Coinivate: Ist die Plattform eine weitere Betrugsmasche?

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Coinivate sorgt für Schlagzeilen, denn die Plattform ist zum Zeitpunkt der Erstellung des vorliegenden Beitrags nicht mehr erreichbar. Damit stellt sich für viele Anleger, die dort investiert haben, die Frage: Ist Coinivate ein Betrug?

Ich thematisiere die Belastbarkeit der Verdachtsmomente gegen Coinivate und zeige Ihnen konkrete Handlungsmöglichkeiten auf, wie Sie sich zur Wehr setzen können, wenn die Plattform Ihnen Geld schuldig geblieben ist.

Schweizer Behörden warnen bereits

Während die BaFin in Deutschland scheinbar noch nicht aktiv geworden ist, hat die Schweizer FINMA schon lange reagiert. Dort steht Coinivate auf einer Warnliste und hat scheinbar keinen Eintrag im Handelsregister. Damit gibt es einen handfesten Hinweis, dass der Anbieter seine Dienstleistungen in der Schweiz ohne erforderliche Genehmigung erbringt.

In Deutschland wird zwar nicht von der BaFin gewarnt, aber Coinivate wird dort in keiner Liste von registrierten Unternehmen geführt. Somit ist davon auszugehen, dass auch in Deutschland die erforderlichen Vorschriften mutmaßlich missachtet worden sind. Denn wer genehmigungspflichtige Geschäfte betreibt, der verstößt gegen das Gesetz, wenn er sie nicht im Vorfeld seiner Aktivitäten einholt. Bei anderen Anbietern, wie etwa den Aufstellern von Bitcoin-Automaten greift die BaFin schon seit langer Zeit hart durch.

Ob und wann die BaFin im Fall von Coinivate aktiv wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall ist deutschen Kunden von Coinivate nicht anzuraten abzuwarten, bis die Behörde aktiv wird. Dafür sprechen nämlich andere Gründe.

Coinivate hat gnadenlos schlechte Bewertungen

Viele Nutzer und Kunden lassen auf Plattformen wie Trustpilot lediglich ihren Frust ab. Daher muss man vorwegnehmen, dass auch etablierte und seriöse Unternehmen durchaus unter schlechten Bewertungen leiden können. Im Fall von Coinivate geben die Ratings allerdings zu denken, wenn man sie mit der FINMA-Warnung in einen Kontext setzt.

So wird etwa in einer Rezension behauptet, dass eine Anlegerin umgerechnet 30.000 US-Dollar verloren hat. Weiter behauptet sie, dass sie weitere Zahlungen leistete, um ihr Geld von einem mutmaßlichen Vertreter von Coinivate zurückzuerlangen. Am Ende habe man ihr auch noch Kryptowährungen aus dem Wallet entzogen, so die Rezensentin weiter. Sehen Sie selbst, was auf Trustpilot über Coinivate geschrieben steht.

Diese Vorwürfe sind zwar unbestätigt, aber sie haben große Ähnlichkeit mit bereits bekannten Betrugsmaschen. So erinnert das Einfordern von Geldbeträge zur Auslösung von Anlagen an die Betrugsmasche mit Spiegeltransaktionen. In vielen solcher Fälle sehen die Betroffenen ihr Geld nie wieder und sind dringend auf professionelle Hilfe angewiesen,

Wie kann ich mich gegen Coinivate wehren?

Zunächst gilt es zu klären, wie Sie mit Coinivate in Kontakt gekommen sind und in welcher Form geschäftliche Beziehungen aufgenommen worden sind. Sollte Ihnen die Plattform Geld oder Kryptowährungen schuldig sein, dann haben Sie immer noch einen Anspruch darauf. Lassen Sie sich weder einschüchtern noch abwimmeln.

Zudem sollten Sie es vermeiden weiteres Geld auf Coinivate einzuzahlen, wenn es bereits zu Auszahlungsschwierigkeiten gekommen ist.

Auch wenn sich in den kommenden Wochen und Monaten der Betrugsverdacht gegen Coinivate nicht erhärten sollte, so ist die Konsultation eines Rechtsanwalts dringend zu empfehlen. Denn selbst wenn Auszahlungsschwierigkeiten nicht auf strafrechtlich relevante Sachverhalte zurückzuführen ist, so müssen Ansprüche zivilrechtlich durchgesetzt werden. Insgesamt macht Coinivate auf mich keinen guten Eindruck und ich rate deshalb zu höchster Vorsicht an.

Was Kunden von Coinivate jetzt unternehmen sollten

Auf gar keinen Fall mehr Gelder einzahlen oder auf Angebote per E-Mail reagieren, sofern diese unterbreitet werden. Meine Erfahrung mit ähnlichen Fällen hat mich eins gelehrt: lieber Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende. Nicht selten fordern dubiose Betreiber Nachweise oder erneute Einzahlungen, wenn man sein Geld abheben möchte. Wenn möglich, dann sollten Kunden das Geld oder die Kryptowährungen direkt über die noch funktionierende Plattform zurückfordern.

Sollte sich der Betreiber nicht rühren, weigern oder hinauszögern, dann sollte man unbedingt tätig werden und die richtigen Schritte einleiten.

  1. Anwalt kontaktieren: Schreiben Sie mich an und vereinbaren Sie eine Erstberatung. Ich verfüge über einschlägige Erfahrung im Bereich Cybercrime, Krypto- und Broker-Betrug und kann Ihnen helfen.
  2. Beweise sichern: Speichern Sie die komplette Korrespondenz und auch alle Wallet-Adressen, an die Sie Kryptowährungen gesendet haben. Über die Blockchain-Forensik von Crypto-Tracing, können wir sichtbar machen, wohin die Mittel geflossen sind.
  3. Geld zurückfordern: Auch hierbei kann ich Ihnen behilflich sein. Dort, wo es möglich ist, sollten Ansprüche unbedingt durchgesetzt werden.
  4. Strafanzeige erstatten: Sofern sich aus der Fallkonstellation ablesen lässt, dass es sich um ein Betrugsdelikt seitens des Anbieters handelt, darf man die Täter nicht davonkommen lassen. Auch in diesen Fragen kann ich Sie beraten und wenn nötig vertreten.

Gegenmaßnahmen wegen Identitätsdiebstahl erforderlich

Im Umgang mit unseriösen oder kriminellen Anbietern gilt es außerdem zu beachten, dass sogenannte KYC-Verfahren nach hinten losgehen können. Die Anbieter gehen dabei wie seriöse Firmen vor und verlangen von den Kunden Ausweiskopien und anderen Identitätsnachweise. Je nach Anbieter und Fall kann es für Betroffene wichtig sein, sich vor Identitätsdiebstahl zu schützen.

Kriminelle verwerten ihre Opfer buchstäblich vollständig und nutzen die Daten mitunter für die Vorbereitung oder Durchführung weiterer Straftaten. Gerne berate ich Sie zu dem Thema und bringe Sie, falls nötig, mit Experten in Kontakt, um auch von technischer Seite weitere Zugriffe auf Ihre Computersysteme zu verhindern. Das empfiehlt sich insbesondere dann, wenn Sie den Tätern über AnyDesk oder vergleichbare Programme Zugriff auf Ihren Rechner gegeben haben.

Wenn Sie den begründeten Verdacht haben, dass ein Missbrauch Ihrer Daten erfolgen könnte oder dies bereits geschehen ist, sollten Sie unbedingt Kontakt zu mir aufnehmen und sich anwaltlich beraten lassen.

Wie man die Täter aufspürt: Blockchain-Analyse im Einsatz

Ich arbeite eng mit Crypto-Tracing zusammen, einem Anbieter, der sich auf die Blockchain-Analyse spezialisiert hat. Dabei handelt es sich um ein forensisches Verfahren, welches es ermöglicht, den Fluss von Mitteln sichtbar zu machen. Blockchain-Technologie vermittelt dubiosen Anbietern und Betrügern nämlich keine Anonymität.

Mit der Methode kann man sichtbar machen, wohin Kryptowährungen geflossen sind. Ist man in der Lage, diese Ergebnisse mit anderen Daten und Erkenntnissen zu verknüpfen, dann ergibt sich mitunter ein vollständiges Bild. Diese Erkenntnisse können ungemein hilfreich sein, wenn die Polizei eingeschaltet werden muss. Schließlich kann man den Beamten im Rahmen der Strafanzeige direkt wertvolle Informationen liefern, die je nach Fallkonstellation zu einem schnelleren und besseren Ermittlungsergebnis führen können.

Die Blockchain-Forensik ist zwar im Kampf gegen Betrüger kein Allheilmittel, aber eine wichtige Ergänzung. Strafverfolgungsbehörden wie das FBI setzen die Methode mit spezieller Software und geschultem Personal ein. Vermittels Crypto-Tracing kann ich meinen Mandanten also einen Vorsprung liefern, wenn es darum geht zu erfahren, was mit den Kryptowährungen geschehen ist.

Wie kann man sich vor Anbieter wie Coinivate schützen?

WHier ein paar allgemeine Tipps, wie Sie sich in Zukunft schützen können:

  • BaFin prüfen: Auf der Webseite der BaFin finden Verbraucher aktuelle Hinweise und Warnungen zu Anbietern. Bevor man ein Konto eröffnet, sollte man prüfen, ob dort etwas vorliegt. Alternativ kann man auch prüfen, ob ein Anbieter über eine Erlaubnis verfügt, was jedoch in bestimmten Fällen tückisch sein kann, wie man in der Praxis sieht.
  • Trustpilot besuchen: Neben Rezensionen auf Google ist Trustpilot das einschlägige Portal für Bewertungen. Man muss hier jedoch berücksichtigen, dass unzufriedene Kunden sich überproportional auf solchen Plattformen beschweren. Das erklärt, warum auch renommierte Firmen schlechte Gesamtbewertungen haben. Im Fall von Krypto-Anbietern sammeln sich hier aber häufig Warnungen von Betroffenen.
  • Zu nichts drängen lassen: Viele unseriöse Anbieter setzen Kundenberater ein, die aggressiv verkaufen und die Kundschaft sogar unter Druck setzen. Dabei geht es ihnen um die Einzahlung von hohen Summen, die möglichst schnell erfolgen sollen. Lassen Sie sich nicht drängen, wenn der Berater zu aufdringlich wird, dann brechen Sie lieber den Kontakt ab.
  • Es ist zu gut, um wahr zu sein: Renditen, die weit über dem marktüblichen Schnitt liegen, sind meistens das Versprechen von Betrügern. Jemand muss das Geld erwirtschaften und wenn die Beträge zu fantastisch klingen, dann ist das ein deutliches Warnsignal, was man unbedingt ernst nehmen sollte.

Krypto-Sektor für Kriminelle besonders attraktiv

Nicht nur die BaFin warnt immer wieder vor unseriösen Anbietern. Auch das BKA hat unlängst festgestellt, dass die Fallzahlen bedenklich sind. Dabei haben es Täter verstärkt auf Kryptowährungen abgesehen, weil sie in der Lage sind, die Mittel darüber schnell und zuverlässig in ihren Besitz zu nehmen.

Anleger sollten also besonders vorsichtig sein, wenn ihnen Angebote zum Thema Kryptowährungen unterbreitet werden. Es gibt zwar viele seriöse Anbieter, welche die Interessen ihrer Kunden schützen, dafür richten die schwarzen Schafe aber umso mehr Schaden an. Neben den Fällen von Krypto- und Broker-Betrug gesellen sich in diesem Bereich auch viele Hacks hinzu. Seit 2020 sind schätzungsweise 2 Milliarden US-Dollar durch Exploits und Hacks gestohlen worden. Hier trifft es besonders sogenannte DeFi-Plattformen, die den Handel auf Basis von Smart Contracts abwickeln. Weisen diese in ihrer Programmierung Fehler auf, dann landen kriminelle Hacker nicht selten einen Jackpot. Schließlich greifen sie dann direkt auf Kryptowährungen zu.

Weil der DeFi-Sektor nicht reguliert ist und auch nicht im Rahmen von Kundenbewertungen erschlossen, sollten Investoren also größte Vorsicht walten lassen, wenn sie Angebote dazu erreichen. Hier haben die Kriminellen besonders leichtes Spiel, weil sich nur besonders erfahrene Anleger sicher in diesen Fahrwassern bewegen können.

Foto(s): Dr. Marc Maisch, Timo Züfle

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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