Bußgeldbescheid wegen Handybenutzung im Straßenverkehr: Zusammenfassung der Rechtsprechung
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Nach § 23 Abs. 1 a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.
Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.
Begriff der Benutzung:
OLG Hamm, 2 Ss OWi 1005/02:
Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons im Sinne von § 23 I a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung im Sinne des § 23 I a StVO ist somit jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen, sei es als Telefon, als Organizer oder auch als Internetzugang.
OLG Hamm, 2 Ss OWi 811/05:
Wer an einer Rotlicht zeigenden Ampel wartet, dabei ein Handy in seine Hand nimmt, um einen eingehenden Anruf entgegenzunehmen, handelt ordnungswidrig i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO. Die Verbindung mit dem Gesprächspartner kam letztlich nicht zustande. Während des gesamten Vorgangs war der Motor des geführten Pkw in Betrieb gewesen.
OLG Hamm, 2 Ss OWi 177/05:
Das Halten eines Handys zum Ablesen der Uhrzeit auf dem Display ist ordnungswidrig gem. § 23 Abs. 1a StVO.
OLG Köln, 83 Ss OWi 19/05:
Voraussetzung eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO ist, dass das Handy funktionsbezogen in die Hand genommen wird; ein Umlagern von einem Ablagefach auf die Mittelkonsole genügt hierzu nicht.
OLG Jena, 1 Ss 82/06:
Eine "Benutzung eines Mobiltelefons" im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung, insbesondere - wie hier - beim Gebrauch als Diktiergerät.
OLG Hamm, 2 Ss OWi 402/06:
Es ist hinreichend geklärt, dass unter "Benutzung" im Sinne der genannten Vorschrift jegliche Nutzung der möglichen Funktionen eines Mobiltelefons zu verstehen ist, bei der das Gerät in der Hand gehalten wird. Dazu gehört auch das bloße Ablesen einer Telefonnummer.
OLG Bamberg, 3 Ss OWi 1050/2006:
Ist in einem bei Rot vor einer Ampel stehenden Fahrzeug der Motor ausgeschaltet, darf ein Funktelefon für Kommunikationszwecke benutzt werden.
Eine anderweitige Auslegung der Norm stellt eine mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbare Ausdehnung des Bußgeldbewehrung zu Lasten des Betroffenen dar.
OLG Düsseldorf, 2 Ss (OWi) 134/06 - (OWi) 70/06 III:
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann jedenfalls in dem bloßen Aufheben oder Umlagern eines Mobiltelefons kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO gesehen werden. Denn bei einer solchen Handhabung fehlt jeglicher Bezug zu einer gerätetechnischen Bedienfunktion.
OLG Karlsruhe, 3 Ss 219/05:
Nach den in sich rechtsfehlerfrei zur äußeren Tatseite getroffenen Feststellungen handelt es sich bei dem von dem Betroffenen benutzten, mit Mobiltelefonfunktion und Mobilfunkkarte versehenen „Palm-Organizer” - entgegen der Meinung des AG - um ein „Mobiltelefon” i. S. des § 23 I a StVO. Das Tatbestandsmerkmal der „Benutzung eines Mobiltelefons” ist auch dann erfüllt, wenn dieses Gerät bei eingeführter, sei es auch deaktivierter Mobilfunkkarte zum Abfragen gespeicherter Daten in der Hand gehalten wird.
OLG Hamm, 2 Ss OWi 25/07:
Der Betroffene räumte ein, während der Fahrt den Telefonhörer seines Autotelefons aufgenommen und die Telefonkarte hin und her geschoben zu haben, um das Autotelefon funktionsfähig zu machen. Auch das ist "Nutzung" des Autotelefons im Sinn von § 23 Abs. 1a StVO.
OLG Bamberg, 3 Ss OWi 452/07:
Ein Autofahrer hob sein Mobiltelefon während der Fahrt auf, nachdem es in den Fußraum gefallen war. Nach Auffassung des Amtsgerichts fällt unter Benutzung eines Mobiltelefons i.S.d. § 23 Abs.1a StVO auch das bloße Halten eines Mobiltelefons. Denn der Grund für die Ahndungswürdigkeit liege darin, dass der Betroffene bei einem Halten des Handys vom Verkehrsvorgang abgelenkt und nicht entscheidend sei, ob er mit dem Handy telefoniert oder nicht. Mit seiner gegen die Verurteilung wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons gerichteten Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt, rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. § 23 Abs. 1 a StVO kann nicht in der vom Amtsgericht vorgenommenen Weise ausgelegt werden. Die dem angefochtenen Schuldspruch zu Grunde liegende Auffassung ist mit dem möglichen Wortsinn der Bußgeldbewehrung nicht mehr vereinbar.
OLG Hamm, 2 Ss OWi 606/07:
Hier ließ sich der Betroffene zunächst vor dem AG dahingehend ein, dass es sich um ein Wärmeakku gehandelt hat. Diesen hielt er an sein linkes Ohr, um seine Ohrenschmerzen zu lindern. Später korrigierte er seine Aussage dahingehend, dass er sein Handy als Wärmeakku benutzt habe, um durch die vom Akku ausstrahlende Wärme seine Ohrenschmerzen zu lindern. Dabei ist der Gebrauch des Handys als Wärmeakku keine Benutzung im Sinne von § 23 1a StVO. Vorliegend konnte nach erfolgter amtsgerichtlicher Beweiswürdigung die Benutzung des Handys als Wärmeakku jedoch ausgeschlossen werden, da der Betroffene es letztlich nicht beweisen konnte, dass er das Handy eben nicht zur Kommunikation benutzt hat.
Beweiswürdigung:
OLG Karlsruhe, 2 Ss OWi 528/06:
Der Senat weist darauf hin, dass es in keiner Weise zu beanstanden ist, dass das AG der Einlassung des Betroffenen, er habe nicht mit einem Handy telefoniert, sondern sich mit einem Akkurasierer, der wie ein Handy aussehe, rasiert, nicht gefolgt und sie als Schutzbehauptung angesehen hat.
Verhängung eines Fahrverbots wegen beharrlicher Pflichtverletzung:
OLG Jena, 1 Ss 54/06:
Die Verhängung eines Fahrverbotes ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Gem. § 25 Abs. 1 StVO kommt die Verhängung eines Fahrverbotes bei einer dem Kraftfahrzeugführer anzulastenden groben oder beharrlichen Pflichtverletzung in Betracht. Das Amtsgericht hat ausweislich der auf die Vorbelastungen des Beschwerdeführers abstellenden Begründung ersichtlich eine beharrliche Pflichtverletzung angenommen, die das Fehlen der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht belegt
Handybenutzung und Zivilrecht:
OLG Köln, 12 U 142/01:
Das OLG Köln hat bei einer Schadenregulierung nach einer Vorfahrtverletzung eine Mithaftung des Vorfahrtberechtigten von 20% angenommen, weil er während der Fahrt das Handy benutzte. Der Vorfahrtberechtigte könne den ihm obliegenden Beweis nicht führen, dass für ihn der Unfall ein sog. unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG a.F. (nun § 17 Abs. 3 StVG) war.
LG Kiel, 7 S 100/04:
Dem Kläger ist es nicht gelungen, hinreichend darzulegen und zu beweisen, dass der Unfall für ihn ein unabwendbares Ereignis bzw. sein Verhalten nicht ursächlich für den Unfall gewesen ist. Dies gilt insbesondere für die Behauptung, dass das Telefonieren mit einem Mobiltelefon ohne Freisprecheinrichtung vor und während des Unfalls nicht ursächlich gewesen sei. Daher hat das Landgericht Kiel entschieden, dass den Handybenutzer bei einem Unfalls eine Mitverschuldenshaftung von mindestens 20 % trifft.
Handybenutzung und Versicherungsrecht:
AG Berlin-Mitte, 105 C 3123/03:
Der Kläger lenkte seinen Pkw vor der Kollision mit einer Hand, während er mit der anderen ein Handy am Ohr hielt und telefonierte. Weiter hatte er beim Überholen und beim Schneiden der Kurve eine Geschwindigkeit, die deutlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt. Das gesamte Verhalten des Klägers war objektiv grob fahrlässig. Daher hatte er aufgrund des zwischen ihm und der Versicherung geschlossenen Versicherungsvertrags keinen Anspruch auf Ausgleich des ihm entstandenen Unfallschadens, denn die Versicherung ist gem. § 61 VVG von der Erbringung der Entschädigungsleistung befreit, weil der Kläger den Unfall grob fahrlässig verursachte.
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass die oben geschilderten Urteile nicht verallgemeinerungsfähig sind. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im voraus zu allen anfallenden Kosten.
Der Autor RA Sven Skana ist Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030 – 886 81 505.
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