Beleidigende Kommentare in sozialen Medien

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Hass-Kommentare in sozialen Medien wie Facebook, Instagram und co. sind heut zu Tage keine neumodische Erscheinung mehr, sondern betreffen mittlerweile die meisten Nutzer. Beleidigungen und Anfeindungen im Internet gehören insbesondere zum Alltag von Personen des öffentlichen Lebens Dies musste auch die Politikerin Sarah Chemli feststellen, die von einem Facebook Nutzer in einem Kommentar als "Dämliches Stück Hirn Vakum" bezeichnet worden ist. Laut dem Landgericht Heilbronn (Urt. V. 22.03.2023, Az. Ko 8 O 85/22) ist diese Aussage jedoch keine Beleidigung und von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Politikerin und ehemalige Staatssekretärin Sarah Chemli hatte sich gegen diesen Hass-Kommentar bei Facebook gewährt und unterlag nunmehr vor dem Landgericht. Das LG Heilbronn wies die Klage ab. In dem Verfahren vor dem LG Heilbronn ging es insbesondere um den nachfolgenden Facebook-Kommentar: 



„Selten so ein dämliches Stück Hirn-Vakuum in der Politik gesehen wie Sawsan Chebli. Soll einfach abtauchen und die Sozialschulden Ihrer Familie begleichen.“



Diesem Facebook-Kommentar ging der folgende Sachverhalt voraus: Der Ersteller des streitgegenständlichen Beitrags kommentierte einen kritischen Beitrag des CDU-Politikers Jan Redmann über einen Beitrag von Sawsan Chebli, in dem sich die Politikerin kritisch über den Kabarettisten Dieter Nuhr geäußert hatte.



Cheblis ursprünglicher Beitrag lautete wie folgt: 


„Immer wieder Dieter#Nuhr: so ignorant, dumm und uninformiert. Er nur Witze auf Kosten von Minderheiten machen. Wie lange will @ARDde das mitmachen? Unabhängig davon: Kauf das Buch von @alicehasters und bildet euch antirassistisch. Ich verschenke ein paar davon zu Weihnachten.“



Auf diesen Beitrag Cheblis reagiert Beklagte des vorliegenden Verfahrens mit dem oben stehenden Kommentar. Chebli war der Auffassung, dass der gegen Sie gerichtete Beitrag unrechtmäßig sei. Sie stützte ihre Klage auf die Behauptung, die Äußerung des Beklagten enthalte im ersten Satz insbesondere eine Beleidigung nach § 185 StGB und im zweiten Satz eine üble Nachrede im Sinn von § 186 StGB. Sie verletze daher ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 1, Art. 2 GG in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB) und verwirkliche damit rechtswidrig Schutzgesetze im Sinn von § 823 Abs. 2 BGB. 

Der Beklagte wiederum verteidigte sich auf der Tatsachenseite mit der Behauptung, er sei nicht der Urheber der Äußerung. Er habe seinen Laptop mit geöffneter Facebook-Seite im Familienkreis sowie an seiner Arbeitsstelle stehen lassen; vielmehr sehe er auch die Möglichkeit eröffnet, dass er gehackt worden sei. Ohnehin - so der Beklagte - sei, die Äußerung jedoch von seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt.  Nichtsdestotrotz wehrte sich Chebli gegen den Beitrag und forderte von dem Beklagten sowohl Unterlassung als auch die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 5.000 EUR sowie den Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten (Anwaltskosten).



Exkurs:Grundsätzlich haben Sie als betroffene Person einen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Ihrem Rechtsanwalt gegenüber bleiben zwar Sie selbst Kostenschuldner, Ihr Rechtsanwalt wird die entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung im Rahmen der Abmahnung jedoch bei der Gegenseite direkt für Sie geltend machen. 



Das LG Heilbronn war entgegen der Position von Chebli der Meinung - der streitgegenständliche Facebook-Kommentar sei von der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG gedeckt. Der gegen Chebli gerichtete Kommentar sei insbesondere mehrschichtig und sei daher differenziert zu betrachten. Insbesondere der Teil des gegenständlichen Facebook-Kommentars - Chebli solle die Sozialschulden Ihrer Familie begleichen - handele es sich um eine Mischäußerung, die sowohl Tatsachen als auch wertende Elemente enthalte. 


Dazu äußerte sich das LG Heilbronn wie folgt: 

,,Die Behauptung erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Familie der Klägerin nach Deutschland eingewandert ist. Sie wurde indes nicht deshalb geäußert, weil der Beklagte davon ausging, die Familie hätte tatsächlich „Sozialschulden“, sondern sie beinhaltet ein Element der Wertung hinsichtlich der Praxis sozialer Unterstützung von Einwandererfamilien in Deutschland an sich.''



Auch der Teil des Facebook Kommentars, der Chebli als - dummes Stück Vakuum - bezeichnete, sei laut LG Heilbronn von der Meinungsfreiheit gedeckt. Hier berücksichtigte das LG Heilbronn insbesondere die dem Facebook-Kommentar des Beklagten vorausgegangene Meinungsäußerung. Chebli selbst habe nämlich ein vergleichbares Vokabular wie ,,dumm" und ,,ignorant" im Rahmen Ihres Facebook-Kommentars verwendet. Aus diesem Grund müsse Sie mit vergleichbaren Gegenäußerungen rechnen und aus diesem Grund eben solche auch aushalten. 



Wie können Sie sich gegen Hass-Kommentare im Netz wehren?

Gegen Sie gerichtete Beleidigungen im Netz sollten Sie sich unbedingt wehren. Sind Sie selbst Opfer einer beleidigenden Äußerung im Netz geworden können Sie als Betroffener selbst diese auf der jeweiligen Plattform melden. Wenn die Plattformen nicht tätig werden, empfehlen wir Ihnen dringend einen erfahren Rechtsanwalt zu kontaktieren. Dieser wird für Sie umfangreich prüfen, welche Vorgehensweise in Ihrem konkreten Fall sinnvoll erscheint, um die beleidigende Äußerungen zu unterbinden. Zum einen besteht die Möglichkeit, sich an die Plattformen selbst direkt zu melden und von den Vorgaben des NetzDG (Netzwerkdurchsetzungsgesetzes) Gebrauch zu machen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Verbreiter der rechtswidrigen Inhalte zur Unterlassung aufzufordern. Ihr Rechtsanwalt wird diesen persönlich für Sie kontaktieren und ggf. zur Unterlassung und Löschung auffordern. Sind ebenfalls die Voraussetzungen der strafbaren Beleidigung nach § 185 StGB erfüllt, so besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. 



Kontaktieren Sie uns und erhalten noch heute eine Ersteinschätzung.


Rechtsanwältin Dagmara Döll, LL.M 

Email: dagmara.doell@rechtsatelier-kanzlei.de

Telefon: +49 221 20194638

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