BGH: Befristung in der Berufsunfähigkeitsversicherung muss begründet werden

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Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.10.2019 – IV ZR 235/18

In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof eine bisher in der Rechtsprechung noch ungeklärte Frage zugunsten der Versichertengemeinschaft entschieden. Es ging dabei um eine Berufsunfähigkeitsversicherung.

Der Kläger* unterhielt eine Berufsunfähigkeitsversicherung. In den Bedingungen war geregelt, dass der Versicherer nur „in begründeten Einzelfällen“ ein Anerkenntnis befristen darf. Als der Kläger Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beantragte, prüfte der Versicherer und sprach eine Befristung der Leistungen aus. Eine Begründung nannte er dafür nicht. Als sich die Befristung der Leistungen ihrem Ende näherte, forderte der Kläger das Versicherungsunternehmen auf, die Leistungen (Rente und Prämienbefreiung) auch weiterhin zu erbringen. Das lehnte der Versicherer ab, weil der Kläger angeblich nicht mehr zu mindestens 50 % berufsunfähig wäre.

Der Kläger erhob daraufhin Klage auf Fortzahlung der BU-Rente. Er begründete dies damit, dass die Befristung unwirksam gewesen wäre, weil sie vom Versicherer nicht mit Gründen versehen worden war. Mit dieser Ansicht hatte der Kläger vor dem Bundesgerichtshof letztlich auch Erfolg.

Das höchste deutsche Zivilgericht stellte entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung heraus, dass der Versicherungsnehmer Anspruch auf eine (endgültige) Entscheidung durch den Versicherer habe. Ein nur befristetes Anerkenntnis darf der Versicherer daher nur in Ausnahmefällen aussprechen, weil die Befristung für den Versicherten insbesondere vor dem Hintergrund der Beweislast für den Eintritt von Berufsunfähigkeit sehr nachteilig sein kann. Denn mit zunehmender Zeit wird es immer schwerer, den Eintritt der Berufsunfähigkeit zu beweisen. Und bei einem unbefristeten Anerkenntnis kann sich der Versicherer von seiner Leistungspflicht dann nur noch lösen, wenn er eine Besserung der Gesundheitsverhältnisse nachweisen kann.

Aus diesem Grund muss der Versicherer, wenn er ein Anerkenntnis befristet, die dafür maßgeblichen Gründe ungefragt mitteilen. Die bloße Mitteilung auf Anfrage durch den Versicherungsnehmer genügt für eine wirksame Befristung nicht.

Rechtsfolge der hier unwirksamen Befristung war, dass der Versicherer weiterhin zahlen muss und nur noch über das sogenannte Nachprüfungsverfahren, bei welchem er eine Besserung der Gesundheit beweisen muss, sich von seiner Leistungspflicht lösen kann.

Tipps für alle Versicherten

Es kann günstiger sein, eine vom Versicherer zunächst vorgenommene Befristung, bei der die Gründe nicht mitgeteilt wurden, erst einmal hinzunehmen und bei Ablauf der Frist dann die Weiterzahlung zu verlangen. Der Versicherer wird diese dann nicht mehr mit Verweis auf die Befristung verweigern dürfen und muss das Nachprüfungsverfahren durchführen. 

Vor der Beteiligung an einem Nachprüfungsverfahren sollte man sich anwaltlich beraten lassen, ob man dazu überhaupt verpflichtet ist. Bei vielen älteren Versicherungsbedingungen sind die entsprechenden Regelungen nämlich unwirksam.

Alle Versicherten, bei denen der Versicherer nach Ablauf einer nicht begründeten Befristung die Fortzahlung der BU-Rente verweigert hat, sollten umgehend anwaltlichen Rat einholen. Das gilt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH auch und gerade dann, wenn der Versicherer auf Nachfrage die Gründe für die Befristung des Anerkenntnisses noch mitgeteilt hat.

(* Vor dem Land- und dem Oberlandesgericht erfolgte die Vertretung des Klägers durch Rechtsanwalt Dr. Alexander T. Schäfer, Fachanwalt für Medizin- und für Versicherungsrecht, Frankfurt am Main).


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