Coaching-Verträge widerrufen, anfechten oder kündigen: Ihre Rechte als Verbraucher - Musterbrief
- 4 Minuten Lesezeit
In den letzten Jahren boomt der Coaching-Markt. Viele Verbraucher investieren in Online-Coachings, Mentoring-Programme oder Business-Coachings, um sich weiterzubilden oder beruflich voranzukommen. Doch nicht alle Anbieter halten, was sie versprechen. Hohe Kosten, fehlende Leistungen oder unklare Vertragsbedingungen führen oft zu Streitigkeiten. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, aus solchen Verträgen herauszukommen?
1. Widerruf des Vertrags
Viele Coaching-Anbieter versuchen, das gesetzliche Widerrufsrecht auszuschließen, indem sie ihre Kunden als Unternehmer einstufen. Doch Gerichte haben klargestellt, dass auch Unternehmer widerrufen können, wenn der Coach keine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) hat. Zudem ist der Widerruf möglich, wenn das Coaching als Fernabsatzvertrag abgeschlossen wurde und keine individuellen Leistungen (wie bereits durchgeführte 1:1-Coachings) erbracht wurden.
2. Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung
Falls Sie durch falsche oder irreführende Versprechungen zum Vertragsabschluss bewegt wurden, können Sie den Vertrag nach §§ 119, 123 BGB anfechten. Dies gilt insbesondere, wenn Ihnen unrealistische Erfolge in kurzer Zeit zugesichert oder Inhalte versprochen wurden, die gar nicht zur Verfügung standen.
3. Rückforderung wegen Sittenwidrigkeit
Wenn die gezahlte Summe in einem eklatanten Missverhältnis zur erbrachten Leistung steht, können Sie den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB anfechten und die Rückerstattung verlangen. Gerade bei extrem teuren Coachings mit vagen oder wertlosen Inhalten lohnt sich eine rechtliche Prüfung.
4. Kündigung des Vertrags
Dauerschuldverhältnisse, wie Ratenzahlungen für langfristige Programme, können grundsätzlich gekündigt werden. Falls zugesagte Leistungen nicht erbracht wurden (z. B. versprochene 1:1-Coachings), kann eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommen.
Musterbrief zur Geltendmachung Ihrer Rechte
[Ihr Name][Ihre Adresse][PLZ, Ort][Ihre E-Mail][Datum]
An: [Name des Coaching-Anbieters][Adresse des Anbieters][PLZ, Ort]
Betreff: Widerruf / Anfechtung / Kündigung des Coaching-Vertrags
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erkläre ich den Widerruf / die Anfechtung / die Kündigung meines mit Ihnen abgeschlossenen Coaching-Vertrags vom [Datum], Vertragsnummer [Nummer].
Widerruf: Der Vertrag wurde als Fernabsatzvertrag abgeschlossen, und ein Widerruf ist nach § 355 BGB innerhalb von 14 Tagen möglich. Da mir kein ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung zur Verfügung gestellt wurde, ist ein Widerruf noch zulässig.
Anfechtung: Der Vertrag wird nach §§ 119, 123 BGB angefochten, da mir falsche oder irreführende Versprechungen gemacht wurden. Insbesondere wurde mir zugesichert, dass [hier konkrete falsche Versprechen eintragen], was nicht der Wahrheit entspricht.
Rückerstattung wegen Sittenwidrigkeit: Die gezahlte Summe von [Betrag] steht in keinem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung. Daher erkläre ich die Anfechtung wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB und fordere eine Rückerstattung der gezahlten Beträge.
Kündigung: Da die vereinbarten Leistungen (z. B. 1:1-Coachings) nicht erbracht wurden, kündige ich den Vertrag gemäß § 314 BGB aus wichtigem Grund.
Ich fordere Sie hiermit auf, meine Erklärung unverzüglich zu bestätigen und mir den bereits gezahlten Betrag in Höhe von [Betrag] auf mein Konto [IBAN] innerhalb von [Frist, z. B. 14 Tage] zu erstatten.
Sollte ich keine positive Rückmeldung erhalten, werde ich rechtliche Schritte einleiten.
Mit freundlichen Grüßen
[Ihr Name]
Die „Hochpreis Abo Methode“ – Abzocke beim Online-Coaching
Eine gängige Praxis im Online-Coaching-Bereich ist die sogenannte Hochpreisstrategie, bei der Coaches ihre Dienstleistungen zu überhöhten Preisen als Abonnement anbieten. Häufig wird diese Methode als besonders exklusiv vermarktet, während die erbrachten Leistungen nicht im Verhältnis zu den geforderten Preisen stehen. Dies kann als sittenwidrig angesehen werden, wenn Kunden auf manipulative Weise zum Vertragsabschluss gedrängt werden.
Typische Warnsignale für solche unseriösen Angebote:
- Hohe Kosten von 5.000 Euro oder mehr
- Versprechen von schnellen finanziellen Erfolgen ohne viel Aufwand
- Werbung mit Luxusautos oder teuren Immobilien als Zeichen des Erfolgs
- Fehlende Erfahrung oder Vorkenntnisse werden nicht als Problem dargestellt
Rechtsschutzversicherung: Ihre Absicherung bei überteuerten Coachings
Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, kann diese die Kosten für die anwaltliche Vertretung übernehmen. Wir unterstützen Sie dabei, eine Deckungszusage zu erhalten, damit Sie keinen zusätzlichen finanziellen Aufwand haben.
Urteile, die Ihnen helfen können
OLG Celle (Urteil vom 01.03.2023): Dieses wegweisende Urteil stellt klar, dass Verträge über Online-Coachings nichtig sein können, wenn der Anbieter keine Zulassung gemäß dem Fernunterrichtsschutzgesetz (§ 12 FernUSG) hat. Dies gilt sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer.
OLG Stuttgart (Urteil vom 29.08.2024): In diesem Urteil entschied das Gericht, dass eine räumliche Trennung im Sinne von § 1 Abs. 1 FernUSG auch bei Online-Unterricht vorliegt, selbst wenn eine synchrone Kommunikation zwischen dem Coach und den Teilnehmern stattfindet. Damit verstößt der Vertrag gegen das FernUSG, wenn keine entsprechende Zulassung vorliegt. In diesem Fall musste der Anbieter über 23.800 Euro an den Kunden zurückzahlen.
Was Sie jetzt tun sollten
Prüfen Sie Ihren Coaching-Vertrag: Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie überteuerte Gebühren bezahlt haben oder die versprochenen Leistungen nicht erfüllt wurden, lassen Sie Ihren Vertrag durch einen Anwalt prüfen.
Nutzen Sie Ihr Widerrufs- oder Anfechtungsrecht: Sollten Sie feststellen, dass der Vertrag sittenwidrig ist oder Sie arglistig getäuscht wurden, können Sie den Vertrag widerrufen oder anfechten.
Fordern Sie überhöhte Gebühren zurück: Mit anwaltlicher Unterstützung können Sie bereits gezahlte Gebühren zurückverlangen und sich gegen weitere Zahlungen wehren.
Schützen Sie sich vor überhöhten Coaching-Gebühren
Wenn Sie das Gefühl haben, Opfer einer unseriösen Coaching-Methode geworden zu sein, sollten Sie sofort rechtliche Schritte in Erwägung ziehen. Unsere Kanzlei bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung an, um Ihre Möglichkeiten zu prüfen und unrechtmäßige Zahlungen zurückzufordern.
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