Betrüger nutzen das Mahnverfahren aus und erwirken Vollstreckungsbescheid – was tun?

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Ein integraler Bestandteil des gerichtlichen Mahnverfahrens in Deutschland ist der Vollstreckungsbescheid, der es einem Gläubiger erlaubt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen einen Schuldner durchzusetzen. Dieser Schritt setzt voraus, dass ein Mahnbescheid beim zuständigen Amtsgericht beantragt und vom Schuldner erhalten wurde, insbesondere in Fällen, in denen auf schriftliche Mahnungen nicht reagiert oder vereinbarte Zahlungstermine nicht eingehalten wurden. Es ist zu beachten, dass ein Vollstreckungsbescheid nicht ohne vorherigen Mahnbescheid erteilt werden kann. Die Zustellung des Vollstreckungsbescheids an den Schuldner erfolgt entweder durch den Gerichtsvollzieher oder per Post. Der Schuldner hat die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids Einspruch beim zuständigen Gericht einzulegen. Wird innerhalb dieser Frist kein Einspruch eingelegt, wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Die gesetzliche Grundlage für das Mahnverfahren und den Vollstreckungsbescheid findet sich in den §§ 688 bis 703d der Zivilprozessordnung (ZPO).

Was ist das Problem?

Das Mahnverfahren nach § 688 der Zivilprozessordnung (ZPO) ermöglichst dem Gläubiger einer Entgeltforderung die schnelle gerichtliche Geltendmachung und Erwirkung eines vollstreckungsfähigen Titels. Hierbei wird das Bestehen der Forderung durch den zuständigen Rechtspfleger nicht tiefgehend geprüft, dass einerseits – wie beschrieben – zur Beschleunigung des Verfahrens führt, aber andererseits auch eine große Missbrauchsgefahr birgt. Betrüger suchen sich im Internet Adressen von vermeintlichen Schuldnern zusammen, beantragen das Mahnverfahren und spekulieren dann darauf, dass die vermeintlichen Schuldner entweder aus Angst von negativen Folgen die Forderung, die gar nicht besteht, bezahlen oder dass ein Vollstreckungstitel erwirkt wird und dann gegen die Schuldner Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden können – das natürlich auf rein rechtswidriger Basis.

Wie läuft das Mahnverfahren ab?

Zur Beantragung eines Vollstreckungsbescheids ist es erforderlich, dass ein Schuldverhältnis besteht und der Gläubiger die Forderung beim Schuldner einfordern möchte. Der Vollstreckungsbescheid, einmal rechtskräftig geworden, berechtigt den Gläubiger zur sofortigen Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner.

Die Ausstellung eines Mahnbescheids ist die Voraussetzung für einen Vollstreckungsbescheid. Gemäß § 688 ZPO wird der Mahnbescheid vom zuständigen Amtsgericht ausgestellt, wenn der Schuldner auf schriftliche Mahnungen nicht reagiert oder festgelegte Zahlungstermine verstreichen lässt. Ein Widerspruch gegen den Mahnbescheid kann vom Schuldner innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung beim zuständigen Gericht eingelegt werden, wie in § 694 ZPO geregelt. Wird kein Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt, kann der Gläubiger gemäß § 699 ZPO innerhalb einer Frist von sechs Monaten einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Der Vollstreckungsbescheid stellt einen rechtskräftigen Titel dar, der den Gläubiger zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ermächtigt, wie z.B. Pfändungen oder die Abgabe einer Vermögensauskunft.

Der Vollstreckungsbescheid wird dem Schuldner entweder postalisch oder durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt. Bei postalischer Zustellung erhält der Schuldner den Bescheid in einem gelben Umschlag, der das Datum der Zustellung trägt.

Wie muss ich handeln, wenn ich einen Vollstreckungsbescheid bekommen habe?

Bezüglich der Reaktion auf einen Vollstreckungsbescheid hat der Schuldner die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung beim zuständigen Gericht Einspruch einzulegen, wenn er der Meinung ist, dass die Forderung ganz oder teilweise unbegründet ist. Der Einspruch führt jedoch nicht zur sofortigen Aufhebung möglicher Vollstreckungsmaßnahmen. Hierfür ist zusätzlich ein Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung erforderlich, der dem Vollstreckungsbescheid beigefügt ist.

Leitet der Schuldner einen Einspruch ein, resultiert dies in einem Gerichtsverfahren, in dem über die Forderung entschieden wird. Der Sachverhalt wird nun quasi in ein „normales“ Klageverfahren überführt. Das zuständige Gericht wird dann feststellen, ob und in welchem Umfang die Forderung berechtigt ist.

Unterlässt der Schuldner einen Einspruch, geht das Gericht davon aus, dass die Forderung rechtmäßig ist. Der Schuldner kann dann zu einem späteren Zeitpunkt keine Einwände mehr gegen die Forderung erheben.

Wie lange ist ein Vollstreckungsbescheid wirksam?

Die Gültigkeit des aus einem Vollstreckungsbescheid resultierenden Vollstreckungstitels beträgt 30 Jahre. In diesem Zeitraum kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben und seine Ansprüche geltend machen.

Was passiert nach dem Erlass des Vollstreckungsbescheids?

Nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids durch das zuständige Gericht stehen dem Gläubiger verschiedene Optionen zur Vollstreckung seiner Geldforderung zur Verfügung. Dazu gehören die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers zur Pfändung von Wertgegenständen des Schuldners, die Einleitung einer Kontopfändung oder Lohnpfändung sowie die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen, einschließlich der Zwangsversteigerung von Immobilien des Schuldners. Dies alles kann der Gläubiger machen, obwohl die Forderung im Rahmen der Betrügermasche nicht besteht. Daher ist es wichtig EINSPRUCH einzulegen, sonst wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig und kann im Rahmen des Mahnverfahrens nicht mehr angefochten werden.

Mit welchen Kosten muss ich beim Vollstreckungsbescheid rechnen?

Die Kosten für einen Vollstreckungsbescheid variieren je nach Höhe der geltend gemachten Geldforderung und sind im Rahmen des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids zu entrichten.

Was muss ich nun tun?

Für Schuldner, die einen Vollstreckungsbescheid erhalten, empfiehlt es sich, juristischen Rat einzuholen und innerhalb der vorgegebenen Frist von zwei Wochen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einzulegen. Wird diese Frist versäumt, erhält der Gläubiger die Möglichkeit, einen Vollstreckungsbescheid gerichtlich zu beantragen, was ihm die Durchführung von Zwangsvollstreckungen wie Pfändungen erlaubt.

Was mache ich, wenn auch die Einspruchsfrist gegen den Vollstreckungsbescheid auch abgelaufen ist?

Wenn die Frist für den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verstrichen ist, bestehen in der Tat nur begrenzte Möglichkeiten, diesen noch anzufechten. Nach deutschem Recht sind zwei Hauptwege denkbar:

Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §§ 578 ff ZPO: Dies ist nur unter sehr spezifischen Umständen möglich. Einige Beispiele für solche Umstände sind die fehlerhafte Besetzung des Gerichts oder der Beweis durch eine gefälschte Urkunde, die zur Erteilung des Vollstreckungsbescheids führte.

Klage wegen sittenwidriger Erschleichung des Vollstreckungsbescheids gemäß § 826 BGB: Unter besonderen Umständen kann eine Klage aufgrund sittenwidriger Erschleichung des Vollstreckungsbescheids eingereicht werden, wenn nachweisbar ist, dass der Vollstreckungsbescheid auf unberechtigten Forderungen basiert und durch Täuschung oder widerrechtliche Drohung erlangt wurde. Sofern die Forderung nicht besteht, würde dieser Fall vorliegen. In einen solchen Fall würde eine „normale“ Klage bei Gericht eingereicht werden und es wird beantragt, den Betrüger dazu zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in Zukunft zu unterlassen. Damit der Betrüger entsprechend abgeschreckt wird, weitere Forderungseintreibungen zu unternehmen, wird ebenfalls eine sog. strafbewährte Unterlassungserklärung beantragt, die im Falle einer Zuwiderhandlung die Möglichkeit gibt dem Betrüger ein Ordnungsgeld von bis 250.000 EUR aufzuerlegen.

Diese Wege sind jedoch nicht leicht zu beschreiten und erfordern in der Regel eine detaillierte rechtliche Prüfung und Argumentation. In solchen Fällen ist es ratsam, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, der sich mit den spezifischen Anforderungen und Möglichkeiten des deutschen Zivilprozessrechts auskennt.

Wir stehen Ihnen bei allen notwendigen Schritten zur Seite und unterstützen Sie: Kanzlei Gutes Recht | Frankfurt (kanzlei-gutes-recht.de)

Foto(s): canva.com


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