Corona & Kurzarbeit: Wann kann ich Unterhaltszahlungen kürzen?

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Corona, Kurzarbeit, weniger Geld, weniger Unterhalt? In Corona-Zeiten zählt jeder Euro. Arbeiten Sie nur noch in Kurzarbeit, ist es verständlich, wenn Sie Ihre Unterhaltszahlungen Ihrem geringeren Verdienst anpassen möchten.

Hat Ihr Arbeitgeber Kurzarbeit angemeldet, erhalten Sie nur noch Kurzarbeitergeld. Im Durchschnitt haben Arbeitnehmer am Monatsende 30 % weniger netto. Dadurch steht Ihnen weniger Geld zur Verfügung als vorher. Ob Sie Ihre Unterhaltszahlungen kürzen können, hängt davon ab, wie Sie vorgehen.

Ihre Unterhaltspflicht besteht unabhängig von Kurzarbeit

Allein der Umstand, dass Sie Kurzarbeit leisten, begründet noch kein Recht, dass Sie Ihre laufenden Unterhaltszahlungen kürzen dürfen. Leisten Sie also für den Zeitraum Ihrer Trennung vom Ehepartner Trennungsunterhalt oder nach der Scheidung Ehegattenunterhalt oder zahlen Sie für gemeinsames Kind Kindesunterhalt, ändert allein die Tatsache der Kurzarbeit nichts an Ihrer Unterhaltspflicht.

Wurde Ihre Unterhaltspflicht rechtsverbindlich festgestellt oder rechtsverbindlich vereinbart, zählt das, was vereinbart wurde. Soweit Ihre Unterhaltspflicht tituliert, also in einer Jugendamtsurkunde oder in einem Gerichtsurteil festgestellt oder in einer Scheidungsfolgenvereinbarung rechtsverbindlich vereinbart wurde, richtet sich die Höhe Ihrer Unterhaltszahlung nach Ihrem Jahresbruttoeinkommen der letzten 12 Monate. Damit zählt gerade nicht das Einkommen, das Sie infolge der Kurzarbeit jetzt beziehen.

Wie beeinflusst Kurzarbeit den Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle?

Zahlen Sie für Ihr Kind Kindesunterhalt, bemisst sich die Höhe des Kindesunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle. In der Tabelle werden Sie in Abhängigkeit von Ihrem Nettoeinkommen in eine der 10 Einkommensgruppen eingeordnet. Die Einkommensgruppen erfassen Einkommen in Abstufungen von etwa 400 EUR. Soweit sich Ihr geringeres Nettogehalt infolge des Kurzarbeitergeldes innerhalb der gleichen Einkommensstufe bewegt, ändert sich an Ihrer Unterhaltspflicht rechnerisch nichts.

Beispiel

Sie haben vor Beginn der Kurzarbeit 3.500 EUR netto verdient. Damit wurden Sie in die Einkommensstufe 5 eingeordnet. Für Ihr 12-jähriges Kind zahlen Sie dann 597 EUR Kindesunterhalt. Erhalten Sie jetzt infolge Ihrer Kurzarbeit nur noch bis 3.102 EUR netto, bleiben Sie nach wie vor in der Einkommensstufe 5 und zahlen nach wie vor den gleichen Betrag Kindesunterhalt. Erst ab einem Einkommen von 3.100 EUR wären Sie in die niedrigere Einkommensstufe 4 einzuordnen. Dann würde sich der Unterhalt für Ihr Kind auf 572 EUR reduzieren. Wir reden dann über eine Differenz von 25 EUR. Das Kurzarbeitergeld dürfte sich als erst dann auswirken, wenn Ihr Nettogehalt in Richtung Ihres oder unter Ihren Selbstbehalt sinkt.

Sprechen Sie sich ab

Steht Ihnen weniger Geld zur Verfügung, sollten Sie mit der unterhaltsberechtigten Person sprechen und Ihre Situation darstellen. Zahlen Sie ohne Ankündigung weniger Unterhalt, müssen Sie damit rechnen, dass die unterhaltsberechtigte Person ihre Unterhaltsansprüche vollstreckt und zwangsweise geltend macht. Sie müssten also mit einer Gehaltspfändung beim Arbeitgeber oder mit der Pfändung Ihres Girokontos rechnen. Legen Sie zum Nachweis Ihre letzte Gehaltsabrechnung vor. Nur so werden Sie auf Verständnis treffen. Kompromisslosigkeit oder gar Vollstreckungsmaßnahmen tragen nur dazu bei, die Situation zu verhärten und laufen oft ins Leere. Umgekehrt sollte die unterhaltsberechtigte Person zugestehen, dass es nicht sehr konstruktiv wäre, kompromisslos darauf bestehen zu wollen, den bislang gezahlten Unterhalt unverändert einzufordern.

Sie sollten in Ihren Verhandlungen klarstellen, dass Sie den Unterhalt nur für die Zeitdauer reduzieren wollen, in der Sie in Kurzarbeit sind und ansonsten selbstverständlich zu Ihrer Unterhaltspflicht stehen.

Notfalls könne eine Vereinbarung auch darauf hinauslaufen, dass der Unterhalt bis auf einen bestimmten Betrag gestundet und später nachgezahlt oder in Teilbeträgen nachgezahlt wird.

Prüfen Sie Ihren Selbstbehalt

Beziehen Sie Kurzarbeitergeld, erreichen Sie möglicherweise den Betrag Ihres Selbstbehaltes. Da Sie in Kurzarbeit sind, steht Ihnen im Hinblick auf den Kindesunterhalt ein notwendiger Selbstbehalt von 960 EUR zu. Zahlen Sie Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, beträgt der Selbstbehalt 1.180 EUR.

Liegt Ihr Nettogehalt unter diesem Selbstbehalt, brauchen Sie an sich keinen Unterhalt mehr zu zahlen. Sie können nicht verpflichtet werden, ein unterhalb dieses Selbstbehalts liegendes Einkommen für die Unterhaltszahlung zu verwenden. Liegt Ihr Nettogehalt wenn auch nur knapp über diesem Selbstbehalt, sollten Sie Ihre Unterhaltspflicht trotzdem ernst nehmen. Da Sie unterhaltspflichtig sind, obliegt Ihnen zumindest im Hinblick auf den Kindesunterhalt eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Dies bedeutet, dass Sie alles tun müssen, um Ihrer Unterhaltspflicht für Ihr Kind nachzukommen. Der Umstand, dass Sie infolge der Kurzarbeit weniger verdienen, gehört schlicht zu Ihrem eigenen Lebensrisiko. Theoretisch müssten sie Überstunden leisten oder eine Nebentätigkeit annehmen. In Zeiten von Corona dürfte dies aber kaum möglich sein.

Dazu gehört auch, dass Sie eigene Bedürfnisse einschränken. Es wird erwartet, dass Sie notfalls Vermögenswerte einsetzen, indem Sie Gespartes aufbrauchen oder Vermögensgegenstände verkaufen und verwerten.

Soweit Sie in einer Ihrer Lebensbedarf angemessenen Immobilie wohnen, brauchen Sie nicht auszuziehen und die Immobilie vermieten oder gar verkaufen. Auch Vermögenswerte, die Sie nur mit wirtschaftlich unzumutbaren Verlusten verwerten könnten, brauchen Sie nicht für den Unterhalt einzusetzen.

Ihr Selbstbehalt kann im Einzelfall auf den notwendigen Lebensbedarf nach den Grundsätzen des Sozialhilferechts abgesenkt werden, wenn Sie mit einem neuen Partner zusammenleben und aufgrund der gemeinsamen Haushaltsführung Kosten sparen. Um diese Gegebenheiten festzustellen, bedarf es im Regelfall jedoch der gerichtlichen Klärung.

Erwarten Sie nicht das der Unterhaltsgläubiger auf den Unterhalt verzichtet. Auf Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt lässt sich nämlich von Gesetzes wegen zum Schutz der Sozialsysteme nicht verzichten.

Sollten Sie tatsächlich den Kindesunterhalt nicht oder nicht in voller Höhe mehr leisten können, kann der andere Elternteil Ihres gemeinsamen Kindes beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen und Ihren Ausfall insoweit teils auffangen. Allerdings wird das Jugendamt Regressforderungen an Ihre Adresse richten, so dass Sie letzten Endes keinen Vorteil daraus ziehen können.

Was bringt eine Abänderungsklage?

Möchten Sie einen bestehenden Unterhaltstitel abändern, können Sie beim Familiengericht eine Abänderungsklage einreichen und beantragen, eine eventuell eingeleitete Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorläufig einzustellen. Sie könnten zu versuchen, Ihre Unterhaltspflicht den Gegebenheiten anzupassen. Sie müssen sich dazu wegen des Anwaltszwangs in Unterhaltssachen von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Sofern Sie kein Geld haben, um die Gerichtsgebühren und die Gebühren für den Rechtsanwalt zu bezahlen, könnten Sie einen Antrag auf staatliche Verfahrenskostenhilfe stellen. Dann übernimmt die Staatskasse die Verfahrensgebühren.

Voraussetzung für die Kürzung Ihrer Unterhaltszahlungen wäre jedoch, dass sich das Kurzarbeitergeld so erheblich auf Ihre Liquidität auswirkt, dass es Ihnen nicht mehr zuzumuten wäre, den bislang festgesetzten Unterhalt in gleicher Höhe weiterhin zahlen zu müssen. Die Gerichte fordern zumindest im Hinblick auf Zeiten der Arbeitslosigkeit, dass die Auswirkungen mindestens 10 % ausmachen müssen. Außerdem muss es sich nachhaltige Änderungen handeln. Soweit es nur um zeitlich überschaubare Gegebenheiten geht, würde sich Ihr Kurzarbeitergeld möglicherweise nicht auf den Unterhalt auswirken können. Eine Abänderungsklage wäre zwar ein denkbarer Weg, ist aber angesichts der vielen Unabwägbarkeiten nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss.

Alles in allem

Genau genommen sitzen alle Beteiligten in einem Boot. Es gilt, dem Unterhaltsgläubiger klarzumachen, dass es nicht unbedingt etwas bringt, den Unterhaltsschuldner wie eine Zitrone auszupressen. Ziel muss sein, die Verhältnisse so zu gestalten, dass beide Seiten damit leben können.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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