Corona [update] und Kurzarbeit – Infos für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

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Das Coronavirus ist auch eine Gefahr für die Wirtschaft – viele Unternehmen fragen sich daher, ob sie die sog. „Kurzarbeit“ anordnen können. Wenn ja – wie geht das, welche Anträge muss man wo stellen? Hier die wichtigsten Infos in der gebotenen Kürze zusammengefasst:

Was ist eigentlich Kurzarbeit bzw. das Kurzarbeitergeld?

Ist ein Betrieb nicht voll ausgelastet, hat das Personal oft weniger zu tun. Das Betriebsrisiko trägt grds. der Arbeitgeber und muss sein Personal daher normal weiter bezahlen, § 615 BGB.

Eine Ausnahme davon ist die sog. „Kurzarbeit“, geregelt in den §§ 95 ff. SGB III. Sollten Unternehmen in einem gewissen Umfang aufgrund des Betriebsausfalls wirtschaftlich betroffen sein, drohen Entlassungen oder gar die Insolvenz. Um dies zu vermeiden, kann ggf. Kurzarbeit angeordnet werden. Dann arbeiten die Angestellten weniger, erhalten aber auch entsprechend weniger Geld, den sog. „Kurzlohn“. So wird der Arbeitgeber entlastet. Zusätzlich zum Kurzlohn erhält der Arbeitnehmer das sog. Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Kurzarbeit – nur mit Zustimmung

Für eine so weitreichende Maßnahme benötigt der Arbeitgeber allerdings eine explizite Befugnis, welche sich häufig aus dem Arbeitsvertrag, aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergibt.

Obacht: Arbeitsverträge unterliegen der sog. AGB-Kontrolle. Eine Klausel, wonach der Arbeitgeber sich die Einführung von Kurzarbeit vorbehält ist, z. B. gem. § 307 BGB unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich (also intransparent) ist oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat bspw. erkannt (Urteil v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10), dass solche Klauseln unwirksam sind, wenn sie nicht ausdrücklich eine Ankündigungsfrist vorsehen. Darüber hinaus können sie auch dann gem. § 307 BGB unwirksam sein,

  • wenn sie Regelungen über Umfang und Ausmaß der Kurzarbeit, Festlegung des betroffenen Personenkreises, Art und Weise der Einbeziehung des Personenkreises u. ä. völlig offenlassen. 
  • Auch die bloße Bezugnahme auf die Vorschriften der §§ 169 ff SGB 3 führt weder für sich genommen noch über die Regelung des § 310 Abs. 4 BGB zu einer Legitimation der Klauseln, die den genannten Grundsätzen nicht entsprechen.

Daher sollten Arbeitgeber gut prüfen, ob sie wirklich berechtigt sind, Kurzarbeit einzuführen. Entsprechend sollten Arbeitnehmer ebenfalls die Frage stellen, ob sie das hinnehmen müssen. Hier kann es auch hilfreich sein, die Zustimmung „auszuhandeln“ – einige Anregungen dazu hier: Zustimmung zur Kurzarbeit aushandeln

Kurzarbeit – die Voraussetzungen 

Ist ein Arbeitgeber grds. berechtigt, Kurzarbeit einzuführen, kommt es darauf an, ob die in den §§ 95 ff SGB III genannten Voraussetzungen vorliegen. § 95 SGB III lautet:

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn

  • ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  • die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Die einzelnen Voraussetzungen sind sodann in den folgenden Normen näher definiert, siehe die §§ 96 ff. SGB III.

Das wichtigste Kriterium ist das des erheblichen Arbeitsausfalls. Dies ist § 96 SGB III näher definiert: Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn

  • er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
  • er vorübergehend ist,
  • er nicht vermeidbar ist und
  • im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist; der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen.

Azubis sind dabei übrigens außer Betracht zu lassen. Für Details sei an diese Stelle auf das Gesetz verwiesen.

Update: News der BAfA zu Corona 

Wichtiges update: Aufgrund der Corona-Krise hat die Bundesagentur für Arbeit kürzlich mitgeteilt, dass diese grds. als ausreichender Anlass anerkannt werden kann:

28.02.2020 – Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Coronavirus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden.

Weitere Infos und auch den Link zu den Antragsformularen hier: 

https://www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus 

Außerdem wurde Folgendes mitgeteilt: 

13.03.2020 – Bundesregierung und Gesetzgeber werden kurzfristig Sonderregeln zum Bezug von Kurzarbeitergeld erlassen. Die Informationen auf dieser Seite enthalten noch die aktuell gültigen Fördervoraussetzungen. Diese Seite wird fortwährend aktualisiert. 

Weitere Infos hier:

https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld 

Hintergrund sind die Beschlüsse der GroKo, wonach die Einführung der Kurzarbeit deutlich erleichtert werden soll. Das ZDF informierte darüber am 09.03.2020, dass die Schwelle der betroffenen Arbeitnehmer von 1/3 auf 10 % gesenkt wird, Leiharbeiter auch Kurzarbeitergeld erhalten und, dass Arbeitgeber Sozialbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden voll erstattet bekommen.

Weitere Infos dazu hier:

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-bundesregierung-koalition-100.html

Im Gesetzesentwurf der GroKo liest sich auf S. 50 f. so:

Im Einzelnen ist vorgesehen: 

Der Anteil der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, soll auf bis zu 10 Prozent abgesenkt werden können (Ausnahme von § 96 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4). Das geltende Recht sieht vor, dass mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein muss.

Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können (Ausnahme von § 96 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3). Das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden und ins Minus gefahren werden. 

Dem Arbeitgeber sollen die Sozialversicherungsbeiträge vollständig oder teilweise er-stattet werden können.

Quelle: 

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-arbeit-von-morgen-gesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Wichtig: Vorherige Anzeige

Der Arbeitsausfall ist der Bundesagentur gem. § 99 SGB III schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Die Anzeige kann nur vom Arbeitgeber oder der Betriebsvertretung erstattet werden. Sofern ein Betriebsrat besteht, ist dessen Stellungnahme beizufügen. Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind.

Das Kurzarbeitergeld wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Beruht der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis, gilt die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich erstattet worden ist.

Höhe des Kurzarbeitergeldes 

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes ist in § 105 f. SGB III geregelt. Es beträgt danach

  • für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, 67 Prozent,
  • für die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 60 Prozent
  • der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum.

Die Nettoentgeltdifferenz wiederum ist in § 106 SGB III geregelt.

Wichtig: Der Arbeitgeber kann gem. § 106 Abs. 2 S. 2 SGB III einen Zuschuss (Aufstockung) zahlen, der bei der Berechnung des Ist-Entgelts außer Betracht bleibt und damit das KUG nicht mindert! Gerade im Bereich kleiner Einkommen kann das ein wichtiger Baustein sein.

Bezugsdauer 

Die Bezugsdauer ist gem. § 104 Abs. 1 SGB III grds. auf 12 Monate begrenzt. Die Bezugsdauer kann aber bei entsprechender Veranlassung durch das Arbeitsministerium relativ einfach gem. § 109 SGB III verlängert werden.

Fazit

Das Kurzarbeitergeld kann eine sinnvolle Maßnahme sein, um Entlassungen oder Insolvenzen zu vermeiden.

Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen.

Daniel B. Jutzi

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsinformer Rechtsanwälte Osnabrück


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