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BGH: Bank muss die Verwendung der Verbrauchergelder für den Nachweis geringerer Nutzung darlegen

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Nach dem Widerruf eines Darlehensvertrags folgt die Rückabwicklung. Oft versuchen die Banken, die Berechnung der zu zahlenden Beträge bei der Rückabwicklung für sich schönzurechnen. Mit seiner Entscheidung vom 25.04.2017 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun zwei entscheidende Fragen bei der Berechnung der Ansprüche aus der Rückabwicklung geklärt. Eine davon war die Frage, wie die Bank die Vermutung, sie habe aus den Geldern des Verbrauchers Nutzungen gezogen, widerlegen kann.

Der Widerruf eines Darlehensvertrags hat dessen Rückabwicklung zur Folge:

  • Der Darlehensnehmer schuldet die Rückgabe der vollen Darlehensvaluta nebst Nutzungsersatz und
  • der Darlehensgeber schuldet die Rückgabe aller Zins- und Tilgungsleistungen nebst Nutzungsersatz.
  • Die Ansprüche des Darlehensgebers und des Darlehensnehmers lassen sich verrechnen und ergeben den Betrag, den ggf. der Verbraucher an die Bank noch zurückzuzahlen hat.

In seiner Entscheidung vom 25.04.2017 (XI ZR 573/15) hat sich der BGH mit den Ansprüchen des Verbrauchers auf Nutzungsersatz befasst.

Wie sich der Anspruch des Verbrauchers zusammensetzt

Der Darlehensnehmer erhält im Rückabwicklungsverhältnis sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen zurück. Diese Position ist sehr einfach zu bestimmen, denn es sind einfach die bisher gezahlten Raten und Sondertilgungen zu addieren.

Daneben erhält der Darlehensnehmer aber auch Nutzungsersatz. Dem Darlehensgeber stand das Kapital des Verbrauchers zur Verfügung. Mit diesem Kapital konnte der Darlehensgeber wirtschaften und somit Nutzungen aus dem überlassenen Kapital ziehen. Auch diese Nutzungen sind herauszugeben.

Wie der Darlehensgeber nun mit dem Kapital gewirtschaftet hat und welcher Nutzen tatsächlich gezogen wurde, kann der Verbraucher nicht wissen. Wenn der Darlehensgeber eine Bank ist, gilt aber die durch Richterrecht geschaffene widerlegliche Vermutung, dass die Bank Nutzungen in Höhe des üblichen Verzugszinssatzes gezogen hat.

Der übliche Verzugszinssatz beträgt 5 Prozentpunkte über jeweiligen Basiszinssatz und bei Immobiliardarlehensverträgen 2,5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz.

Aufgrund dieser widerleglichen Vermutung erhält der Verbraucher also nun eine Verzinsung des an den Darlehensgeber überlassenen Kapitals.

Der Darlehensgeber kann diese Vermutung jedoch entkräften. Bisher haben sich einige Landes- und Oberlandesgerichte auf den Standpunkt gestellt, es reiche aus, wenn der Darlehensgeber diese Vermutung nur erschüttert. Die Banken haben oftmals vorgetragen, sie haben nur eine geringe Marge auf das Darlehen gehabt oder aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase seien keine Zinsen in der vermuteten Höhe zu erzielen.

Mit solchen Behauptungen wird es jedoch den Darlehensgebern nicht mehr länger möglich sein, den Zinsanspruch des Verbrauchers zu widerlegen. Der BGH hat endgültig klargestellt, dass zur Widerlegung der Vermutung konkret vorgetragen werden muss:

„Es ist richtig davon ausgegangen, die Vermutung, der Rückgewährschuldner habe Nutzungen aus ihm überlassenen Zinsleistungen gezogen, sei konkret bezogen auf die aus dem jeweiligen Darlehensvertrag erwirtschafteten Mittel zu widerlegen. […] Folglich ist zur Widerlegung der Vermutung zur anderweitigen Nutzung der konkret überlassenen Mittel und zu den dabei konkret angefallenen Aufwendungen vorzutragen.“ (BGH, Urt. v. 25.04.2017 – XI ZR 573/15 –, Rn. 18)

Der Darlehensgeber muss also ganz konkret vortragen, wie er mit dem vorenthaltenen Geldbetrag des Darlehensnehmers gewirtschaftet hat, und nachweisen, dass bei dieser konkreten Verwendung der Gelder geringere als die vermuteten Nutzungen gezogen wurden (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2017 – XI ZR 573/15 –, Rn. 20 u. 21 ff.).

Der Vortrag, dass sich die Bank generell refinanziert, genügt nicht. Die Bank kann auch nicht vortragen, dass sie aufgrund der Niedrigzinsphase nicht mehr in der Lage war, Nutzungen zu ziehen (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2017 – XI ZR 573/15 –, Rn. 15).

„Der Vorteil dieser Vermutung für den Rückgewährgläubiger gegenüber § 347 Abs. 1 BGB, der in der Literatur angezweifelt wird (Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 346 Rn. 244, 249), liegt darin, dass anders als bei § 347 Abs. 1 BGB (dazu Staudinger/Kaiser, a.a.O., § 347 Rn. 65 m.w.N.) im Umfang der vermuteten Ziehung von Nutzungen nicht der Rückgewährgläubiger beweisen muss, der Rückgewährschuldner habe entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft keine Nutzungen gezogen, sondern der Rückgewährschuldner geringere Nutzungen darlegen und beweisen muss. Die Vermutung ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt“ (BGH, Urt. v. 25.04.2017 – XI ZR 573/15 –, Rn. 15).

Es reicht auch nicht aus, die Vermutung (nur) zu erschüttern. Die Bank muss die geringeren Nutzungen darlegen und beweisen (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2017 – XI ZR 573/15 –, Rn. 15). Dies ist letztlich der Sinn der Vermutung.

Damit dürfte es den Banken künftig schwerer fallen, sich der Verzinsung des überlassenen Kapitals zu entziehen. In den meisten Fällen dürfte die Bank vermutlich nicht in der Lage sein, überhaupt nachzuweisen, wie sie die erhaltenen Darlehensraten tatsächlich weiterverwendet hat.

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