Betrug beim Immobilienverkauf durch überhöhte Preise?

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BGH 5 StR 547/14 - Urteil vom 20. Mai 2015

Leitsätze

1. Die Forderung und Vereinbarung eines bestimmten, gegebenenfalls auch überhöhten Preises umfasst nicht ohne weiteres die konkludente Erklärung, die verkaufte Sache sei ihren Preis auch wert. Mit Rücksicht auf das Prinzip der Vertragsfreiheit ist grundsätzlich kein Raum für die Annahme konkludenter Erklärungen über die Angemessenheit oder Üblichkeit des Preises; es ist vielmehr Sache des Käufers, abzuwägen und sich zu entscheiden, ob er die geforderte Vergütung aufwenden will.

2. Die Nichtmitteilung hoher Innenprovisionen („kick backs“) beim (Weiter-)Verkauf von Immobilien führt jedenfalls dann nicht zu einer konkludenten Täuschung i.S.d. § 263 StGB, wenn die Kaufpreishöhe auf einer unabhängigen Bewertung der finanzierenden Bank beruht und durch die Innenprovisionen nicht beeinflusst wird.

Sachverhalt

Einer der Angeklagten kaufte Eigentumswohnungen an und verkaufte diese später gewinnbringend weiter. Dieser musste eine Vertriebsprovision von 30 % des Kaufpreises an zwischengeschaltete Vermittler leisten. Diese Vertriebsprovision wurde über den Kaufpreis an die Käufer weitergegeben. Neben anderen Vorwürfen gab der Sachverhalt dem BGH auch Anlass, die oben aufgeworfene Problematik, ob die Angabe überhöhter Preise eine Täuschungshandlung im Sinne des Betrugstatbestandes darstellt, zu entscheiden.

Die vorherige Instanz hatte eine Betrugsstrafbarkeit wegen konkludenter Täuschung abgelehnt. Eine Täuschung über die Angemessenheit eines Preises sei nicht möglich. Mit der Revision machte die Staatsanwaltschaft geltend, das Landgericht habe den Aspekt der Vertriebsprovision nicht hinreichend gewürdigt. Die Angeklagten hätten die von den Kaufpreisen umfasste Vermittlungsprovision nicht offen gelegt. Hierin sei eine aktive Täuschung der Angeklagten zum Nachteil der Käufer über die Wirtschaftlichkeit des Geschäfts zu sehen. Aus der Höhe der gezahlten Innenprovisionen hätten sich Rückschlüsse auf die geringere Werthaltigkeit der Kaufobjekte ergeben können.

Einordnung in den Kontext

Der Tatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB erfordert in objektiver Hinsicht

– eine Täuschung über Tatsachen

– Einen Irrtum

– Eine hierauf zurück zu führende Vermögensverfügung

– Sowie einen durch die Vermögensverfügung bedingten Vermögensschaden.

Hier geht es um das Merkmal der Täuschung. Neben der ausdrücklichen Täuschung (Fehlinformation, die sich unmittelbar aus dem verbal, gestisch oder schriftlich geäußerten Inhalt einer Erklärung ergibt) erfüllt auch die so genannte konkludente Täuschung den Tatbestand. Hierbei handelt es sich um eine Fehlinformation, die mittelbar aus dem ausdrücklich geäußerten Inhalt einer Tatsachenbehauptung erschlossen werden kann. Die konkludente Täuschung hat damit ihren Schwerpunkt im unausgesprochenen Teil der Erklärung.

Im vorliegenden, vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob zur Angemessenheit oder Üblichkeit des Preises einer Leistung auch eine konkludente Erklärung getroffen wird.

Entscheidung des BGH

Der BGH bestätigt, dass die Forderung und Vereinbarung eines bestimmten, gegebenenfalls auch überhöhten Preises nicht ohne weiteres die konkludente Erklärung umfasst, die verkaufte Sache sei ihren Preis auch wert.

Mit Rücksicht auf das Prinzip der Vertragsfreiheit ist grundsätzlich kein Raum für die Annahme konkludente Erklärungen über die Angemessenheit oder Üblichkeit des Preises; es ist vielmehr Sache des Käufers, abzuwägen und sich zu entscheiden, ob er die geforderte Vergütung aufwenden will (Tiedemann in LK, 12. Aufl., § 263 Rn. 35 mwN). Für den Verkäufer besteht bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers grundsätzlich auch keine Pflicht zur Offenlegung des Werts des Kaufobjektes, selbst wenn diese erheblich unter dem geforderten Preis liegt (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812 mwN). Im Regelfall muss der Verkäufer den Käufer auch nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten Klarheit verschafft hat.

Zur von der Staatsanwaltschaft mit der Revision geltend gemachten Argumentation, die im Kaufpreis versteckten Provisionsanteile bedeuteten eine Täuschung über die Wirtschaftlichkeit des Geschäfts, nimmt der BGH wie folgt Stellung:

Es führt nach den hier gegebenen Umständen zu keinem anderen Ergebnis, dass die hohen Provisionsanteile, aus den überdies vielfach den Käufern zugutekommende Zahlungen geleistet wurden, nicht offengelegt wurden. Denn auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien Feststellungen behüten diese nicht die Kaufpreise der Wohnungen hatten somit keine Auswirkungen auf die Rentabilität der Immobilien.

Zivilrechtliche Schlussfolgerungen

Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) lassen sich folgende zivilrechtliche Schlussfolgerungen ziehen:

- Vertragsfreiheit und Preisgestaltung: Das Prinzip der Vertragsfreiheit erlaubt es den Parteien, Preise frei zu vereinbaren. Es gibt keine implizite Annahme, dass der vereinbarte Preis den Wert der Sache widerspiegelt. Verkäufer sind nicht grundsätzlich verpflichtet, die Angemessenheit des Preises zu offenbaren, solange das Geschäft nicht sittenwidrig ist.

- Transparenzpflichten: Es besteht keine generelle Pflicht zur Offenlegung von Wert und Kostenfaktoren wie Innenprovisionen, es sei denn, das Gesetz oder der Vertrag sieht dies ausdrücklich vor.

Diese Schlussfolgerungen stützen eine Rechtsauffassung, die die Eigenverantwortung der Vertragsparteien betont und die Notwendigkeit der sorgfältigen Prüfung von Vertragsbedingungen vor dem Abschluss unterstreicht.



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