Besitz und Verbreitung von Kinderpornos durch Minderjährige

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Kinderpornografie ist verboten und Besitz oder Verbreitung werden hart bestraft. Was aber, wenn die Täter selbst minderjährig sind? 

In einer Zeit, in der die meisten Kinder bereits vor dem 14. Lebensjahr über eigene Smartphones verfügen, stellt sich diese Frage, die vor einigen Jahren noch völlig absurd geklungen hätte, immer häufiger, und die Tendenz dokumentierter Fälle steigt rasant. Die Rechtsprechung wird dieser Tatsache jedoch bislang nicht gerecht, da bei Formulierung der Gesetze gegen Kinderpornografie niemand darüber nachgedacht hat, dass Kinder, die selbst im gleichen Alter wie die Opfer sind, aus Neugierde oder zur Selbstprofilierung vor Altersgenossen zu „Tätern“ im Sinne des Gesetzes werden könnten. 

Im vorliegenden Rechtstipp erfahren Sie: 

  • Was als Kinderpornografie gilt
  • Wie Minderjährige zu „Tätern“ werden
  • Was das strafrechtliche Problem bei minderjährigen Tätern ist
  • Welche Strafen Jugendlichen wegen Kinderpornografie drohen
  • Wie sich eine Verurteilung verhindern lässt
  • Wie Beschuldigte sich verhalten sollten

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Was gilt als Kinderpornografie?

Das Gesetz definiert „Kinder“ als Personen unter 14 Jahren. Als Kinderpornografie gelten gemäß § 184b StGB Schriften, Bilder und andere Inhalte, in denen 

  • Sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind gezeigt werden

  • Ein Kind ganz oder teilweise unbekleidet in geschlechtsbetonter oder aufreizender Körperhaltung zu sehen ist („Posing“)

  • Genitalien oder Gesäß eines Kindes in sexuell aufreizender Weise zu erkennen ist

Zu beachten ist hierbei allerdings, dass Inhalte auch als Kinderpornografie eingestuft werden können, wenn die dort dargestellte Person älter als 14 Jahre ist, aber auf einen objektiven Betrachter jünger wirken muss („Scheinkind“). Dies gilt problematischerweise auch für nicht reale, sondern fiktive bzw. gezeichnete Figuren, worunter insbesondere Mangas oder Comics fallen können. Gerade in diesen Bereich fallen viele Fälle, in denen Jugendliche des Besitzes von Kinderpornografie beschuldigt werden.


Wie werden Minderjährige zu „Tätern“?

Eine Strafbarkeit im Sinne des Gesetzes liegt nicht erst dann vor, wenn man Kinderpornografie (also sexuell eindeutiges Bildmaterial von Personen unter 14 Jahren) öffentlich verbreitet. Es reicht vollkommen aus, ein als pornografisch einzustufendes japanisches Comicbild („Hentai“) auf einem Datenträger gespeichert zu haben, wenn die darin abgebildeten fiktiven Figuren jünger als 14 Jahre wirken. Selbst, wenn man einen derartigen Inhalt ungefragt geschickt bekommen hat (etwa von einem besonders coolen Klassenkameraden) und das Bild sofort löscht, ist es weiterhin im Datenpuffer der Festplatte zu finden, was eine Strafbarkeit begründen kann!

Solche, mitunter vollkommen lächerlichen Fälle führen aufgrund einer Gesetzesverschärfung im Sexualstrafrecht („Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ seit 2021) immer wieder zur Einleitung von Strafverfahren, die dann nicht wegen Geringfügigkeit eingestellt werden können, auch wenn offensichtlich ist, dass der jugendliche Beschuldigte sich über die strafbare Art des Bildmaterials überhaupt nicht im Klaren war.

Solche Fälle machten laut Polizeistatistik 2021 gut die Hälfte aller Ermittlungsverfahren wegen Besitzes und Verbreitung von Kinderpornografie aus!

Ähnliches gilt für selbstgemachte sexuell aufreizende Selfies („Nudes“, „Dickpics“), die aus jugendlicher Wichtigtuerei, als Mutprobe, als Wetteinsätze o.ä. angefertigt und in ungünstigen Fällen durch Chats und Messengergruppen unter Mitschülern in Umlauf gebracht werden (siehe unseren Rechtstipp "Sexting unter Minderjährigen"). Hier handelt es sich weder um Fälle von Missbrauch, noch um Pädophilie, sondern um vollkommen unbedarfte, naive Lausbubenstreiche in einer übersexualisierten Lebenswirklichkeit. Den Beschuldigten fehlt in der Regel jedes Bewusstsein für die möglichen strafrechtlichen Dimensionen ihres Tuns. 

So lange alle Beteiligten („Täter“ wie auch „Opfer“) jünger als 14 sind, sind sie noch nicht strafbar. Ab 14 greift jedoch das Jugendstrafrecht, und zwar sowohl bei Sendern als auch bei Empfängern der fraglichen Inhalte.


Was ist das strafrechtliche Problem bei minderjährigen Tätern?

Die Dunkelziffer solcher Lausbubenstreiche, die nie strafrechtlich belangt werden, ist vermutlich sehr hoch. Falls Eltern oder Lehrer vom Treiben ihrer Schützlinge erfahren, ist zu hoffen, dass diese ein deutliches Machtwort sprechen, es aber nicht an die große Glocke hängen! Denn wenn aus irgendeinem Grund die Behörden davon Wind bekommen – etwa, weil bei irgendeinem anderen Streich die Polizei Handys einkassiert und ausgewertet hat – sind diese gesetzlich verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Das bedeutet das volle Programm: Zeugenbefragungen, polizeiliche Vorladungen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen von Handys, Computern, Festplatten usw.

Die bedrückende Wucht solcher Maßnahmen bedeutet für die gesamten Familien der Beschuldigten ein viel größeres Trauma als das dabei verfolgte „Verbrechen“ rechtfertigt.

Der Grund dafür, dass hier systematisch mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, ist, dass es (anders als beispielsweise bei Kindesmissbrauch gemäß § 176 StGB) bei Kinderpornografie keine Gesetzesklausel gibt, die es erlaubt, die Sache fallen zu lassen, wenn die „Täter“ selbst Kinder oder Jugendliche sind.


Welche Strafen drohen Jugendlichen bei Kinderpornografie?

Gemäß 184b StGB wird Besitz oder Verbreitung von Kinderpornografie mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht. Verstöße gegen § 184b StGB gelten als „Verbrechen“, nicht bloß als „Vergehen“, bei denen auch eine Geldstrafe möglich ist. Dies gilt aber nur, wenn der Täter zum Tatzeitpunkt volljährig ist. 

Für Personen zwischen 14 und 18 gilt das Jugendstrafrecht, das nicht auf Sühne, sondern auf korrektive Erziehung ausgerichtet ist. Hier ist kein pauschales Strafmaß zu nennen. Es kommt stark auf die konkreten Umstände des vorliegenden Falles an. Wenn auch keine Einstellung des Ermittlungsverfahrens möglich ist, so heißt das nicht, dass die Richter anschließend auch gezwungen sind, für Lappalien drakonische Strafen zu verhängen. Wenn eine tatsächliche Schuld angenommen wird (etwa in Fällen, wo Jugendliche aus Rache an der Ex-Freundin deren Nacktfotos verbreitet haben), kann dies zu mehrmonatigen Jugendstrafen führen. Weit häufiger sind allerdings Zuchtmittel wie Arbeitsauflagen, oder Sozialstunden. Nach solchen Urteilen gilt der Betroffene auch nicht als vorbestraft.


Wie lässt sich eine Verurteilung verhindern?

Aufklärung ist wichtig, und sollte sich in der heutigen Zeit auch mit den strafrechtlichen Dimensionen sozialer Netzwerke und insbesondere sexueller Medieninhalte beschäftigen. Zugänglich sind sie den Jugendlichen sowieso. Also müssen sie lernen, damit ihrem Alter entsprechend möglichst verantwortungsvoll umzugehen.

Dieser Ratschlag nützt jedoch nichts, wenn das sprichwörtliche Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, und ein Ermittlungsverfahren läuft.

Allein: Auch bei Verfahren nach dem Jugendstrafrecht macht eine guter Verteidigung viel aus:

Die Aufgabe des Verteidigers besteht hier vornehmlich darin, der Staatsanwaltschaft oder gegebenenfalls dem Jugendrichter, klar zu machen, dass die Tatumstände in vorliegenden Fall eigentlich kein Gerichtsverfahren, und schon gar keine Verurteilung rechtfertigen.

Das Jugendstrafrecht sieht beispielsweise vor, dass auf dem Wege eines „Täter-Opfer-Ausgleiches“ (§ 45 Abs.2 JGG) oder einer Auflage (§ 45 Abs.3 JGG) auch ohne Gericht das Verfahren zur Einstellung gebracht werden kann.


Wie sollten sich Beschuldigte verhalten?

Für Eltern und ihre straffällig gewordenen Kinder sind die Folgen einer Strafanzeige wegen Verstoß gegen § 184b StGB zumeist schockierend und überwältigend.

Es ist in einem solchen Fall wichtig, dass Sie versuchen, Ihre innere Ruhe zu wahren, und nicht überstürzt zu reagieren.

Regel Nr. 1: Schweigen ist Gold!

Aussagen zu den Vorwürfen, egal wie ehrlich und wahrheitsgemäß, helfen Ihnen nicht! Selbst wenn die für Ihren Fall zuständigen Beamten einsehen, dass das alles Unsinn ist, sind sie gezwungen, Indizien gegen Sie zu sammeln! Nutzen Sie als Beschuldigte und Angehörige daher unbedingt Ihr gesetzliches Schweigerecht! Zu polizeilichen Vernehmungen müssen Sie nicht erscheinen!

Regel Nr. 2: Dulden heißt nicht Helfen!

Bei Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmungen von Datenträgern müssen Sie weder mithelfen, noch Auskünfte geben. Auch PINs und Passwörter brauchen Sie den Beamten nicht zu verraten.

Wie Sie sich bei einer Hausdurchsuchung verhalten sollten, erfahren Sie hier.

Regel Nr. 3: Ab zum Anwalt!

Wenn Sie von einer Anzeige erfahren, kontaktieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht!

Dieser wird die Kommunikation mit den Behörden für Sie übernehmen, und Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen, um die erhobenen Vorwürfe und die vorliegenden Beweise zu prüfen. Auf diesem Wege lässt sich die bestmögliche Verteidigungsstrategie erarbeiten, um nach Möglichkeit eine Einstellung des Verfahrens zu erwirken, bevor es vor Gericht geht, und somit die angerichteten Schäden zu begrenzen.

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht spezialisiert und verfügen durch jahrelange bundesweite Tätigkeit auf den Gebieten Sexualstrafrecht und Jugendstrafrecht über reiche Erfahrung.

Kontaktieren Sie uns und schildern Sie uns in einer kostenlosen , unverbindlichen Erstberatung Ihren Fall!



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