"Bildungsgutscheine" - Kostenerstattung

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„Bildungsgutscheine“ – Kostenerstattung


Nach § 81 Abs. 1 S. 1 SGB III i. V. m. § 16 Abs. 1 SGB II können Leistungsberechtigte bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.


Dieses theoretische Konstrukt wird in der Praxis zumeist dadurch ausgehebelt, dass die Bundesagentur für Arbeit die Erstellung dieser sog. „Bildungsgutscheine“ so in die Länge zieht, dass die entsprechende begehrte Maßnahme bereits beginnt, obwohl die Förderung noch nicht zugesagt wurde.


Die Leistungsempfänger stehen dann vor der schwierigen Frage, was zu tun ist.


Konnte man früher noch anraten, die Maßnahme zu beginnen und die Kosten dafür von der Agentur für Arbeit nachträglich zu erhalten, so ist dies inzwischen nicht mehr möglich.


Sofern der Leistungsberechtigte bereits an einer Maßnahme teilnimmt/teilgenommen hat, kann die Förderung nicht mehr – wie vom Gesetz vorgesehen – im Wege einer Sachleistung bzw. einer Sachleistungsverschaffung erbracht werden. Es kommt damit lediglich als „Verlängerung des Sachleistungsanspruchs“ ein Kostenerstattungsanspruch in Betracht. Das war schon immer so.


Doch nach neuerer obergerichtlicher Rechtsprechung ist Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs, dass der Arbeitslose einen Anspruch auf die Sachleistung hatte. Nur dort, wo ein 100%iger Anspruch auf die Sachleistung bestand, kann sich diese in einen Erstattungsanspruch umwandeln.


Ein 100% sicherer Anspruch auf eine Förderung der beruflichen Weiterbildung ist - unabhängig vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - aber bereits deshalb nie gegeben, weil die Bewilligung dieser Leistungen im Ermessen der Behörde steht.


Für selbstbeschaffte Ermessensleistungen wird somit im Rahmen des Anspruches auf Kostenerstattung nun verlangt, dass eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist.


Die Gerichte sehen dies als sachgerecht an, da andernfalls der Leistungsberechtigte durch die Selbstbeschaffung das der Behörde gesetzlich eingeräumte Ermessen beschränken und die Behörde vor vollendete Tatsachen stellen könnte.


Tatsächlich für dies aber dazu, dass überhaupt keine Kostenerstattung mehr stattfinden kann und das Konstrukt der Kostenerstattung komplett leerläuft. Der Leistungsberechtigte kann niemals darlegen, dass nur die begehrte Maßnahme die einzig rechtlich mögliche Entscheidung gewesen wäre.


Der Leistungsberechtigte kann niemals ausschließen, dass es andere geeignete Maßnahmen zur Wiedereingliederung gibt, noch kann er darlegen, dass er ohne die Weiterbildungsmaßnahme nicht in anderer Form auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen kann.


Sobald sich die Behörde mit dem Einzelfall auseinandersetzt, greift auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr, da sachliche Gründe „konstruiert“ werden.


Ein Kostenerstattungsanspruch existiert damit faktisch nicht mehr.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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