BGH: Widerspruch der Lebensversicherung bei fehlenden Hinweis auf Textform möglich

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Lebensversicherer müssen ihre Kunden über ihr Widerspruchsrecht aufklären. Dazu gehört auch die Aufklärung darüber, in welcher Form der Widerspruch zu erfolgen hat. „Bei Lebensversicherungen, die seit 2002 abgeschlossen wurden, ist die Textform ausreichend, bei älteren Verträgen war die Schriftform erforderlich“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.

Der Bundesgerichtshof hat nun mit Urteil vom 15. März 2023 entschieden, dass die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist, wenn ein entsprechender Hinweis auf die Form fehlt. Dadurch werde die Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt (Az.: IV ZR 40/21). „Folge ist, dass der Widerspruch noch Jahre nach Abschluss der Lebensversicherung möglich ist“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

So war es auch in dem Verfahren vor dem BGH. Hier hatte der Versicherungsnehmer eine Lebensversicherung nach dem sog. Policenmodell mit Beginn am 1. April 2002 abgeschlossen. Den Widerspruch erklärte er erst 2017, also rund 15 Jahre später. Dennoch sei der Widerspruch rechtzeitig erfolgt, denn die 14-tägige Widerspruchsfrist habe durch die fehlerhafte Widerspruchsbelehrung nie zu laufen begonnen, so die Karlsruher Richter.

In den Vertragsunterlagen hieß es zum Widerspruch: „Dem Abschluß dieses Vertrags können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs." Der BGH bemängelte, dass der Hinweis darauf fehle, in welcher Form der Widerspruch zu erfolgen habe. Hier sei die Textform erforderlich aber auch ausreichend gewesen. Textform heißt, dass der Widerspruch bspw. auch per E-Mail erklärt werden kann.

Der BGH stellte weiter fest, dass es sich bei dem fehlenden Hinweis nicht nur um einen geringfügigen Belehrungsfehler handelt. Denn dem Versicherungsnehmer werde dadurch die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei einer zutreffenden Belehrung auszuüben. Für ihn bleibe es unklar, in welcher Form der Widerspruch zu erfolgen habe und somit werde ihm die Ausübung seines Widerspruchsrechts erschwert, so die Karlsruher Richter.

Lebensversicherungen können aus verschiedenen Gründen nicht mehr in die Finanzplanung des Versicherungsnehmers passen, sei es, weil sie nicht die erhoffte Rendite abwirft oder weil das Geld für die Beitragszahlungen an anderer Stelle benötigt wird. Die Kündigung der Police ist aber in der Regel ein schlechtes Geschäft, da der Versicherungsnehmer dann nur den zumeist enttäuschenden Rückkaufswert erhält. Finanziell interessanter ist der Widerspruch. Im Erfolgsfall erhält der Versicherungsnehmer seine Beiträge fast vollständig zurück. Abgezogen werden lediglich die abgeführte Kapitalertragssteuer, der Solidaritätszuschlag sowie ein Betrag für den gewährten Versicherungsschutz. Die Abschluss- und Verwaltungskosten gehen hingegen vollständig zu Lasten der Versicherers.

Rechtsanwalt Dr. Gasser berät Sie gerne zu Ihren Möglichkeiten.


Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/


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