Betrugsvorwurf: Falsche Abrechnungen in Testzentren | So kommen Sie raus!

  • 5 Minuten Lesezeit

So verhalten Sie sich als Beschuldigte/r des Testbetrugs richtig:

Im vergangenen Jahr hatte der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, die Zahl der Kontrollen in Corona-Testzentren bundesweit auszuweiten. Es sind vermehrt Betrugsvorwürfe durch die Medien gegangen. Inhaber der Testzentren sollen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) mehr Tests abgerechnet haben, als sie tatsächlich durchführten. Die Kommunen bzw. Gesundheitsämter und Finanzämter der einzelnen Bundesländer führen derzeit diese Kontrollen durch. Die KV sollten die Abrechnungen der Testzentren nach Plausibilität prüfen, um Ungereimtheiten früher zu erkennen. Bis Ende 2024 müssen die Testzentren alle Daten aufheben, § 7 Abs. 5 TestV.

Hier ein Link zur KV Niedersachsen, die erklärt, wie Abrechnungen von Coronatests zu erstellen sind https://www.kvn.de/Mitglieder/Information+zum+Coronavirus/Testen/Testen+von+symptomatischen+Patienten+%28inkl_+Abrechnung%29-p-12287.html

Hier erklären wir Ihnen, wie Sie sich beim Tatvorwurf Abrechnungsbetrug verhalten sollten, damit Sie aus der Haftung kommen.


Tatbestand § 263 StGB

§ 263 StGB normiert den Betrug und somit auch den Abrechnungsbetrug, der nur eine Form des ,,normalen” Betrugs darstellt. 

Um den Betrug zu verwirklichen muss eine Person über Tatsachen getäuscht werden, woraufhin bei der getäuschten Person ein Irrtum hervorgerufen wird, aufgrund dessen sie über ihr Vermögen verfügt und die Person (oder eine Dritte Person - dann Dreiecksbetrug) einen Vermögensschaden erleidet. 

Der Täuschende muss das auch vorsätzlich tun und eine Bereicherungsabsicht haben, also die Absicht, sich selbst oder einen Dritten durch die Tat zu bereichern.

Wenn beispielsweise die Zahl der gegenüber der KV abgerechneten Corona-Tests nicht identisch mit der Zahl der tatsächlich durchgeführten Tests ist, wird eine unwahre Tatsache behauptet, die bei der KV den Irrtum erregt, dass diese Tests wirklich durchgeführt wurden und die Abrechnung rechtens ist. Die KV verfügt nun über ihr Vermögen, indem sie auf Grundlage der angegebenen Daten - also der Anzahl der durchgeführten Tests - die Kosten erstattet. Weil der Bund gemäß der Testverordnung der KV die Beträge, die an die Corona Testzentren ausgezahlt werden, erstattet, erleidet der Bund einen Vermögensschaden. Denn der Bund zahlt für Corona-Tests, die nie durchgeführt wurden. Weiß der Betreiber der Testzentren das auch und wollte er sich oder einen Dritten dadurch bereichern, so wurde der Betrug verwirklicht.

Dies ist nur ein (stark vereinfachtes) Beispiel! Der Abrechnungsbetrug kann natürlich auch auf andere Weise begangen werden und ist im Einzelnen viel komplexer; der Einzelfall ist wie immer entscheidend!


Wenn Sie Beschuldigte/r sind - Verhaltenstipps

Wegen Abrechnungsbetrugs werden regelmäßig die Inhaber der Testzentren beschuldigt oder wenn eine juristische Person das Testzentrum betreibt, dann die Geschäftsführer (einer GmbH z.B.). Auch wenn Sie unschuldig sind und ordnungsgemäß Buch führen, werden die Ermittler wahrscheinlich denken, dass die Zahlen in Ihren Büchern nicht richtig sind und manipuliert wurden. Versuchen Sie sich nicht zu rechtfertigen.

Im Anfangsstadium des Ermittlungsverfahrens haben die Ermittler einen Verdächtigen, nämlich Sie, und alles, was Sie sagen, kann und wird regelmäßig gegen Sie verwendet werden - egal, wie plausibel Ihre Aussagen sind. Sind Sie also in einer Situation der Durchsuchung Ihrer Wohnung oder Geschäftsräume, so machen Sie von Ihrem Schweigerecht gebrauch und rufen Sie einen Rechtsanwalt zu Hilfe. Die Ermittler können Sie bitten, mit der Durchsuchung zu warten, bis Ihr Rechtsanwalt vor Ort ist. Weiterhin dürfen Sie nicht gezwungen werden, eine Aussage zum Tatvorwurf zu machen, wenn Sie sich selbst damit belasten würden. Nutzen Sie dieses Recht, auch wenn Sie unschuldig sind!

Beschlagnahmt die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Unterlagen, die Sie noch brauchen (für die Steuererklärung z.B.), dann bitten Sie darum, Kopien machen zu dürfen.

Wenn Sie einen Rechtsanwalt hinzugezogen haben, wird dieser im nächsten Schritt Akteneinsicht beantragen, um den genauen Tatvorwurf herauszufinden und ggf. vorliegende Beweise zu überprüfen. Darauf kann dann die Verteidigungsstrategie aufgebaut werden und mit den richtigen Ansetzen schon im Ermittlungsverfahren die Einstellung erreicht werden. 


Vorladungen und Untersuchungshaft

Wenn Sie Beschuldigter in einem Strafverfahren sind, bekommen Sie regelmäßig einen Brief nach Hause geschickt, in dem steht, dass Sie Beschuldigter einer Straftat sind. Dieser Brief kommt meist von der Polizei und enthält Vorladung. Als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren werden Sie gebeten, an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit bei der Polizei zur Vernehmung zu erscheinen. Diese Vorladungen enthalten idR nur sehr wenige Informationen. Vielleicht kann man an der Überschrift den Tatvorwurf erkennen und es kann ein Tatzeitraum angegeben sein; der muss aber nicht stimmen.

Damit Sie nicht jetzt schon die ersten Fehler machen, hier ein paar Tipps

1. Rufen Sie nicht bei der Polizei an, um zu fragen, was der Brief bedeutet oder Ähnliches. Rufen Sie stattdessen einen Rechtsanwalt an und bewahren Sie Ruhe, denn erstmal passiert gar nichts.

2. Nutzen Sie Ihr Schweigerecht! Sagen Sie weder zu persönlichen Verhältnissen noch zur Sache aus.

3. Lassen Sie über den Rechtsanwalt Akteneinsicht beantragen, um mehr Informationen über den Tatvorwurf, ggf. geladene Zeugen und andere Beweise herauszufinden. Sie können zusammen mit Ihrem Anwalt eine schriftliche Stellungnahme vorbereiten, damit Sie nicht zur Vernehmung gehen müssen.

Bei einer Vorladung von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht müssen Sie allerdings erscheinen. Bitten Sie auch da Ihren Rechtsanwalt um vorbereitende Hilfe!

Unter Umständen kann auch eine Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten verhängt werden. Dazu muss aber ein dringender Tatverdacht bestehen und es muss ein Haftgrund vorliegen, §§ 112, 112a StPO.

Haftgründe sind:

1. Flucht

2. Fluchtgefahr

3. Verdunkelungsgefahr

4. Wiederholungsgefahr

Die Untersuchungshaft darf nur angeordnet werden, wenn sie zum Tatvorwurf und der zu erwartenden Strafe nicht außer Verhältnis steht, § 112 Abs. 1 S. 2 StPO. Lassen Sie sich auch hier von einem Rechtsanwalt beraten!


Haben Sie Fragen?


Falls Sie des Abrechnungsbetruges beschuldigt werden oder bei Ihnen eine Durchsuchung angeordnet wurde, rufen Sie uns in unserer Kanzlei unter der 04202 638370 an oder schreiben Sie uns eine Nachricht. Wir kümmern uns um Ihr Anliegen!


Quellen

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/corona-schnelltest-zentren-109.html

https://www.gesetze-im-internet.de/coronatestv_2021-10/BJNR626400021.html

https://rechtsanwaltkaufmann.de/wirtschaftsstrafrecht/abrechnungsbetrug-im-testzentrum



Foto(s): Foto von Polina Tankilevitch: https://www.pexels.com/de-de/foto/person-die-reagenzglaser-halt-3735747/


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