Anzeige wegen Besitz von Kinderpornos – Ist eine Einstellung des Verfahrens möglich?

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Anzeige wegen Besitz von Kinderpornos – Ist eine Einstellung des Verfahrens möglich?

Wird Ihnen der Besitz kinderpornografischer Schriften vorgeworfen, kann dies nicht nur in rechtlicher Hinsicht unangenehme Folgen haben. Steht ein Verstoß gegen § 184b StGB im Raum, hat dies erfahrungsgemäß in erster Linie sozial missliebige Folgen. Der prominente Fall Edathy hat gezeigt, dass bereits ein Anfangsverdacht ausreicht, um den öffentlichen Ruf sowie die berufliche Karriere zu zerstören. Daher sollte man wissen, wann überhaupt eine strafbare Handlung vorliegt, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben können und wie diese Rechtsfolgen insbesondere möglichst gering gehalten werden können. Die Antworten auf diese Fragen möchte ich in diesem Rechtstipp für Sie skizzieren.

 In diesem Rechtstipp erfahren Sie folgendes:

  • Was gilt als Kinderpornografie?
  • Wann macht man sich im Umgang mit Kinderpornographie strafbar?
  • Welche Strafen drohen?
  • Wie läuft ein Strafverfahren wegen Besitz von Kinderpornographie ab?
  • Ist eine Einstellung des Verfahrens möglich?
  • Wie soll ich mich bei einer Anzeige verhalten?

Weitere Fragen beantworte ich Ihnen gern per WhatsApp.

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Was gilt als Kinderpornographie?

Kinder sind laut gesetzlicher Definition Menschen unter 14 Jahren. Bei realen Darstellungen ist der § 184b StGB immer dann anzuwenden, wenn es sich bei der dargestellten Person tatsächlich um ein Kind handelt. Eine kinderpornographische Schrift liegt aber auch dann vor, wenn die Darsteller zwar älter als 14 Jahre sind, aber von einem objektiven, gewissenhaft urteilenden Beobachter als Kinder eingeordnet werden ("Scheinkinder"). Dies gilt auch für fiktive Darstellungen pornographischen Inhalts. Als Pornographie gelten alle Darstellungen, die ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes zielen. Werden sexuelle Handlungen von Kindern geschildert, ohne dass dabei ein sexueller Reiz erzielt werden soll, liegt keine kinderpornografische Schrift vor. Beispiele hierfür sind wissenschaftliche Fachliteratur oder seriöse Romane. Wenn die Schrift insgesamt pornografisch ist, ist eine Häufung von kinderpornografischen Szenen nicht notwendig. Schon bei einer einschlägigen Szene wäre die Schrift strafrechtlich relevant.

Im Detail liegt pornografisches Material vor, wenn sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern gezeigt bzw. beschrieben werden. Neuerdings fallen auch Abbildungen in den Anwendungsbereich, die zwar keine sexuellen Handlungen an sich, aber den kindlichen Körper in einer unnatürlich geschlechtsbetonenden Haltung zeigen. Hierunter fällt das sogenannte "Posing". Für einen objektiven, nicht pädophilen Betrachter muss sich der Sinn, also die Erzielung eines sexuellen Reizes, der durch die Abbildungen verfolgt werden soll, ergeben. Ferner werden nun auch Abbildungen der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes des Kindes erfasst, sofern die Abbildungen einen sexuell aufreizenden Charakter haben. Dies ergibt sich aus dem Kontext des Einzelfalls.


Wann macht man sich im Umgang mit Kinderpornografie strafbar?

Um es kurz zu sagen: Jedweder Umgang mit kinderpornografischem Material ist verboten. In der Praxis haben die Tatbestände der Verbreitung und des einfachen Besitzes die höchste strafrechtliche Relevanz. 

Die Pönalisierung des Besitzes kinderpornografischen Materials soll eine Strafbarkeit für Konsumenten herstellen. Strafbar ist jedoch nur der Besitz von Schriften, die tatsächliche oder wirklichkeitsnahe Geschehnisse zum Inhalt haben. Dies ist der Fall, wenn die Schrift für einen durchschnittlichen, nicht sachverständigen Beobachter wie die Dokumentation eines realen Missbrauchs aussieht. Fiktive Darstellungen werden daher explizit vom Tatbestand ausgeschlossen. Besitz liegt vor, sofern ein sogenanntes tatsächliches Herrschaftsverhältnis über die Schrift besteht. Dieses besteht beispielsweise schon dann, wenn Schlüssel für einen Raum übergeben werden, in dem diese gelagert werden.

Bei der Nutzung von Telemedien besteht ein Herrschaftsverhältnis unstreitig nach dem Herunterlanden und Speichern der Abbildungen. Die Herrschaftsgewalt über den Datenträger ist dabei nicht notwendig. Es reicht bereits aus, wenn es in der eigenen Hand liegt, die Abbildungen wahrnehmbar zu machen, zum Beispiel, wenn diese auf einem fremden Server mittels Cloud Computing gespeichert sind. Werden Vorschaubilder, sogenannte Thumbnails, gefunden, ist dies ein Indiz dafür, dass die dazugehörigen Bilddateien heruntergeladen und abgespeichert wurden. Es gab sogar Fälle, in denen Besitz bejaht wurde, weil die Abbildungen im Browser Cache gespeichert oder bloß auf dem Bildschirm sichtbar wurden.

Der Fall Edathy hat den Behörden gezeigt, dass beim Besitz von Kinderpornografie bisher einige Strafbarkeitslücken vorgelegen haben. Dies führte nicht nur dazu, dass der § 184b StGB reformiert wurde. Die Strafbarkeit ist auch erweitert worden. So findet sich in Bezug auf die Telemedien gem. § 184d StGB eine erweiterte Strafbarkeit des Abrufens kinder- und jugendpornographischer Inhalte mittels Telemedien, die über den Besitz gem. § 184b StGB hinausgeht. Zuvor war der Besitz von Abbildungen nackter Personen unter 18 Jahren in natürlicher oder vermeintlich natürlicher Lebenssituation nicht strafrechtlich relevant. Diese Lücke wurde nun mit dem § 201a III Nr. 2 StGB geschlossen, sofern sich der Besitz gegen ein Entgelt verschafft wird.


Welche Strafen drohen?

Aufgrund der ansteigenden Statistiken versteht die Staatsanwaltschaft bei Taten im Umgang mit kinderpornographischem Material keinen Spaß, und die gesetzlich vorgesehenen Strafen haben es dementsprechend in sich!

Gemäß § 184b StGB wird der Besitz mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und bis zu fünf Jahren bestraft. Auf Verbreitung, Verkauf, oder auch die Herstellung entsprechender Inhalte stehen Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren.

Eine Geldstrafe ist gesetzlich nicht vorgesehen. Bei einer Verurteilung für eine Tat im Zusammenhang mit kinderpornographischen Schriften ist also von einer Freiheitsstrafe auszugehen. Das konkrete Strafmaß hängt von den Umständen des  Einzelfalles ab und liegt im Ermessen des zuständigen Gerichts. 

Wie läuft ein Strafverfahren ab?

Da nicht schon allein die Verurteilung wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften, sondern bereits das Ermittlungsverfahren höchst unangenehme soziale Folgen hat, ist es wichtig, den groben Ablauf dieses Verfahrens zu kennen. Zunächst braucht es einen Anfangsverdacht. Dieser darf nicht schon bei straflosem Vorverhalten angenommen werden. Ein Anfangsverdacht kann sich daraus ergeben, wenn Indizien darauf hindeuten, dass der Beschuldigte wegen pädophiler Neigungen auch Kinderpornografie konsumiert, zum Beispiel bei wiederholtem Erwerb von Nacktaufnahmen gem. § 201a StGB. Mithilfe der Abfrage von Kreditkartendaten lassen sich Personen ermitteln, die kinderpornographische Medien erworben haben. Liegt ein Anfangsverdacht vor, wird ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Der Beschuldigte muss dann in der Regel mit einer Hausdurchsuchung rechnen. Was das bedeutet, und wie man sich in einem solchen Falle verhalten sollte, erfahren Sie hier.

Bei der Hausdurchsuchung werden Speichermedien und Datenträger wie Festplatten und Computer beschlagnahmt. Die darauf gespeicherten Daten werden sodann von Gutachtern der Polizei ausgewertet. Dies nimmt unter Umständen eine Zeit von 1-3 Jahren in Anspruch.  Anschließend ist damit zu rechnen, dass der Beschuldigte aufgefordert wird, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Hierbei geht es nicht darum, Ihnen eine Chance zu geben, sondern darum, weiteres belastendes Material aus Ihrem eigenen Mund zu erhalten. Daher sollten Sie die Kommunikation mit Polizei und Staatsanwaltschaft unbedingt einem Rechtsanwalt überlassen und selbst keinerlei Aussagen machen. 


Ist eine Einstellung des Verfahrens möglich?

Allein durch die Hausdurchsuchung wird der Sachverhalt meist öffentlich. Es wird für den Betroffenen jedoch unangenehmer, je länger das Ermittlungsverfahren dauert. Mein Ziel in der Strafverteidigung ist es daher, das Verfahren so schnell wie möglich zu beenden und meinem Mandanten eine peinliche öffentliche Hauptverhandlung zu ersparen. Wird bei der Hausdurchsuchung jedoch wirklich inkriminierendes Material gefunden, stellt sich die Frage, ob eine Verfahrenseinstellung überhaupt noch möglich ist. Grundsätzlich kann man diese Frage erst einmal bejahen. Es kommt immer noch eine Verfahrenseinstellung gegen Auflagen nach § 153a StPO in Betracht. Die Anwendung dieser Norm hängt jedoch vom Einzelfall ab. Hierbei sind unter anderem folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Die Anzahl der Bild- und Filmdateien ist vergleichsweise gering und es erfolgt kein gezieltes Verbreiten durch den Beschuldigten.
  • Der Besitz beschränkt sich auf ein Anklicken der Dateien, verbunden mit einer automatischen Speicherung im Browsercache. Die Einstellung bei einem gezielten Verbreiten ist sehr viel unwahrscheinlicher.
  • Handelt es sich um Posing, ist die Verfahrenseinstellung wahrscheinlicher als bei der Darstellung sexueller Handlungen.
  • Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft und der angeklagte Zeitraum liegt bereits einige Zeit zurück. Eine Verjährung bei Besitz kommt in fünf Jahren in Betracht.
  • Bereits durch das bisherige Verfahren fand eine Rufschädigung statt, die die berufliche und private Existenz des Beschuldigten zerstört hat.

Auch prozessökonomisch ist eine Verfahrenseinstellung oft sinnvoll. Für den Beschuldigten hat dies den Vorteil, dass ihm zum einen die Hauptverhandlung erspart bleibt und zum anderen mit der Einstellung keine Schuld festgestellt wird. Im bereits angesprochenen Fall von Edathy wurde das Verfahren gem. § 152a StPO gegen eine, für einen Bundestagsabgeordneten vergleichsweise geringe Geldauflage, von 5.000 € eingestellt.


Wie soll ich mich bei einer Anzeige verhalten?

Ihr Verhalten im Falle eines Ermittlungsverfahrens ist von ausschlaggebender Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens! Es hängt viel davon ab, ob Sie Ihrem Strafverteidiger alle Wege offen halten, oder verbauen. Beachten Sie daher unbedingt die beiden goldenen Regeln des Strafrechts:

  1. Schweigen ist Gold. Mit jedweder Aussage zur Sache laufen Sie Gefahr, sich unnötig selbst zu belasten. Nutzen Sie Ihr Recht zu schweigen! Gehen Sie nicht zu Vorladungen! Nennen Sie keine Passwörter o.ä. und füllen Sie keine Anhörungsbögen aus.
  2. Ab zum Anwalt. Wenden Sie sich umgehend an einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht. Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht, insbesondere Sexualstraftaten spezialisiert und arbeiten bundesweit. 

Wir werden für Sie die Kommunikation mit den Behörden übernehmen, und darauf hinwirken, dass das Verfahren schnell und vor allem möglichst lautlos beendet wird. Professionelle und diskrete Arbeit hat dabei oberste Priorität. Beim Vorwurf gem. §184b StGB treten die rechtlichen Folgen aus Sicht des Beschuldigten meist in den Hintergrund. Eine Schädigung des guten Rufes ist hingegen irreparabel.

Kontaktieren Sie uns einfach per E-mail, Telefon, oder via WhatsApp!

Mehr zum Thema erfahren Sie auch in meinem Rechtsblog: Strafbarkeit von Kinderpornografie.

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