BGH zu Schadenersatz im Abgasskandal – Minderung des Kaufpreises statt Rückabwicklung des Kaufvertrags möglich

  • 2 Minuten Lesezeit

Geschädigte Autokäufer haben im Abgasskandal auch Anspruch auf den sog. kleinen Schadenersatz. Das hat der Bundesgerichtshof jetzt klargestellt (BGH, Urteil vom 06.07.2021 – VI ZR 40/20). „Gemeint ist damit, dass der Autokäufer das Fahrzeug behalten kann und Anspruch auf Ersatz des Minderwerts hat, also auf den Betrag, den er für das von Abgasmanipulationen betroffene Fahrzeug zu viel gezahlt hat“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer.

Im September 2015 wurde bekannt, dass VW bei Millionen Dieselfahrzeugen des Konzerns mit dem Motor des Typs EA 189 eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat. Der BGH entschied im Mai 2020, dass VW die Kunden durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und zum Schadenersatz verpflichtet ist (Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19). In der Praxis bedeutet das in der Regel, dass der Käufer gegen Rückgabe des Fahrzeugs die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen kann. Er hat Anspruch auf den sog. großen Schadenersatz.

Die Rückgabe des Fahrzeugs liegt dabei jedoch nicht immer im Interesse des geschädigten Kunden. Ihm ist es ggf. lieber, das Auto nach der Installation des Software-Updates zu behalten aber eine Entschädigung für den Minderwert des Fahrzeugs zu erhalten. 

Auch das ist möglich, machte der BGH jetzt mit aktuellem Urteil deutlich. In dem Verfahren hatte die Klägerin im Juli 2015 einen VW Passat mit dem Motor EA 189 gekauft. Wie sich wenig später zeigte, war das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen. Die Frau ließ das folgende Software-Update aufspielen und machte Schadenersatzansprüche geltend. Sie verlangte den Ersatz des Minderwerts, den das Auto durch die unzulässige Abschalteinrichtung erfahren hat.

Die Klägerin sei durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und habe Anspruch auf Schadenersatz, bestätigte der BGH. An die Stelle des großen könne auch der kleine Schadenersatz treten. Die Klägerin könne das Fahrzeug auch behalten und den Betrag verlangen, um den sie das Fahrzeug zu teuer erworben hat, so die Karlsruher Richter. Entscheidend für die Höhe des Schadenersatzanspruchs sei die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis und dem objektiven Wert des Fahrzeugs in Anbetracht der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Kaufs. Bei der Ermittlung müssten Vor- und Nachteile, z.B. durch das Software-Update, berücksichtigt werden, so der BGH. Das OLG Stuttgart wird nun feststellen müssen, wie hoch die Preisminderung ausfällt.

Mit dem Urteil hat der BGH eine weitere Option für die geschädigten Käufer im Abgasskandal eröffnet. „Dabei lässt sich das Urteil auch auf Fahrzeuge mit anderen Motoren oder anderer Hersteller ausweiten. Auch bei Fahrzeugen mit dem Nachfolgemotor EA 288, mit den größeren 3-Liter-Dieselmotoren oder Autos anderer Hersteller kann der kleine Schadenersatz geltend gemacht und eine Minderung des Kaufpreises verlangt werden“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

Mehr Informationen: https://www.ra-staudenmayer.de/t%C3%A4tigkeitsschwerpunkte/abgasskandal

 



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Staudenmayer

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten