nicht ausschlagen.

2. Gutachten der Gutachterkommission

Sie können ebenfalls selbst ein Gutachten in Auftrag geben. Hierfür steht die Gutachterkommission der Ärztekammer zur Verfügung. Hier kann ebenfalls kostenlos ein Antrag zur Begutachtung gestellt werden. Auf der Seite der jeweils zuständigen Ärztekammer (z.B. Ärztekammer Nordrhein) kann ein entsprechendes Formular heruntergeladen und ausgefüllt werden. Sodann werden die Patientenunterlagen eingefordert und die Behandlung wird durch unabhängige Ärzte beurteilt.

Das Verfahren ist zwar kostenlos, es bleibt aber zu beachten, dass hier mit einer Verfahrensdauer von ca. 12 Monaten zu rechnen ist. Sollten sodann weitere Fragen verbleiben, zieht sich die Begutachtung über viele weitere Monate. Das Ergebnis ist aber unabhängig und seriös. Die Befürchtung „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ ist in der Praxis meist unbegründet.

Bitte beachten Sie, dass in jedem Fall eine Strafanzeige vermieden wird. Sobald eine Strafanzeige gegen den behandelnden Arzt gestellt wurde, wird ein Gutachten durch die Ärztekammer nicht mehr eingeholt. Dies ist ein striktes KO Kriterium.

Das somit erzielte Gutachten kann den behandelnden Arzt, Krankenhaus o.a. zu einer Zahlung veranlassen, womit das Verfahren beendet wäre. Bitte beachten Sie jedoch, dass bei einem notwendigen Fortgang im Klageverfahren das Gutachten zwar Indizwirkung hat, aber keinen echten Beweis darstellt. Das heißt, dass bei einem Fortgang im Gerichtsverfahren erneut ein Gutachten eingeholt wird, mit derselben Verfahrensdauer. Im Zweifel haben Sie also 12 Monate auf das Gutachten der Kommission gewartet und weitere 12 Monate auf das gerichtliche Gutachten.

Jedoch auch hier gilt eine kostenlose Ersteinschätzung des Falls zu erhalten. Bei einem negativen Ausgang ist ein kostenintensives Gerichtsverfahren obsolet. Bei einem positiven Ausgang bestehen gute Chancen, dass die Kosten des Gerichtsverfahrens von der Gegenseite zu tragen sind.

3. Selbstständige Beweisverfahren

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens. Dies ist ein gerichtliches Verfahren, das dem Klageverfahren vorgelagert wird. Das selbstständige Beweisverfahren hat den Zweck das in einem Klageverfahren notwendige Gutachten bereits vorher einzuholen und sodann entscheiden zu können, ob die Klage Aussicht auf Erfolg hat.

Positiv ist, dass das Gutachten sodann vollständig im nachfolgenden Klageverfahren verwertet werden kann. Anders als bei dem Gutachten der Kommission kann dieses vollständig verwertet werden. Die Verfahrensdauer wird daher verkürzt. Negativ ist jedoch, dass das selbstständige Beweisverfahren bereits mit Kosten verbunden ist. Es entstehen Gerichtskosten sowie Kosten für den Sachverständigen. Vorauszahlungen auf den Sachverständigen werden durchschnittlich in Höhe von 3.000,00 € gefordert. Sofern hier keine Rechtsschutzversicherung greift, sollte man sich die finanziellen Folgen eines Verfahrens ebenfalls überlegen. Die Gerichtskosten als auch die Kosten der Rechtsanwälte richten sich nach der gesetzlichen Kostentabelle. Je höher daher der zu erwartende Schaden desto höher werden auch die Kosten, die nur bei einem vollständigen Sieg auch vollständig von der Gegenseite getragen werden.

Da es sich bei einem selbstständigen Beweisverfahren um ein Gerichtsverfahren handelt, ist es ratsam hier bereits einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Für das Gutachten der Krankenkasse als auch das Gutachten der Gutachterkommission ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts möglich, jedoch nicht erforderlich.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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