Bewertung von Umlaufvermögen
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Die Bewertung von Vorratsvermögen stellt insbesondere im Lichte der Corona-Krise eine bilanzielle Herausforderung dar. Nachfolgend finden Sie einen kurzen Überblick.
1. Inventur
Gemäß § 240 I S.1 HGB hat ein Kaufmann am Schluss des Geschäftsjahres das Inventar aufzustellen. Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt.
Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annährend gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst werden und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden.
2. Bilanzieller Ansatz
Umlaufvermögen wird mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Bilanz angesetzt, § 253 HGB.
Anschaffungskosten sind gemäß § 255 I HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit diese dem Gegenstand einzeln zugeordnet werden können.
Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seiner Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten gehören die Materialkosten, die Fertigungsgemeinkosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens.
3. Steuerlicher Ansatz
Steuerlich werden die Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 b EStG ermittelt. Dabei brauchen Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige Leistungen und betriebliche Altersvorsorge nicht einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. In Abweichung zum Handelsrecht darf steuerrechtlich nach R 6.8 Abs. 2 S. 3 u. 4 EStR zusätzlich ein Rohgewinnaufschlag bei der Bewertung berücksichtigt werden.
4. Bewertungsvereinfachung
Aufgrund von Preisänderungen kann es schwierig sein, Vorratsvermögens einzeln zu erfassen. Der Gesetzgeber sieht abweichend von § 252 I Nr. 3 HGB in diesen Fällen nach § 240 und § 256 HGB Bewertungsvereinfachungsverfahren in Form von Gruppen- und Festwertbewertung sowie Verbrauchsfolgeverfahren vor. Handelsrechtlich ist als Verbrauchsfolgeverfahren sowohl LiFo (Last in – First out) als auch FiFo (First in – First out) zulässig,
Bei gleichartigen Vermögensgegenständen des Vorratsvermögens kann unterstellt werden, dass die zuerst oder dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind.
Abweichend zu den handelsrechtlichen Bewertungsvereinfachungen ist steuerlich dabei allein die LiFo Methode (Last in - First out) zulässig, § 6 Abs. II a EStG.
5. Handelsrechtliche Folgebewertung von Umlaufvermögen
Gemäß § 253 Abs. 4 HGB sind Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens abzuschreiben, um diese mit einem niedrigen Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Es gilt das strenge Niederstwertprinzip. Die Ermittlung des niedrigeren Werts basiert regelmäßig bei unverarbeiteten Roh- Hilfs- und Betriebsstoffen auf den Preisen am Beschaffungsmarkt und bei unfertigen und fertigen Erzeugnissen auf den Preisen am Absatzmarkt. Die ermittelten Preise werden jedoch nicht übernommen, sondern es werden zusätzliche Kosten im Rahmen der Veräußerung des Produktes abgezogen (verlustfreie Bewertung).
6. Steuerliche Folgebewertung von Umlaufvermögen
Steuerlich ist abweichend von § 5 I EStG der Teilwert aufgrund einer dauernden Wertminderung angesetzt werden. Der niedrigere Wert ist nachzuweisen. Steuerlich besteht mithin ein Wahlrecht.
7. Methoden der Wertberichtigung
Der Teilwert kann durch folgende Faktoren beeinflusst werden:
- Anschaffungskosten bzw. gesunkene Wiederbeschaffungskosten
- Im Rahmen der Inventur erkannte Beschädigung
- Wertminderungen aus sonstigen Gründen (erkannte Gesundheitsschäden, falscher Modetrend, Ausfall eines Großkunden für den Absatz bestimmter Artikel
Folgende Wertberichtigungen sind dabei üblich:
- Pauschale Teilwert
- Einzelwertberichtigung
- Niederstwertabschläge
- Gängigkeitsabschläge
Zu Einzelwertberichtigung
Der Wert wird pauschal korrigiert. Verschrottung oder Preisherabsetzungen weisen die Korrektur grundsätzlich nach.
Zu Niederstwertabschläge
Ein Niederstwertabschlag ist möglich, wenn die Wiederbeschaffungskosten gegenüber den historischen Anschaffungskosten nachhaltig gesunken sind.
Zu Gängigkeitsabschläge
Soweit der Marktpreis nicht bestimmbar ist, kann der Wert retrograd nach dem erzielbaren Verkaufspreis ermittelt werden (verlustfreie Bewertung). Dabei wird der erzielbare Verkaufspreis abzüglich der Kosten, die beim Verkauf anfallen, und –steuerbilanziell- abzüglich eines Unternehmergewinns den Nettoanschaffungskosten gegenübergestellt. Ist der Wert niedriger, kann das Vorratsvermögen abgeschrieben werden. Die Finanzverwaltung ermittelt anhand der Formelmethode sowie der Substraktionsmethode die Gängigkeitsabschläge. Verlustfreie Bewertung kann auch über die Bestimmung der Lagerreichweite erfolgen. Der Methode liegt das Verständnis zugrunde, dass Artikel, die entsprechend lange gelagert werden, unverkäuflich sind. Eine lange Lagerdauer rechtfertigt jedoch nach ständiger Rechtsprechung für sich alleine noch keine Teilwertabschreibung.
Die Corona-Pandemie kann sich ebenfalls erheblich durch Wegfall der Veräußerungsfähigkeit (zB Saisonware), erhöhte Lagerkosten, gesunkene Umschlagshäufigkeit (Gängigkeitsabschläge) oder Zinseffekte wegen verzögerter Verkäufe sein bei der Folgebewertung der Vorräte niederschlagen.
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