Bundesgerichtshof: Aktualisierte Rechtslage zur Hemmung der Verjährung durch Güteantrag

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Güteantrag ausreichend

Der erforderlichen Individualisierung eines Anspruches wird durch die Bezeichnung des Zeitpunkts des Erwerbs und der Angabe des angeblich fehlerhaften Prospektes in einem Güteantrag genügt. Der Benennung einzelner Prospektfehler bedarf es nicht. Die Hemmung erfasst auch solche Prospektfehler, die erst nach dem Güteantrag in dem Verfahren geltend gemacht werden, BGH, Beschluss vom 21. 10. 2014 – XI ZB 12/12. Hiernach war der Güteantrag ausreichend gewesen, im Gegensatz zu den folgenden beiden Entscheidungen.

Güteantrag unzureichend

Aufbauend auf dem BGH-Beschluss vom 21. 10. 2014 – XI ZB 12/12 wurde in dem BGH-Urteil vom 18. 6. 2015 – III ZR 198/14 – ausgeführt, welche Anforderungen zu stellen seien: Der Güteantrag habe in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner sei das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich sei. In diesem Fall war der Güteantrag nicht ausreichend gewesen. Er hemmte die Verjährung nicht.

Aufschlüsselung wichtig

Die vorstehenden Anforderungen weiter differenzierend, wurde in dem BGH-Urteil vom 20. 8. 2015 – III ZR 373/14 – ausgeführt, die vorgetragenen Güteanträge enthielten keine hinreichenden Angaben, die es der Beklagten und der Gütestelle ermöglicht hätten, Art und Umfang der verfolgten Ansprüche einzuschätzen. Obwohl den Beteiligungen jeweils mehrere Beratungsgespräche vorausgegangen seien, fehlten Angaben zum (ungefähren) Beratungszeitraum. Auch erscheine fraglich, ob die eher allgemein gehaltene Schilderung der Beratungssituation geeignet gewesen sei, den konkreten Beratungshergang mindestens im Groben zu umreißen. In dieser Sache war der Güteantrag ebenfalls nicht ausreichend.

904 Güteanträge sind kein Rechtsmissbrauch

In der BGH-Entscheidung vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 405/14 – war der Güteantrag hingegen ausreichend. Dem Güteantrag könne ein Schreiben beigefügt werden, auf das zwecks Individualisierung ausdrücklich Bezug genommen werde. Gehe es um versicherungstypische Aufklärungsfehler, könne der Versicherer anhand der Policennummer den Zeitpunkt der Antragstellung ermitteln. Es stelle keinen Rechtsmissbrauch dar, 904 Güteanträge gleichzeitig bei einer Gütestelle einzureichen, BGH-Entscheidung vom 28. Oktober 2015 – IV ZR 405/14. In diesem Fall hemmten die Güteanträge also die Verjährungsfristen.

§ 204 Abs. 1 Abs. 4 ZPO enthält weitere Voraussetzungen als § 253 ZPO

Die vorstehenden Entscheidungen aktualisieren die Anforderungen an § 204 Abs. 1 Ziffer 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Sie dürfen nicht verwechselt werden mit denjenigen, die an den Inhalt einer Klageschrift nach § 253 der Zivilprozessordnung zu stellen sind. Es handelt sich um unterschiedliche Tatbestände. Eine Klageschrift hemmt die Verjährung auch mit geringeren Anforderungen als bei einem Güteantrag. Sind Gerichtsgebühren für die Klage in Rechnung gestellt worden, dürften die Anforderungen an § 253 ZPO wohl erfüllt sein. Auch eine unzulässige, unbegründete oder unschlüssige Klage hemmt die Verjährungsfrist nach ständiger Rechtsprechung, BGH-Urteil vom 24. Mai 2012 – Az. IX ZR 168/11.

Fazit

Zur ungesäumten Sicherung einer höchstmöglichen Rechtsdienstleistungsqualität bedarf es zur Hemmung einer Verjährung mit einem Güteantrag einer gedanklich geordneten Wortarchitektur mit klaren Aufschlüsselungen. Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz seit dem 01.03.2016 als Teil der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten fordert insoweit von jeder Verbraucherschlichtungsstelle eine eigene Verfahrensordnung, die in Verbindung mit der aktualisierten Rechtsprechung zu beachten wäre.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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