Brustwarze nach OP abgestorben: 9.000 Euro

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Mit Vergleich vom 27.03.2019 hat sich eine Hautklinik verpflichtet, an meinen Mandanten 9.000 Euro zu zahlen.

Der 1960 geborene Angestellte litt bei einer Körpergröße von 1,70 m und einem Gewicht von 90 kg (Body-Maß-Index: 30,4) unter einer unnatürlichen Vergrößerung seiner Brüste (Pseudogynäkomastie bds.). Die Untersuchung ergab Brüste in Größe ca. zweier A-Körbchen. Die Ärzte rieten zur Entfernung des Gewebes mit angleichender Fettabsaugung. Einen Tag nach der Operation bemerkte der Mandant einen Bluterguss über der rechten operierten Brust, der sich weiter über den Bauch bis zum rechten Knie ausbreitete. Durch Einstechen einer Nadel in die rechte Brustwarze versuchten die Ärzte, das sich unter der Brustwarze befindliche Blut zu entfernen.

Beim ersten Kontrolltermin nach stationärer Entlassung öffnete sich beim Abtasten der rechten Brust die Narbe an der Brustwarze. Es entleerte sich reichlich schwarzes Blut. Der Mandant wurde unter der Diagnose „Nekrose des rechten Mamillen-Areolenkomplexes und subkutanes Hämatom“ (Absterben von Zellen mit örtlichem Gewebstod) stationär aufgenommen. Noch am selben Tag wurden die abgestorbene Brustwarze und der Bluterguss entfernt. Nach der OP blieb neben der Achselhöhle ein 7 cm breites und 1,5 cm tiefes Loch in der rechten Brust. In einer Revisionsoperation wurden die störenden Eindellungen beseitigt und rechts zur Nachbildung in die Haut eine Brustwarze tätowiert und nachgebildet.

Der gerichtliche Sachverständige hatte erklärt, es habe sich ein typisches Risiko des Eingriffes verwirklicht. Der Verlust der Brustwarze habe mit der Schnittführung um die Brustwarze zu tun, weil die Durchblutung der Brustwarzen regelmäßig gestört werde. Durch den Bluterguss und die Minderdurchblutung sei es – trotz fehlerfreier Behandlung – zu einem kompletten Absterben der rechten Brustwarze gekommen.

Ich hatte den Ärzten vorgeworfen, meinen Mandanten vor der OP nicht über die erheblichen Risiken aufgeklärt zu haben. Die Operation sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Wäre ihm mitgeteilt worden, dass es zu einem Absterben der Brustwarze kommen könne, hätte er sich niemals operieren lassen. Bei rein kosmetischen Operationen müsse ein Patient ausführlich und eindringlich über die Risiken aufgeklärt werden, weil der ärztliche Eingriff medizinisch nicht geboten sei. Wer als Arzt eine kosmetische Operation durchführe, müsse dem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen drastisch und schonungslos vor der OP erklären (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2006, Az.: 3 U 263/05; OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2006, Az.: 3 U 74/06; OLG Oldenburg VersR 1998, 1421; OLG Stuttgart, Urteil vom 20.07.1999, Az.: 14 U 1/99).

Der Sachverständige hatte erklärt: Es habe keine medizinische Indikation für den Eingriff gegeben. Die beste Möglichkeit wäre es gewesen, einfach Gewicht abzunehmen und sich nicht operieren zu lassen. Der Verlust der Brustwarze sei aus ästhetischer Sicht die schwerwiegendste Komplikation eines derartigen Eingriffs.

Die Richter des Landgerichtes Münster haben den Hinweis erteilt, dass die Operation mangels ordnungsgemäßer Aufklärung rechtswidrig gewesen sei. Die Klinik hafte deshalb für alle eingetretenen Folgen. Zur Abgeltung der Ansprüche des Patienten zahlte das Krankenhaus einen Betrag in Höhe von 9.000 Euro und meine außergerichtlichen Anwaltsgebühren, sodass der Mandant keine Kosten tragen musste.

(Landgericht Münster, Vergleich vom 27.03.2019, Az.: 108 O 74/16)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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