Bezeichnung einer Kollegin als „fette Schlampe“ – Kündigung?

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Der Arbeitnehmer ist seit ungefähr 6 Jahren als Hausmeister einer Klinik beschäftigt. Bei einer Raucherpause mit mehreren Arbeitskollegen erschien auch eine Kollegin von der Rezeption. Der Kläger habe diese Kollegin gemustert und daraufhin gesagt: „Du bist ‘ne richtig fette Schlampe geworden“. Zur Rede gestellt verteidigte sich der Arbeitnehmer mit seinen allgemeinüblichen Sprachgewohnheiten am Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine ordentliche Kündigung aus. Diese Kündigung überbrachten Mitarbeiter des Arbeitgebers am Wohnort des Arbeitnehmers, wobei sie allerdings feststellten, dass der krankgemeldete Arbeitnehmer gerade die Fassade seines Hauses neu verklinkerte. Daraufhin sprach der Arbeitgeber eine weitere, fristlose Kündigung wegen des Vorwurfs einer Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit aus.

Gegen die Kündigung klagt der Arbeitnehmer und verteidigt sich im Prozess damit, dass er sich bei der Kollegin wegen seines Umgangstones entschuldigt habe. An seinem Haus habe er gearbeitet, weil der Arzt nach der angedrohten Kündigung wegen psychosomatischer Störungen empfohlen habe, sich durch andere Tätigkeiten abzulenken, um nicht an die drohende Kündigung denken zu müssen.

In dem Termin vor dem Arbeitsgericht Bonn verständigten sich die Parteien auf einen Vergleich, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum ordentlichen Kündigungstermin und Zahlung einer Abfindung vorsah. Weitere Einzelheiten sind nicht bekannt.

Arbeitsgericht Bonn, Pressemitteilung Nr. 4 vom 27.07.2017

Wie ist die Rechtslage?

Schwere Beleidigungen gegenüber Arbeitskollegen sind grundsätzlich geeignet, die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Allerdings kommt es auf die Einzelheiten an. Wie viele Zuhörer gibt es? Wie schwerwiegend ist die Beleidigung? Wie ist der allgemeine Umgangston im Betrieb? Wie kam es zu der Beleidigung? Hat sich das Gespräch aufgeschaukelt? Gab es Provokationen?

Nach der hier vertretenen Auffassung wäre in diesem Fall eine Kündigung rechtmäßig gewesen, zumindest für den Fall, dass der Arbeitnehmer ohne irgendeinen Anlass oder ohne Vorwarnung zu einer solchen schwerwiegenden Kränkung gegriffen hat. Er hat die Kollegen nicht nur durch das Wort „Schlampe“ beleidigt, sondern auch ihre körperliche Statur thematisiert. Das Ganze war sicherlich auch kein Witz. Allerdings müssen auch die mildernden Umstände berücksichtigt werden. So wurde mitgeteilt, dass der Arbeitnehmer sich bei der Kollegin entschuldigt habe. Möglicherweise ist auch das psychosomatische Krankheitsbild des Arbeitnehmers bedeutsam. Es kann durchaus Fälle geben, in denen psychisch labile Mitarbeiter in einmaligen Situationen verbal entgleisen. Des Weiteren sollte untersucht werden, ob der Betriebsfrieden gelitten hat. Möglicherweise hat die Kollegin dem Arbeitnehmer verziehen.

Was die fristlose Kündigung wegen einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit angeht, so dürfte es fernliegend sein, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank war, wenn er dazu in der Lage ist, schwere körperliche Tätigkeiten auszuführen. Die Gerichte sind dabei zuweilen aber recht nachsichtig, sofern der Arbeitnehmer belegen kann, dass der behandelnde Arzt zuvor grünes Licht für die entsprechende private Tätigkeit gegeben hat. Schließlich weiß einen Arzt am besten, was in der konkreten gesundheitlichen Situation „genesungswidriges“ und was „genesungsförderndes“ Verhalten ist.

Im Zweifel sollte man bei einem Fehlen am Arbeitsplatz wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit aber keine körperlich besonders anstrengenden Tätigkeiten ausüben. Es liegt nahe, dass der Arbeitgeber es nicht „witzig“ findet, wenn er merkt, dass der Arbeitnehmer möglicherweise auch arbeiten könnte, obwohl ärztlicherseits eine Krankheit festgestellt wurde.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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